Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)
Pustekuchen! Die Sturköppe stellten sich total blöde an, beanspruchten Herd und Topf für sich. Ich glaube, weil ich andere Nudeln hatte als sie und weil sie ihre nur mit Käse und ohne Soße essen wollten, zumindest verstand ich ihren Erklärungsversuch so. Geht’s noch? Wie dämlich ist das denn? Soviel Borniertheit hätte ich hier gar nicht vermutet. Was blieb mir übrig, ich wartete, bis diese eigenwilligen Säcke ihr Mahl bereitet hatten und kochte mir meine Nudeln dann selber.
Eines haben Unterkunft und diese Leute hier bewirkt: Ich finde sie so „toll“, dass ich mir morgen in Logroño garantiert eine Pension nehmen werde und nicht in die einzige Albergue der Stadt, einem Haus mit 88 Betten gehe. Zwei Tage hintereinander tue ich mir diese Meute nicht an. So, genug jetzt, jeder hat halt seine eigene Mentalität. Alles ist gut! Und mein Essen habe ich ja auch noch bekommen. Später traf ich im Garten dann doch noch auf andere deutschsprachige Pilger, Paul aus Tirol und Dietmar aus Wolfsburg. Sehr angenehm, etwas Unterhaltung auf gleicher Wellenlänge!
Was ich nie gedacht hätte, in Spanien nützt einem Englisch fast noch weniger als in Frankreich. Und meine mühsam erlernten Brocken Französisch helfen mir natürlich auch nicht. Die Spanier scheinen nur ihre eigene Sprache zu kennen. Na ja, davon wird’s nicht abhängen, ob ich Santiago erreiche. Der gelbe Pfeil vereint hier alle Sprachen dieser Welt.
Früh wie selten habe ich meine Suite aufgesucht und sehe gute Chancen, einzuschlafen. Ich bin der erste im Zimmer und durch einen erfrischenden Regenschauer ist etwas Wind aufgekommen. Kann also die Bude vorm Schlafen noch einmal richtig durchlüften.
Wenn’s eines Beweises bedurft hätte, dass es auf dem Weg am Schönsten ist, heute wurde er erbracht. Gute Nacht und bis morgen!
Tag 63, Los Arcos - Logroño 29 km
Um 5 Uhr war die Nacht vorbei. Aus dem groß en Schlafraum nebenan drang ein Lärm in mein Zimmer, der ein Weiterschlafen unmöglich machte. Zwei Pilgergruppen, eine spanische und eine italienische, waren bereits in Aufbruchsstimmung. Bemerkenswert, mit welcher Rücksichtnahme sie sich auf den Weitermarsch vorbereiteten. Quatschten in normaler Lautstärke, sorgten für Vollbeleuchtung im ganzen Raum und kramten ständig in ihren dünnen Plastiktüten, natürlich denen, die dabei so schön rascheln. Wahnsinn, ich konnte kaum glauben, wie selbstverständlich diese Menschen alle anderen durch ihr egoistisches Verhalten aufweckten. Ganz nach dem Motto: „Wir schlafen nicht mehr, also sollt ihr auch nicht mehr schlafen!“ Ich habe sie sooo lieb. Pack!!
Bedingt durch die allgemeine Unruhe stand ich auf (die 3 anderen in meinem Zimmer versuchten dem Lärm zu trotzen, indem sie ihre Schlafsäcke über den Kopf zogen, ich konnte mich also halbwegs vernünftig bewegen) und war bereits vor 6:30 Uhr auf dem Weg. Ein bisschen sollte ich den Radaubrüdern und –schwestern dankbar sein. Bei Sonnenaufgang befand ich mich zwischen Getreidefeldern, die im frühen Licht herrlich goldgelb leuchteten. Der Blick über die flachen Hügel lud zum Träumen ein. Ich dachte an frühe Vögel und Würmer, auch wenn ich selbst nur mit den Augen fing. In Torres del Rio machte ich am Kirchbrunnen nur einen kurzen Halt, dort war neben mir eine größere Pilgergruppe versammelt, die ich bisher noch nicht gesehen hatte. Sie schien sich aus Deutschen und Engländern zusammenzusetzen. Ich wechselte ein paar Worte mit dem einen oder anderen, marschierte danach alleine weiter. Ich hatte richtig Bock auf Gehen. Auf schmalen Pfaden und Hohlwegen, die von Wildblumen in den unterschiedlichsten Farben gesäumt wurden, ging’s durch grüne Buschwälder, kleine Olivenplantagen und Weinfelder. Heute war ich mitten in einen Pilgerstrom geraten. Durch gleich zwei große Albergues in Los Arcos war viel Verkehr auf der Strecke. Den meisten Pilgern wünschte ich im Vorbeigehen knapp einen ‚Buen Camino’, nur mit einigen wenigen sprach ich ein paar Silben. Jeder war in sich versunken. Interessant fand ich Michael, einen etwas eigenwilligen deutschen Pilger, der seinen Rucksack so voll gepackt hatte (möchte nicht wissen, was der wiegt), dass er seinen Wegproviant in einem separaten Beutel an der Hand schleppen musste. Da er gleich mehrere gefüllte Wasserflaschen dabei hatte, kamen so locker noch mal 4-5 Kilo zusammen. Der bekommt bestimmt bis zum Ziel in Santiago so lange Arme, dass er dort im Stehen die
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