Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)

Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)

Titel: Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meik Eichert
Vom Netzwerk:
Hälften gebrochen, ich hatte Hoffnung, dass sie sich vielleicht wieder zusammenkleben lässt. Trotzdem, erst einmal war ich bedient, bevor der Tag überhaupt richtig begonnen hatte.
     
    Für all’ das konnten aber unsere Gastgeber nichts, wir verabschiedeten uns herzlich
    und fütterten die Sparschweine der Kinder mit ein paar Euro. Dann zogen Karl-Heinz und ich weiter. Auch das Laufen war nach den vielen guten Tagen ernüchternd. Wie stark die äußere Wahrnehmungsfähigkeit von der mentalen Verfassung abhängt, zeigte sich daran, dass ich einer ähnlichen Landschaft, die ich in den vergangenen Tagen noch so bewundert habe, heute kaum etwas abgewinnen konnte. Das Wetter wollte dem nicht nachstehen, sorgte mit Wolken, kühlen Sturmböen und gelegentlichem Regen für das passende Rahmenprogramm. Kein Zweifel, nach Tagen des Genießens war es erst einmal vorbei mit der Leichtigkeit des Pilgerns. Zur Abwechslung waren Tugenden wie Wille und Zähigkeit gefragt, mir zu zeigen, dass sie noch da sind.
     
    Leider ließ sich meine Lustlosigkeit auch durch das Unterwegssein nicht abschütteln.
    Karl-Heinz wirkte da auf mich wesentlich lockerer. Selbst Reden war mir fast zu viel, und so gingen wir die meiste Zeit wortlos nebeneinander her. Flott waren wir trotzdem unterwegs. Für etwas Unterhaltung sorgte ab Moussy ein Mischlingshund,
    der uns allerdings mehr als einmal den Atem stocken ließ. Ausgerechnet auf einem
    mehrere Kilometer langen Abschnitt entlang einer stark befahrenen Landstraße wollte uns der kleine Kerl nicht von der Seite weichen. Völlig unerschrocken, oder besser gesagt lebensmüde, rannte er im Zickzack vor uns herum, die Straße in seiner ganzen Breite nutzend. Karl-Heinz und ich hielten bei jedem vorbeifahrenden Auto die Luft an. Insbesondere bei sich schnell nähernden LKW konnten wir kaum hinsehen und warteten förmlich auf den dumpfen Knall des Zusammenpralls. Aber der Hund muss mehrere Schutzengel gehabt haben, es ging alles gut. Sei es, weil die hier sehr besonnenen Autofahrer rechtzeitig bremsten oder der Hund noch rechtzeitig zur Seite springen konnte. Dieses verrückte Tier! Mit wütendem Gebell rannte es hinter den meisten Autos her, die es vorher um Haaresbreite überfahren hätten. Karl-Heinz, der was von Hunden versteht, versuchte mehrfach in sehr energischem Tonfall den Hund zum Umkehren zu bewegen, zunächst erfolglos. Der dachte überhaupt nicht daran, wich uns weiterhin nicht von der Seite. Ein Autofahrer, der kurz anhielt, kannte den Hund, schaffte es dennoch nicht, ihn in sein Auto zu locken. So dauert es eine ganze Weile, bis Karl-Heinz den richtigen Ton getroffen hatte und der kleine Vierbeiner tatsächlich umkehrte. Eine freundliche Ansprache ist definitiv was anderes! Das Tier tat uns richtig leid, als es traurig dreinschauend und mit gesenktem Kopf den Rückweg antrat. Es wollte doch nur spielen... . Trotzdem, etwas anderes hätte keinen Zweck gehabt. Wir hofften nur, dass der kleine Racker den sicheren Weg über die Felder zurück in sein Dorf genommen hat... .
     
    Sollte ich für die Abwechslung dankbar sein? Ich weiß nicht so recht! Einerseits konnte ich meine Antriebslosigkeit für eine Weile vergessen, andererseits machte ich mir nun Sorgen um den niedlichen kleinen Mischling.
     
    Gott sei Dank erreichten wir bereits nach 17 km Prémery, endlich konnte ich etwas gegen meinen immer stärker werdenden Hunger tun. In der ersten Boulangerie, an der wir vorbeikamen, kaufte ich mir ein dickes Baguette, ofenfrisch und knusprig lecker! Sofort machte ich mich darüber her. Die uns entgegenkommenden Passanten schienen ein wenig befremdet ob meines Essverhaltens, ihre Blicke sprachen jedenfalls Bände. Wahrscheinlich ist es hier wohl nicht üblich, einen halben Meter Brot im Gehen zu vertilgen. Das war mir jedoch so was von egal! Karl-Heinz verzichtete auf diese Form der Zwischenmahlzeit. Mir unbegreiflich, dass er noch keinen Hunger hatte. Vermutlich war er nur hart zu sich selbst, übte sich in eiserner Disziplin. Nach über 30 Jahren Bundeswehr beherrscht man dieses Fach ganz sicher meisterhaft. Ich war eben nur 15 Monate dort... .
     
    Prémery ist ein ziemlich trostloses Kaff, normalerweise hält einen in so einem Nest nichts. Ich hingegen wollte heute keinen Meter mehr weitergehen, auch wenn es erst 12 Uhr mittags war. Der Ort mit der nächsten Unterkunft ist immerhin 18 km entfernt, zu weit! Ich teilte meinen unverrückbaren Entschluss Karl-Heinz mit, der scheinbar noch

Weitere Kostenlose Bücher