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Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen

Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen

Titel: Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wissen sie und das ahnen sie nicht. Sie werden durch diese Botschaft in eine gewaltige Aufregung versetzt werden. Sie werden hin-und herrennen. Sie werden Tag und Nacht arbeiten und alles in Bewegung setzen, die Spuren ihrer verbrecherischen Tätigkeit zu verwischen. Sie werden ihre Ruhe verlieren und weniger vorsichtig sein. Wir aber werden unsere Aufmerksamkeit verdoppeln und es sofort bemerken, wenn sie sich durch irgend etwas verraten.«
    »Das ist es, was wir hoffen,« gestand der Perser. »Daß dann auch dein Vater und der Vater deines Weibes unterwegs sind, wird nicht in den Meldungen stehen. Sie werden fürchterlich erschrecken, wenn sie beide sehen, und der Augenblick dieses Schreckens wird, so hoffe ich, sie so betroffen machen, daß sie alle ihre Geheimnisse verraten.«
    »Und dann kommen unsere Väter frei?« erkundigte sich der Müller.
    »Nur für den Fall, daß erwiesen wird, daß sie damals unschuldig waren. Denn was die drei Schurken nachher taten, kann eure Väter nicht befreien.«
    »Wir bitten Gott täglich um Hilfe.«
    »Das ist umsonst.«
    »Warum? Wohl, weil ich Christ bin?«
    »O nein!« lächelte der Perser. »Nicht deshalb! Ich bin Schiit; mein Kamerad hier ist Sunnit und du bist Christ. Wir sind das nur, weil unsere Väter das waren, was wir sind. Das gewöhnliche Volk aber rechnet sich das als Verdienst an. Es verlangt für dieses Verdienst, daß Allah stets bereit sei, ihm zu dienen. Es betet; das heißt, es belästigt ihn; es fordert von ihm Dinge, zu denen er nicht verpflichtet ist. Mein Kamerad hier ist zwar Moslem, er leugnet aber Allah ganz. Ich, der Schiit, will ihn zwar nicht leugnen, aber ich mute ihm auch nicht zu, unser Packträger und Wunscherhörer zu sein, so oft wir es von ihm verlangen. Wenn du glaubst, daß er etwas auf das Plappern und Beten der anderthalbtausendmillionen Menschen, die es gibt, achtet, so bist du unheilbar irr im Kopf.«
    »Ich glaube es aber«, versicherte der Müller, indem er beide Hände beteuernd auf die Brust legte.
    »So bist du unheilbar, bist irr!«
    »Nein; ihr seid irr!«
    »Beweise es!«
    »Das kann ich nicht. Das kann nur Gott!«
    »So mag er es beweisen!«
    »Ja, das ist die Art der Ungläubigen,« nickte der Müller. »Erst sagen und behaupten sie, daß es keinen Gott gebe, und dann verlangen sie, daß er sie dennoch höre und sich ihnen offenbare. Es sind also sehr schwache Füße, auf denen euer Unglaube steht!«
    »Spotte nicht!« gebot ihm der Türke. »Du bist Müller, weiter nichts. Du sägst dein Holz und staubst deine Gebete wie Sägmehl in die Luft. Sie fallen ganz von selbst wieder nieder. Wir aber wissen das besser. Du behauptest, es sei ein Gott, kannst es aber nicht beweisen. Ich aber glaube, daß es gar keinen Gott gibt, und mein Kamerad, der Schiit, behauptet, daß ein Gott, selbst wenn es einen gäbe, ganz unmöglich auf dein Lallen hören kann. Wir werden dir das beweisen. Du betest täglich, daß der Gott der Christen euch von Abdahn Effendi und allen seinen Freunden erlösen möge?«
    »Ja.«
    »Dein Weib und deine Kinder beten dasselbe?«
    »Ja.«
    »Und ihr glaubt, daß er es hört?«
    »Ja.«
    »Dann muß er euch erhören, muß, muß, muß! Sonst ist er ja noch schlimmer, als dieser Abdahn Effendi nebst allen seinen Schmugglern, Dieben und Betrügern! Sage ihm das! Laß es ihm auch durch deine Frau und deine Kinder sagen! Und sage ihm auch noch folgendes: Wenn es wirklich einen Gott gibt, der die Gebete der Christen hört, so verlangen wir von ihm, daß er das eurige erfüllt, und zwar nicht durch uns, sondern eben auch durch einen Christen und – –«
    »Und,« fiel ihm der Perser in die Rede, »und wir verlangen ferner von ihm, daß Abdahn Effendi selbst zu ihm beten soll: Erlöse uns von Abdahn Effendi und allen seinen Freunden! Hast du das verstanden, Ben Adl?«
    Der Gefragte war vor Schreck einige Schritte zurückgetreten. Er antwortete:
    »Verstanden habe ich es. Aber das ist ja Gotteslästerung!«
    »O nein! Wir geben dem Gott der Christen nur Gelegenheit, zu beweisen, daß er wirklich existiert und daß seine Ohren offen stehen, zu hören, was man betet!«
    »Aber das ist es ja eben, was ich als Gotteslästerung, als Frevel gegen Gott bezeichne!«
    »So mag er ihn hören, diesen Frevel.«
    »Das heißt soviel, wie ihn bestrafen!« rief der Müller entsetzt.
    »Laß es so heißen; wir fürchten uns nicht!« befahl ihm der ungläubige Türke. »Wenn es einen Gott der Christen gibt, ist er noch lange nicht ein

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