Aber dann kam der Sommer
ist so selten, daß man erfährt, was die Leute über einen sagen. Die wenigsten haben den Mut, einem etwas Unangenehmes ins Gesicht zu sagen. Jetzt bitte ich Sie darum, es auszusprechen. Es kann vielleicht sehr nützlich für mich sein. Also – was hat dieser Jemand gesagt?“
„Ja, wenn Sie es absolut wissen wollen… Ich hörte, wie gesagt wurde: ,So, Lindengs haben wieder ein Kind bekommen. Ich bin ja gespannt, von welcher seiner reichen Verwandten es den Namen kriegen wird.’ Und der Betreffende lächelte ziemlich – ziemlich – äh – boshaft.“
Ich hielt die Luft an. Wenn das gutging, würde alles gutgehen.
Lindeng stand mit einem Ruck auf. Er lief eine Zeitlang im Zimmer auf und ab, dann blieb er vor mir stehen. „Wer hat das gesagt?“
„Das weiß ich nicht. Ich hörte es in einem Geschäft.“
„Ach so!“ Er schwieg eine Weile.
„Sind Sie mir nun böse?“ fragte ich. „Aber Sie wollten es doch wissen.“
„Böse? Ihnen? Selbstverständlich nicht! Sie haben mir im Gegenteil einen Dienst damit erwiesen, daß Sie es mir gesagt haben. So also reden die Leute! Oh, ich danke Ihnen, daß Sie mich darüber aufgeklärt haben.“ Lindeng trank seinen Kaffee aus und lächelte. „Wollen wir nun zu Else hinaufgehen?“
Wir gingen hinauf. Else hatte das Baby zu sich ins Bett genommen und streichelte über sein Köpfchen.
„Na, ihr habt es ja gut, ihr beiden!“ lächelte Ditlef.
Else blickte zu ihm auf. „Ist es nicht süß, Ditlef? Ich überlege mir gerade, wie wir es nennen sollen.“
„Darüber sprechen wir noch“, sagte Lindeng. „Wir brauchen uns im Augenblick ja noch nicht zu entscheiden.“
Gegen Abend kam ich heim. Tante Agnete war in bester Laune. Ich mußte ausführlich erzählen, was ich erlebt hatte, was es bei Lindengs zu Mittag gab und was ich von dem Neugeborenen hielt. Ich berichtete lang und breit, trug meine Begeisterung dick auf und schloß mit einer Lobrede auf Klein-Agnete. Tante Agnete war weich wie Butter. Nun galt es, das Eisen zu schmieden, solange es glühte.
„Du, Tante Agnete, ich glaube, du könntest deinem Neffen einen großen Dienst erweisen.“
„Ja, wirklich? Womit denn?“
„Ja, weißt du, als wir so zusammensaßen, haben wir darüber gesprochen, wie das Kind wohl heißen soll. Dabei hatte ich den Eindruck, als wollte er Else gern eine Freude machen und ihm den Namen ihrer Mutter geben. Aber er möchte wohl seine eigene Familie nicht vor den Kopf stoßen. Da ich nun weiß, wie gern du ihm eine Freude machst, habe ich mir überlegt, daß du ihm seinen Entschluß erleichtern kannst, indem du von dir aus vorschlägst, das Kind Wencke zu nennen.“
Zuerst blickte Tante Agnete etwas mißmutig drein, und so beeilte ich mich, hinzuzufügen:
„Du weißt ja, Tante Agnete, wenn zwei so raffinierte Frauen wie du und ich sich zusammentun, dann erreichen sie alles. Ich glaube, er würde sich sehr freuen, wenn dieser Vorschlag von dir käme.“
„Dieser Ditlefmann!“ murmelte Tante Agnete. „Immer denkt er nur daran, anderen eine Freude zu machen.“
Ein paar Tage später begleitete ich Tante Agnete zu einem Nachmittagsbesuch bei Lindengs. Nach dem Kaffee saß ich eine Weile bei Else. Dann kamen Tante Agnete und ihr lieber Ditlefmann herauf. Lindeng beugte sich über seine Frau – ganz und gar der zärtliche Ehemann. Er hatte ja Publikum.
„Na, Elslein, wie geht es euch denn – dir und Klein-Wencke?“
Else richtete sich halb auf. Mit weitoffenen Augen starrte sie ihren Mann an. „Was sagst du da, Ditlef? Klein…“
„Wencke – nach deiner Mutter. Tante Agnete und ich haben gerade darüber gesprochen, und wir dachten, du wärest einverstanden.“
Mit einem Aufschluchzen warf Else ihrem Mann die Arme um den Hals. „Ach, Ditlef, tausend Dank! Wie lieb du bist!“
Hatte ich geglaubt, er werde nun verlegen sein, so hatte ich mich schwer getäuscht. Es bestand gar kein Zweifel, daß er sich selbst ungeheuer lieb fand.
Ich warf einen heimlichen Seitenblick zu Tante Agnete und stutzte. Mit der linken Hand führte sie das Taschentuch an die Augen, und mit der rechten tastete sie nach Elses Hand. Ich glaube, daß der Druck, den die beiden Hände sich in diesem Augenblick gaben, die Einleitung zu einem neuen und helleren Abschnitt in Elses Leben bedeutete.
Von etwas war ich überzeugt: Daß alle höheren Mächte mir meine Intrigen und mein Ränkespiel vergeben hätten.
In den Kreis aufgenommen
Die Wochen vergingen.
Ich ritt jeden Morgen,
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