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Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)

Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)

Titel: Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meik Eichert
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beschwingter, endlich zeigte die Landschaft Konturen, endlich erfreuten natürliche Feldwege meine Sinne. Das war der Camino, den ich mag! Am späten Vormittag übernahm die Sonne langsam das Kommando und meine Laune hellte sich mehr und mehr auf.
     
    Bei Tageskilometer 20 erreichte ich mit Saint-Pierre-les-Etieux einen Ort, der sich so ganz von allem unterscheidet, was ich bisher in Frankreich gesehen habe. Beinahe penibel sauber und liebevoll gepflegt präsentierten sich öffentliche Grünflächen und private Gärten. Der Ort hatte sich rausgeputzt, als würde ein wichtiger Gast erwartet. Vielleicht gibt es ja auch so was wie einen Schönheitswettbewerb unter Dörfern. Auf jeden Fall stach der Ort echt ins Auge. In einem kleinen Park mit herrlichen Kastanienbäumen fand ich das ideale Plätzchen für eine ausgedehnte Pause. Nach nur wenigen Augenblicken näherten sich zwei Damen mit großen Rucksäcken. Es waren Pilgerinnen aus Holland. Völlig außer Atem warfen sie ihr Gepäck vor der Bank ab. Sie brauchten einige Minuten, bis sie sich erholt hatten und in der Lage waren, zu sprechen. Die jüngere der beiden war vielleicht Mitte 40, die andere schätzte ich auf Ende 50. Beide pilgern seit 2004 zusammen. Sie sind in Holland gestartet und legen den Weg in mehreren Abschnitten zurück. Dieses Jahr sind sie in Auxerre gestartet und wollen es bis Limoges schaffen. 2009, spätestens 2010 wollen sie dann Santiago erreichen. Die Jüngere ist vor vielen Jahren bereits einmal die rund 270 km lange Strecke von Astorga nach Santiago gepilgert. Das war für sie gleichermaßen beeindruckend wie unbefriedigend. Beeindruckend vor allem wegen der Schönheit der Natur, unbefriedigend, weil die meisten Pilger, mit denen sie in Santiago eingetroffen ist, den kompletten, 800 km langen Camino Frances gelaufen sind. Daraus resultierte der Wunsch, den Jakobsweg von zuhause zu gehen. Und dies tut sie nun, gemeinsam mit ihrer Freundin.
     
     
    Die beiden waren total locker und fröhlich. Die Unte rhaltung mit ihnen machte Spaß, so viel, dass es mir schwer fiel, die gesellige Runde zu verlassen. Aber, das letzte Drittel meiner Tagesetappe wartete. Die beiden Holländerinnen werde ich unter normalen Umständen kaum wiedersehen, da sie nur selten mehr als 20 km am Tag gehen. Dafür bin ich mir sicher, dass sie ihr Ziel erreichen werden, und sei es völlig außer Atem.
     
    Bestens gelaunt und laut pfeifend strebte ich bei nun traumhaftem Sonnenschein vorbei an bunten Frühlingswiesen meinem heutigen Zielort entgegen. Keine 3 km später war es mit der Hochstimmung jedoch vorbei. Nur ein winziger Fehltritt war es, der genügte, das andere Ende der emotionalen Skala zu erreichen, begleitet von einem stechenden Schmerz und spontaner Verzweiflung. Was war passiert? In ein kleines von Gras überwuchertes Loch bin ich getreten, dabei umgeknickt und mit einem lauten Aufschrei in den flachen Graben entlang der Straße gestürzt. Es dauerte einen Moment, bis ich realisiert hatte, was los war. Mir war zum Jammern, Heulen und Fluchen, am liebsten alles gleichzeitig. Mein Knöchel sendete heftige Schmerzsignale an mein Gehirn und ließ mich Schlimmstes befürchten. Jetzt eine Bänderverletzung, möglicherweise gar ein Bänderriss, und alles ist vorbei, 900 km wären für die Katz, schoss es mir durch den Kopf. Nein, das kann nicht wahr sein, so darf mein Weg nicht zu Ende gehen, flehte ich. Minutenlang blieb ich im Gras sitzen und hatte Schwierigkeiten, meine Gedanken zu kontrollieren. Alle kreisten nur um das Ende meines Weges, das ich in diesen Momenten für besiegelt hielt. Wie kleine Pfeile schossen sie in meinen Kopf und machten mich zu einem Häufchen Elend. Warum?
     
    Ich hatte Angst, als ich Schuh und Socke auszog, um meinen Knöchel zu begutachten. Was ich sah, bestätigte meine Befürchtungen. Der Knöchel war zu einem dicken Ei geschwollen! Was nun? Ich war allein, sah weit und breit keinen Menschen. Soll ich warten, bis jemand kommt und Hilfe holt oder schleppe ich mich selbst voran? Diese Frage beschäftigte mich. Ich wollte es mit der zweiten Variante versuchen. Vorsichtig zog ich zunächst meinen Schuh wieder an und stand auf, um den Fuß vorsichtig zu belasten. Es tat höllisch weh! Verdammt! Sollte mein Weg hier wirklich am Ende sein? Ich konnte und wollte das nicht akzeptieren, jedenfalls nicht voreilig. Schritt für Schritt ging ich weiter, versuchte so gut es geht, meinen verletzten Fuß auch durch verstärkten Einsatz meines

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