Abenteurer meiner Traeume
sagte Whip langsam, »obwohl du für das eine das andere hättest aufgeben müssen, aber nicht auf geben kannst, weil du sie wirklich beide willst, und deswegen ziehst du immer kleinere und kleinere Kreise wie ein Hund, der seinen eigenen Schwanz jagt, bis du schließlich überhaupt nicht mehr weißt, wo oben und unten ist?«
Renos Lächeln wirkte seltsam sanft für einen Mann, der so hart aussah wie er.
»Natürlich ist es mir schon mal so gegangen«, sagte er ruhig zu seinem Bruder. »So etwas nennt man menschlich. Dumm, aber menschlich.« »Was hast du dann gemacht?« fragte Whip neugierig.
»Als du fertig damit warst, mir das Fell über die Ohren zu ziehen, habe ich mir überlegt, was mir wirklich wichtig war. Und dann habe ich sie geheiratet.«
Whip machte ein betroffenes Gesicht. »Ich würde einen miserablen Ehemann abgeben. Immer stände ich mit dem Blick in die Ferne am Zaun und würde voller Unruhe dahinter auf-und abgehen wie ein ungezähmter Mustang.«
»Immer noch auf der Jagd nach Sonnenaufgängen?«
»Ich kann genausowenig etwas dafür, daß ich ein Herumtreiber bin, wie du, daß du Linkshänder bist und so höllisch gut mit deinem sechsläufigen Gewehr umgehen kannst«, sagte Whip trocken.
»Wahrscheinlich, aber das kannst du nicht genau wissen.«
»Was soll das heißen?«
»Als du dein Streunerleben angefangen hast«, sagte Reno nachdenklich, »warst du kaum mehr als ein Junge. So wie ich hast du unser Heim deswegen verlassen, weil unsere älteren Brüder Herumtreiber sind und Pa immer die Hand sehr locker saß, den Gürtel zu nehmen und Prügel auszuteilen - außer daß du auch deiner eigenen Wanderlust gefolgt bist.«
»War es das?« Whip zuckte mit den Schultern. »Das ist schon so lange her, und ich habe seitdem schon so viele Reisen gemacht und so viele Dinge gesehen, daß ich mich kaum noch erinnern kann, warum ich ursprünglich mit der Herumtreiberei angefangen habe.«
»Aber du willst sie nicht aufgeben.«
»Wie gibt man seine Seele auf?« erwiderte Whip schlicht.
Reno hatte darauf keine andere Erwiderung als die kurze, kräftige Umarmung, mit der er seinem Bruder antwortete.
»Dann komm«, sagte Reno als nächstes. »Eve macht sich sicher Sorgen, was mit dir los sein könnte. Es ärgert mich, daß sie so einen schlechten Geschmack hat, aber sie mag dich fast so gern wie mich.«
Whip lächelte flüchtig. »Das bezweifle ich. Aber ich mag sie wirklich gern. Ihr Lachen und ihr echter Mut würde ich an jedem bewundern, ganz besonders an einer Frau. Eve ist Gold wert. Und ich werde nie verstehen, was sie an dir findet.«
Reno antwortete darauf mit herzlichem Gelächter und einem kräftigen Schlag auf Whips Schulter. Seite an Seite gingen die beiden Brüder mit langen Schritten zum Haus hinüber. Als sie an der Hintertür standen, betrachtete Whip zweifelnd seine Stiefel und die seines Bruders.
»Stimmt was nicht?« fragte Reno.
»Es gibt Orte auf dieser Welt, wo man seine Gastgeber damit beleidigen würde, wenn man mit Stiefeln über die Schwelle ihres Hauses tritt. Besonders bei Stiefeln wie diesen und einem neuen Haus wie eurem.«
»Eve muß auch schon an diesen Orten gewesen sein«, gab Reno zu. »Sie hält neben der Tür für mich immer ein paar Mokassins bereit, damit ich die Stiefel ausziehen kann.«
Reno lächelte voller Erfahrung. Es war Eve eine tiefe Freude gewesen, endlich ihr eigenes Heim zu besitzen.
»Was ist mit meinen Stiefeln?« fragte Whip. »Wird sie sich damit zufriedengeben, wenn ich nur auf Strümpfen hineingehe?«
»Sie wird sich etwas ausdenken. Sie beschützt das Haus wie eine Tigerin, die nur ein Junges hat.«
»Kannst du ihr das zum Vorwurf machen? Wenn man wie sie in einem Waisenhaus aufgewachsen ist, muß man sich doch immer nach einem solchen Heim gesehnt haben.«
Reno und Whip wuschen sich an einer kurzen Bank, die Reno an der Rückseite des Hauses angebracht hatte. Das Wasser, das sie dort erwartete, war warm und duftete leicht nach Flieder.
So angenehm er den Duft auch fand, so mußte Whip doch an die Frische der Balsamminze denken, die er mit Shannon verband, und auch an das kleine Ritual, mit dem sie ihm das
Handtuch gegeben und sein Gesicht so sorgfältig nach Schaumresten abgesucht hatte.
Hör auf, an diese schönen, blauen Augen und an jenen süßen Mund zu denken, der dich immer angelächelt hat, sagte sich Whip grimmig. Das ist uns beiden gegenüber unfair.
Tu, was du tun mußt.
Hol dir Reno zu Hilfe. Hol das Gold.
Und mach
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