Abbild des Todes
Dollarnote und steckte sie in die vor dem Mann stehende Sammelbüchse der Heilsarmee.
“Danke, Sir, und frohe Weihnachten.”
“Wird auch Zeit, dass du kommst”, grummelte Lou und stampfte mit den Füßen auf. “Ich frier hier noch fest.”
Ray öffnete die Tür und schob Lou sanft in das Bistro. “Hör auf, dich zu beschweren, und komm rein.”
Zwar mussten sie fünfzehn Minuten auf einen freien Tisch warten, doch kaum hatten sie Platz genommen, kam eine Kellnerin und nahm ihre Bestellung auf – Gemüsesuppe und Wasser für Lou, Steak, Pommes frites und ein Glas Merlot für Ray.
“Und, wie lief’s mit Peppe?”, fragte Lou.
“Er hat sich kaum verändert. Immer noch der gleiche zähe, harte Kerl, den ich kannte.”
“Hast du was über die anderen in Erfahrung bringen können?”
“Ja. Jojo ist tot, Deano ist in Florida, und Manny ist nicht länger willkommen. Es klang, als wäre etwas zwischen ihnen vorgefallen.”
“Dann halt dich lieber von ihm fern.”
“Das habe ich vor.”
“Und sei auch mit Peppe vorsichtig. Er hat Verbindungen zur Mafia.”
“Deshalb kann er mir ja helfen.”
“Er könnte dich jedoch genauso gut verraten.”
“Das würde er nicht tun.”
“Das weißt du nicht. Du hast nur zehn Minuten mit ihm verbracht.”
“Zehn Minuten, zehn Stunden. Wenn du jemanden kennst, brauchst du nicht lange, um zu entscheiden, ob du ihm vertrauen kannst oder nicht. Leider wurden wir unterbrochen, bevor ich ihm sagen konnte, wer ich wirklich bin.”
“Das ist ein Omen, Ray.” Als guter Katholik zeigte Lou nach oben. “Der alte Herr hat dir ein Zeichen geschickt.”
Die Kellnerin brachte ihre Bestellung und rettete Ray somit davor, erzählen zu müssen, dass er einen weiteren Besuch bei der Veneti-Abfallbeseitigung plante – und zwar schon bald. “Lass uns Peppe für den Moment vergessen.” Ray schnitt sich ein Stück von seinem Steak ab und gab vor, Lous ärgerlichen Blick nicht zu bemerken. Lou war noch nie ein großer Fleischesser gewesen, doch die Angst vor dem Rinderwahn hatte ihm den Appetit auf Fleisch endgültig verdorben. “Ich habe noch mehr Neuigkeiten.”
Lou tunkte ein Stück knuspriges Brot in seine Suppe. “Erzähl schon.”
“Ich habe zufällig Rick getroffen.”
“Rick Vaughn?” Als Ray nickte, blickte Lou ihn skeptisch an. “Es gibt acht Millionen Menschen in New York. Wie hast du es geschafft, ausgerechnet ihm zufällig zu begegnen?”
Ray trank einen Schluck Wein. “Er hat mich entdeckt, als ich Angie verfolgte, und mich an einer Hauswand gestellt. Hätte mir fast das Genick gebrochen. Er ist definitiv keiner, mit dem man Ärger haben will …”
Lous Löffel fiel in seinen Suppenteller. “Großer Gott, Ray. Wieso bist du Zoe gefolgt? Ich dachte, du wolltest die Privatdetektivarbeit mir überlassen. Du weißt gar nichts über Überwachungen.”
“Ich hatte Sehnsucht danach, sie zu sehen, okay?”
“Was ist dann weiter mit Rick passiert?”
“Ich musste ihm die Wahrheit sagen.”
Lou sah aus, als stünde er kurz davor, einen Herzinfarkt zu erleiden. “Das hast du nicht!”
“Ich hatte keine Wahl. Er wollte die Polizei rufen.”
“Ich wusste es.” Lou schob den Teller von sich. “Hatte ich dir nicht gesagt, dass so etwas passieren würde? Habe ich nicht gesagt, dass dieser Trip ein totales Fiasko werden würde?”
“Du bist ein unverbesserlicher Schwarzseher, Lou.”
“Ich bin die Stimme der Vernunft, und es würde dir nicht wehtun, ab und zu auf sie zu hören.” Zum Glück atmete er tief durch und sprach leise weiter. “Hast du ihm wenigstens gesagt, dass er Stillschweigen über deine wahre Identität bewahren soll?”
“Er wird es Zoe erzählen müssen. Hör auf, die Augen zu verdrehen. Sie war da. Sie hat die ganze Szene gesehen. Du weißt genau, dass sie nicht eher aufgeben wird, bis sie die Wahrheit aus ihm herausgeholt hat.”
“Ich hätte dich niemals hierherkommen lassen dürfen.” Lou fluchte leise vor sich hin. “Ich hätte dich an den Bettpfosten binden sollen, bis du wieder zu Verstand gekommen wärst.”
“Es wird alles gut. Jetzt iss deine Suppe oder ich zwinge dich, die Hälfte meines Steaks zu essen.”
Lou murmelte etwas Unverständliches, zog den Teller zu sich heran und begann zu essen.
26. KAPITEL
Z oe saß auf einer der hinteren Bänke des Greyhound-Busses, der sie nach Cape May bringen sollte, und ließ die riesigen Felder New Jerseys an sich vorbeiziehen. Völlig versunken dachte sie über die
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