Aber bitte mit Sake
fühle mich wie auf Fleischbeschau. Nach einer Weile lässt sie von mir ab, verschwindet wortlos im Badezimmer und kehrt mit einem der Handtücher aus dem Schiffsbestand zurück. Kyoko macht Anstalten, mir das Handtuch um den Bauch zu wickeln, so als wollte sie mich ausstopfen.
»Kyoko, was machen Sie denn?« Ich versuche sie davon abzuhalten, mir das Frottee umzuschlingen. »Sie müssen mich doch nicht dicker machen, als ich schon bin! Das einzig Gute daran, dass es hier ständig Fisch, Reis und Algen gibt, ist doch schließlich, dass ich abgenommen habe.« Aber während ich noch protestiere, hat Kyoko mir schon hurtig das Handtuch um den Körper geschlungen und mit ein paar schmalen Bändern befestigt.
»Tut mir leid, Sie sind einfach zu dünn an der Taille. Das sieht nach nichts aus.«
»Wieso sieht das nach nichts aus, das verstehe ich nicht. Es ist doch gut, Taille zu haben.«
»Was den westlichen Modegeschmack angeht, ja. Für das Tragen eines Kimonos eindeutig nein. Wir Asiaten sind sehr gerade gebaut, und danach ist auch die Form des Kimonos ausgerichtet. Damit er richtig sitzt und nicht verrutscht, muss ich also dafür sorgen, dass Ihre Taille verschwindet.« Da ich keine Wahl habe, gebe ich klein bei. Kyoko lächelt, den Kopf gesenkt. »Wenn Sie jetzt noch zur Teezeremonie kommen könnten, die gleich beginnt, dann wäre mir das eine große Ehre! Sie findet in einer halben Stunde statt.« Natürlich kann ich Kyoko diesen Wunsch nicht abschlagen. Etwas schwerfällig laufe ich an Deck, es ist ein ungewohntes Gefühl, einen Yukata zu tragen. Da er relativ eng gebunden ist, kann ich nur kurze Trippelschritte machen, und ich weiß nicht, wie ich mich mit dem Gewand hinsetzen soll. Langsam schreite ich über die Holzplanken auf dem Tikki-Deck, begleitet von leicht irritierten Blicken der Japaner, die mir auf meinem Weg begegnen. Scheinbar haben sie noch nie eine Europäerin in einem Yukata gesehen. Einige von ihnen stecken die Köpfe zusammen und können ihre Überraschung nicht hinter der gebotenen Höflichkeit verstecken. Wir lächeln uns gegenseitig an und nachdem ich noch einen Moment auf die blaue See hinausgestarrt habe, greife ich mir Henry, der immer noch hinter der Tikki-Bar sitzt, und zwinge ihn dazu, gemeinsam mit mir an der Teezeremonie teilzunehmen.
»Sieht gar nicht so schlecht an dir aus, das japanische Gewand«, murmelt Henry, während er mich mustert. »Warte nur ab, bald verhältst du dich, wie eine waschechte Japanerin.« Er schmunzelt, während ich immer noch etwas unbeholfen hinter ihm her trippele. Kyokos Augen strahlen, als wir den Raum betreten, in dem die Teezeremonie stattfindet. Uns in die Geheimnisse der Chado einzuweihen, bedeutet ihr viel.
»Sie sollten sich während der Zeremonie auf sich selbst besinnen können«, erklärt sie. »Normalerweise betritt man den Raum durch eine sehr niedrige Tür. Das verlangt eine Haltung, die Demut erzeugt und steht für die erste Stufe zur Erleuchtung. Gesellschaftliche Unterschiede werden beim Überqueren der Schwelle zurückgelassen.« Ich schaue von einem Gast zum anderen. Henry hat klein beigegeben und sich dem Willen der zarten Japanerin gefügt. Kyoko ist in einen Kimono gehüllt, der von einem pinken Obi zusammengehalten wird. An dem Stoff hängt ein Teetuch. Auf ihren Befehl hin lassen wir uns am Rande der Tatami-Matten auf den Knien nieder. An die für Europäer unbequeme Sitzhaltung habe ich mich mittlerweile schon fast gewöhnt. Aus den Augenwinkeln beobachte ich die restlichen Passagiere, die ihre Teeschalen mit beiden Händen hochgehoben haben und aufmerksam betrachten. Unsicher hebe ich ebenfalls meine Schale. Kyoko nickt mir aufmunternd zu.
»Es ist wichtig, am Anfang der Teezeremonie die Schalen und Geräte gebührend zu bewundern«, erklärt sie. Aufmerksam beobachte ich, wie sie den Tee zubereitet. Es sieht so leicht aus, aber ich weiß, dass sie unzähligen Regeln folgt. Kyoko gibt Matcha , pulverisierten Tee, in meine Teeschale, gießt heißes Wasser auf und schlägt mit einem Bambusbesen den Tee schaumig. Nach einer Weile reicht sie mir die Schale und sagt lächelnd:
»Nehmen Sie sie entgegen und dann verbeugen Sie sich.« Ich folge ihren Anweisungen. »Jetzt sollten Sie sich mit einer Geste dafür entschuldigen, dass Sie den Tee angenommen haben. Als Nächstes drehen Sie die Schale drei Mal und bewundern die Malereien auf dem Porzellan. Dann trinken Sie den Tee in drei Schlucken. Wenn es Ihnen nicht gelingt, müssen Sie
Weitere Kostenlose Bücher