Abby Cooper 02 - Moerderische Visionen
hier waren. Wissen Sie, das war einfach ein Missverständnis zwischen dem Herrn und mir ...«
»Das war überhaupt kein Missverständnis! Sie sind irre! Sie sind eine Gefahr für die Öffentlichkeit! Man sollte Ihnen die Fahrerlaubnis entziehen!«, schrie mein Unfallgegner.
Officer Paddington wandte sich ihm zu und sagte: »Sir, Ihre Aussage habe ich bereits aufgenommen. Sie werden bei Ihrem Wagen warten, bis ich mit der jungen Dame fertig bin. Ist das klar?«
Der Mann schob ab und der Officer drehte sich zu mir um. »Darf ich Ihren Führerschein, die Fahrzeugpapiere und den Versicherungsnachweis sehen, bitte?«
Ich wühlte kurz in meiner Handtasche und gab ihm die verlangten Papiere. Meine Uhr zeigte bereits neun Uhr.
Verflucht. Ich würde meinen ersten Klienten verpassen.
Nachdem Paddington meine Daten in seinen Bericht aufgenommen hatte, hob er den Blick und fragte mich: »Sie sagten also, es war ein Missverständnis?«
»Ja, das stimmt. Sehen Sie, ich hätte gern abgewartet, bis der Gentleman vor mir eingebogen wäre, doch er winkte mir, ich solle rausfahren, dann trat er aufs Gas und traf meinen Wagen ...«
»Er traf Ihren?«, fragte er. Er glaubte mir keine Sekunde lang.
»Ja. Ja, so war es.« Ich nickte bekräftigend. »Officer, ich versichere Ihnen, ich bin eine rechtschaffene Bürgerin, die keinen Grund hat, bei solchen Dingen zu lügen. Sie können auch meinen Freund, Detective Milo Johnson, fragen ...«
Der Officer schnaubte verächtlich. »Ja, jeder kennt irgendwen auf dem Revier, der für ihn die Hand ins Feuer legt. Sie kriegen den Strafzettel trotzdem, Miss Cooper.«
»Aber ...«, setzte ich an.
»Bitte, steigen Sie in Ihren Wagen, bis ich mit dem Formular fertig bin«, sagte er abweisend und kehrte mir den Rücken zu.
Mir blieb nichts anderes übrig, als zu gehorchen. Inzwischen zog der Fahrer des weißen Wagens eine Schau ab, indem er sich ständig den Nacken rieb, Grimassen zog und dabei ständig den Kopf hin und her drehte. Außerdem hinkte er plötzlich sehr ausgeprägt, während er vor seinem Wagen auf und ab ging. Dieser Kerl hatte vor, möglichst viel Geld aus mir herauszuquetschen.
Ich war finanziell geliefert.
Der Officer kam an mein Wagenfenster und wartete, bis ich es heruntergelassen hatte. »Hier ist ein Durchschlag des Unfallberichts«, sagte er, riss das Blatt vom Block und gab es mir. »Und hier ist Ihr Strafzettel. Ich habe Sie wegen Missachtung der Vorfahrt verwarnt, hätte aber auch auf rücksichtsloses Fahren entscheiden können. Sie müssen umsichtiger sein, Miss Cooper.«
Erwartete er jetzt, dass ich mich bei ihm bedankte? Ich nickte wortlos, als ich die Blätter entgegennahm, und überflog die Rückseite des Strafzettels, auf dem die Summe stand. Zähneknirschend nahm ich die hundertfünfzig Dollar zur Kenntnis. Ich ließ den Motor an, während der Polizist zu dem anderen Wagen hinüberging und den zweiten Durchschlag aushändigte. Leise fluchend sah ich mit an, wie die beiden Männer sich kopfschüttelnd zu mir umdrehten. Scheißkerle.
Mit hoch erhobenem Kopf - ein letzter Versuch, die Szene in Würde zu verlassen - wartete ich auf eine beträchtliche Verkehrslücke und bog dann nach links auf die Hauptstraße ein, Richtung Praxis. Andros Kapordelis war solch ein Kotzbrocken.
Ich kam nur zwei Blocks weit, da blinkte das Öllämpchen auf. »Herr im Himmel!«, jammerte ich. »Was ist denn jetzt noch?« Ich schaffte es bis zu einer Tankstelle, wo ich zwei Flaschen Öl kaufte und nachfüllte. Inzwischen war es zehn vor zehn. Ich stöhnte angesichts der Riesenverspätung. Ich musste dringend zur Praxis und meinen Neunuhrklienten anrufen, um mich zu entschuldigen. Hoffentlich schaffte ich es wenigstens bis zum zweiten Termin.
Zwei Straßenecken weiter blinkte das Öllämpchen erneut auf. »Scheiße!«, fluchte ich und schlug aufs Lenkrad. Ich fuhr noch einen Block weiter und in die nächste Tankstelle, die eine Schnellwerkstatt hatte. Ich parkte vor einem der Garagentore und wartete, dass mich drinnen jemand bemerkte. Rasch zog ich mein Handy hervor und wählte den Hausmeisterservice meines Bürohauses an.
»Conrad Management, wie kann ich Ihnen helfen?«
»Yvonne?«, fragte ich eifrig.
»Am Apparat«, sagte sie.
»Guten Morgen, hier ist Abby Cooper.«
»Tag, Abby! Wie geht‘s denn?«
»Schrecklich. Hören Sie, Sie müssen mir einen Gefallen tun. Ich habe totalen Ärger mit meinem Wagen und jeden Moment wird mein nächster Klient vor der Tür stehen.
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