Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)

Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)

Titel: Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meik Eichert
Vom Netzwerk:
kein Mensch in der Nähe gewesen, er wäre jämmerlich verendet. In dem dichten Gras des Straßengrabens hätte man ihn unmöglich gefunden. Gehört hätte man ihn auch nicht, da der Lärm der zahlreich vorbei fahrenden Autos alles verschluckt. Er muss es einfach schaffen!
     
    Mit meinen Gedanken noch ganz bei dem Hund, übersah ich das Ortseingangsschild von Thiviers, landete aber automatisch in der Stadtmitte. Dort war Markt und ich fand ein paar leckere Sachen für den Hunger zwischendurch. Thiviers ist die Geburtsstadt des berühmten französischen Schriftstellers Jean Paul Sartre. Aufgrund schlechter Kindheitserinnerungen ist er jedoch nach seinem 6. Lebensjahr nie wieder hierher zurückgekehrt. Heute gilt Thiviers als Hauptstadt der Gänseleber. Na, das ist ja was für mich, bäh…!
     
     
    Optisch ist die Stadt nichts B esonderes, ich habe aber auch schon deutlich schäbigere gesehen. In der Kirche, in der gerade eine Hochzeit vorbereitet wurde, sprachen mich zwei nette ältere Damen an. Geradezu überschwänglich wünschten sie mir alles Gute und wollen mich ab sofort in ihre Abendgebete einschließen. Ich wehre mich nicht dagegen... .
     
    Hinter der Stadtgrenze bekam ich ein letztes Mal einen schönen Ausblick über sattgrüne Landschaft geboten, bevor es ein langes Stück hinab ging. Morgen in Périgeux geht’s bis auf 100 m über NN hinunter. Die Ausläufer des Zentralmassivs liegen also schon wieder hinter mir. Das hätte ich mir anstrengender vorgestellt. Bevor ich auf die Route Napoleon bog, passierte ich ein paar höchst luxuriöse Anwesen in bester Naturlage. Dafür waren sicher ein paar Milliönchen fällig. Die Route Napoleon selbst blickt auf rund 200 Jahre Geschichte zurück. Der berühmte Kaiser höchstpersönlich war es, der diese kerzengerade Straße für sein großes Heer bauen ließ.
     
    Meine Hoffnung, dass ich trotz ständiger Drohkulisse durch die dunklen Wolken trockenen Fußes in Sorges ankommen würde, erfüllte sich nicht. Etwa 4 km vorher begann es in Strömen zu regnen. Eine Chance, mich unterzustellen, hatte ich auf diesem kaum besiedelten Abschnitt nicht. Hatte also mit dem begossenen Pudel heute Morgen gar nicht so falsch gelegen. Es regnete sich ein, nicht mehr so stark, aber dafür beständig. Im Nachhinein betrachtet war also auch meine gestrige Entscheidung, nicht im Kloster von Saint-Marie-de-Frugie zu bleiben, richtig. Andernfalls hätte ich heute 8 km statt 4 durch den Regen gehen dürfen und garantiert wieder nasse Füße bekommen. In dem kleinen Nest Sorges war bei dem Wetter natürlich kein Mensch vor der Tür, aber nach kurzem Suchen fand ich die etwas versteckt gelegene Pilgerherberge. Mich traf fast der Schlag, als ich eintrat und bereits 6 oder 7 Leute um den großen Tisch in der Küche saßen. Wo, bitte schön, kamen die alle her? Einer von ihnen ist übrigens Karl-Heinz! Da haben wir uns also wieder. Er war total überrascht, mich zu sehen. Ich weiß nicht, wie er darauf
    kommt, aber er hatte mich schon viel weiter vorau s vermutet. Ich kann doch nicht fliegen... .
     
    Im Refuge arbeitet sogar ein Hospitalero, der sich um das Wohl der Pilger kümmert, auch Essen kocht. Er ist Holländer und verbringt für einen Monat auf ehrenamtlicher Basis seine Zeit in Sorges. Neben Karl-Heinz ist er der einzige, mit dem ich mich gescheit unterhalten kann, die anderen Pilger sind allesamt Franzosen. Mit ihnen ist Karl-Heinz unterwegs, seit er sich von seinem Begleiter trennen musste, von dem mir Petra erzählt hat. Ich wurde gefragt, ob ich mich anschließen will, die Gruppe plante gerade mit ausgebreiteten Karten akribisch ihre nächste Etappe. Ich lehnte dankend ab, erstens ist das nicht meine Art zu pilgern, ich gehe viel lieber ohne großartige Planung drauflos, und zweitens bin ich gerade sehr gern alleine unterwegs. Karl Heinz bat mich darauf um Verständnis, dass er sich jetzt trotzdem nicht von seinen französischen Pilgerfreunden absetzen möchte, nur weil wir uns wieder getroffen haben. Ist für mich auch überhaupt kein Problem, ich würde das gar nicht von ihm erwarten.
     
    Eine kleine Hürde gab es für mich noch. Der Hospitalero eröffnete mir, dass gar kein Bett mehr frei sei. Das Refuge ist voll belegt! Hinaus in das Schmuddelwetter wollte er mich aber auch nicht mehr schicken, zumal das einzige Hotel im Ort wegen einer Hochzeitsgesellschaft ausgebucht ist. Mit ein paar Telefonaten organisierte er eine
    Matratze und schon war das Problem gelöst. Hat was,

Weitere Kostenlose Bücher