Abenteurer sucht Frau fürs Leben
Taylor House bietet genügend Platz für alle! “
Lili hielt inne, als ihr bewusst wurde, dass sie wild mit dem Teelöffel gestikulierte. „Also sind die Leute in Scharen gekommen. Manchmal haben wir sie vom Flugplatz abgeholt, manchmal vom Hafen. Und es wurden immer mehr. Zuerst waren es vereinzelte Krankenschwestern oder Ärzte, die einen Platz brauchten, um sich auszuruhen, bevor sie zu ihren Angehörigen oder zu ihrem nächsten Auftrag weiterzogen. Dann tauchten Mütter mit Kindern auf, die wir manchmal direkt ins nächste Krankenhaus bringen mussten. Später wurden daraus ganze Familien, die aus Kriegsgebieten geflohen waren.“
Kyle nippte an seinem Becher, doch seine gesamte Aufmerksamkeit galt ihrem Gesicht.
„Sie wissen ja, wie es ist, in einem fremden Land einzutreffen, dessen Kultur man nicht kennt. Meistens spricht man nicht mal die jeweilige Sprache und ist nicht an die klimatischen Bedingungen gewöhnt. Oft ist das Wetter hier noch schlechter als heute. Das Wort Kulturschock wird dem nicht annähernd gerecht. Aber wir kamen trotzdem ganz gut zurecht. Es gab immer etwas, das wir für die Leute tun konnten, die wirklich unsere Hilfe brauchten. Und manchmal brachten sie Briefe von meiner Mutter aus fernen Ländern mit.“
„Aber dann ging etwas schief?“
„Das kann man so sagen. Ich erinnere mich, dass ich einen schlechten Tag in der Schule hatte. Oh, ich bin gerne in den Unterricht gegangen, aber ich wurde ständig gemobbt und musste hart für meinen Abschluss lernen. An dem Tag wollte ich mich nur in mein stilles Kämmerlein verkriechen und heulen, aber als ich nach Hause kam …“
„Sie haben das Haus voll fremder Leute vorgefunden?“, warf Kyle ein.
Lili nickte. „Das Gezeter war so laut, dass ich mein eigenes Wort kaum verstehen konnte, als ich nach meinem Vater gefragt habe. Ich bin dem größten Lärm in mein eigenes Zimmer gefolgt. Dort hat mein Dad gerade meine Kleider an einen Haufen Kinder ausgeteilt, die um ihn herumgetobt sind und meine kostbaren Bücher und Kleider achtlos im ganzen Zimmer verstreut haben. Meine Projektarbeit für die Schule war zu Boden geworfen und zertrampelt worden.“
Sie verstummte und zerbröselte einen Keks. Schließlich fuhr sie leise fort: „Ich war gerade mal siebzehn Jahre alt, und plötzlich wurde mir bewusst – in diesem Moment, als ich so dastand mit dem ganzen Chaos und dem Lärm um mich herum –, dass ich ein normales Leben führen wollte. Mit zwei Elternteilen und einem Zuhause, das ich mein Eigen nennen kann.“
Sie wischte sich Krümel von der Hose und senkte die Stimme noch mehr. „Ich weiß, dass es furchtbar egoistisch klingt, aber ich habe einfach meine Bücher in meinen Rucksack gestopft, zusammen mit den wenigen Kleidungsstücken, die mir noch geblieben waren, und bin zu Emma gelaufen.“
Sie zog die Füße unter sich und schlang beide Hände um ihren Kakaobecher. „In den nächsten vierzehn Monaten habe ich jede Nacht in ihrem Cottage verbracht. Als Gegenleistung habe ich in der Hotelküche gearbeitet, und ich habe gelernt, die Bücher zu führen. Aber ich bin jeden Tag hierhergekommen, habe die Speisekammer aufgefüllt und dafür gesorgt, dass die Rechnungen bezahlt und all die anderen praktischen Dinge erledigt werden. Ich habe Dad nicht einfach allein gelassen. Dann bin ich für eine Weile nach London an die Kunstakademie gegangen.“
„Was hat Sie dazu gebracht, wieder nach Hause zurückzukommen? Hat Ihr Vater die Leute abgewiesen?“
„Oh nein, das hätte er niemals getan.“ Lili lehnte sich aufs Sofa zurück. Plötzlich fand sie, dass der Inhalt ihres Kakaobechers sehr faszinierend aussah, doch vom Geruch der heißen Schokolade drehte sich ihr der Magen um.
„Was war es dann?“, hakte Kyle nach.
„Meine Mutter ist gestorben, aber darüber wissen Sie ja bereits alles.“
„Wie haben Sie davon erfahren? Hat jemand angerufen?“
„Mike Baxter hat mich in der Hochschule aufgesucht. Er konnte mir nur sagen, dass sie mit dem Einsatzwagen über eine Landmine gefahren war.“ Sie blickte auf. „Er meint, dass es schnell gegangen sein muss, aber ich frage mich ständig, ob er recht damit hat.“
Er streckte einen Arm aus und nahm ihre Hand. „Sie war sofort tot, das stimmt. Es tut mir so leid. Auf diese Weise davon zu erfahren muss hart für Sie gewesen sein.“
Sie richtete sich auf und atmete tief durch. „Einen Tag nachdem Mike mich aufgesucht hat, bin ich hierher zurückgekommen. Was Emma angeht … Sie
Weitere Kostenlose Bücher