Abgehakt
trauriger Natur und hatten ganz und gar nichts von einem Date. Ich glaube wirklich, dass ich eher seinen Beschützerinstinkt wecke, wie es sich eben für einen guten Polizisten gehört.«
»Das stimmt nicht«, sagte Franziska voller Überzeugung. »Er hat mir gesagt, wie sehr er dich mag.«
»Hat er?«, fragte Anne erstaunt. Sie musste an den zärtlichen Kuss von heute Morgen denken. Küsste so jemand, der nur Mitleid empfand?
41
Als Anne jetzt neben Carsten im Auto saß, blickte er immer wieder zu ihr herüber. Er wollte sie berühren, in die Arme nehmen, sie küssen … Fast schämte er sich wegen seiner Gedanken, die ihm egoistisch vorkamen, wenn er daran dachte, was sie durchgemacht hatte.
»Was siehst du mich so an? Das macht mich ganz nervös«, gestand sie.
»Entschuldige, aber ich staune über dein neues Aussehen. Du siehst umwerfend aus. Ich hätte nicht gedacht, dass du noch schöner werden könntest, als du es zuvor schon warst.«
Während er das sagte wusste er, dass er sich in Anne verliebt hatte. Ausgerechnet jetzt! Warum hatte er sie nicht unter anderen Umständen kennenlernen können? Er zwang sich, sie nicht mehr anzusehen, bis sie bei Martin im Präsidium waren.
Carsten hatte bereits am Morgen mit Martin telefoniert, um zu besprechen, was und wie viel sie Anne sagen konnten. Am Ende entschieden sie, nichts vor ihr geheim zu halten. Sicherlich würde es ein Schock für sie werden, aber es war doch nötig. Martin hatte Barbara Hansen gebeten, bei der Unterhaltung anwesend zu sein, für den Fall, dass Anne psychologischen Beistand brauchen würde.
Nun saßen die vier im Besprechungszimmer zusammen, und Martin berichtete Anne von den Morden und der Parallele mit den Briefen.
»Dann denken Sie«, fragte sie völlig logisch, »dass der Mörder es jetzt auf mich abgesehen hat?«
»Genau das!«
Ein schreckliches Gefühl der Beklemmung legte sich auf Annes Brust. »Aber warum lässt er mich nicht zufrieden? Ich habe doch im Grunde seine Forderung erfüllt und die Affäre beendet.«
»Es geht nicht mehr länger um die Affäre«, warf Barbara Hansen ein, »als vielmehr um Ihre Bestrafung.«
Martin nickte zur Bekräftigung dieser Aussage.
»Hat er mich denn mit dem Mord an Sunny und dem Überfall nicht genug bestraft?«
»Sie sind zur Polizei gegangen. Das stellt eine enorme Provokation dar.«
»Ich habe von Anfang an alles falsch gemacht!« Anne vergrub ihr Gesicht in den Händen.
»Nein. Sag das nicht!« Carsten strich ihr über den Rücken. »Der Einzige, der hier etwas falsch macht, und zwar gewaltig, ist dieser irre Mörder.«
»Irre ist er sicher nicht«, erklärte Barbara Hansen. »Ich lege meine Hand dafür ins Feuer, dass der Täter eher unauffällig lebt.«
Martin lehnte sich zurück. Das hatte er ja bereits von ihr gehört.
»Wahrscheinlich hat diese Person keine intensive Beziehung, weil sie selbst ein Problem damit hat. Trotzdem handelt es sich sicherlich um einen extremen Moralisten, bei dem die Ehe eine zentrale Rolle spielt. Also suchen Sie nach einem augenscheinlich normalen Menschen.«
»Warum haben sie mir die Haare abgeschnitten?«, wollte Anne wissen.
»Sie wollten Sie erniedrigen und Ihnen Angst einjagen«, sagte Barbara.
»Da stellt sich mir die Frage«, überlegte Martin laut, »warum der Täter das nicht selbst gemacht hat? Mal davon ausgehend, dass die beiden Männer tatsächlich angeheuert waren.«
»Ja, das wundert mich auch ein wenig«, pflichtete die Psychologin ihm bei. »Vielleicht schien dem Auftraggeber das Risiko zu groß zu sein.«
»Aber das Risiko, dass die Männer erwischt werden, geht er ein. Scheint mir nicht sehr logisch.«
»Mörder handeln nicht immer logisch.«
»Ich hoffe sehr, dass das Labor was rauskriegt.«
»Gibt es denn Spuren?«
»Ja, eventuell. Durch den Kampf mit einem der Männer fanden sich Mikrofasern unter Frau Degeners Fingernägeln, die wir untersuchen lassen. Der andere hat ihr über den Hals geleckt, sodass wir eine DNA-Probe haben.«
»Besonders clever scheinen die ja nicht gewesen zu sein«, urteilte die Psychologin.
»Bis wir aus der Richtung Ergebnisse haben, müssen Sie, Frau Degener, uns alles sagen, was Sie wissen oder vermuten. Fangen Sie vielleicht damit an, wer Ihrer Meinung nach von Ihrer Affäre gewusst hat.«
»Martin«, meldete Carsten sich zu Wort, noch bevor Anne beginnen konnte, »es wäre vielleicht klug, diesen Mark Linn dazuzuholen.«
»Ja, absolut richtig. Ich wollte später
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