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Abgeschnitten: Thriller (German Edition)

Abgeschnitten: Thriller (German Edition)

Titel: Abgeschnitten: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek , Michael Tsokos
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irgendjemand aus meinem Hals ein Ü-Ei schneidet.«
    »Und du willst Hannah retten«, warf Ender ein.
    »Richtig, und das ist der springende Punkt. Als du vorhin zu meinem Haus gekommen bist, wusstest du da schon, dass Herzfelds Tochter entführt wurde?«
    Ender schüttelte den Kopf. »Nein. Das hab ich erst später von dir erfahren.«
    »Und trotzdem hast du dem Professor geholfen, bevor du auch nur ahnen konntest, was hier alles auf dem Spiel steht. Weshalb?«
    Ender seufzte. Als er nicht antwortete, stemmte Linda sich beide Hände in die Hüfte.
    »Weil Paul mir auch schon mal den Arsch gerettet hat«, flüsterte er schließlich, machte eine kurze Pause und erklärte dann: »Als ich vor zwei Jahren hier anfing, war ich so ein Fifty-fifty-Typ. Die eine Hälfte der Belegschaft mochte mich, die andere wusste nicht, was sie von dem türkischen Popeye als Hausmeister halten sollte.«
    Linda musste zum ersten Mal über eine Bemerkung Enders lächeln.
    »Na ja, ich hatte auch keinen guten Start hier, das muss ich schon zugeben. Gleich der erste Arbeitstag ging voll in die Hose.«
    »Wie das?«
    »Ich hab dem Chefarzt meinen Lieblingswitz erzählt.«
    »Den mit der Cellulitis?«
    »Nee, den von dem Kind, das nach Hause kommt und zu seinem Vater sagt: ›Papa, der Markus in der Schule erzählt allen, ich wär schwul.‹ Sagt der Vater: ›Na, dann hau ihm doch eine runter.‹« Ender lächelte schon vor der Pointe. »Sagt der Sohn: ›Nee, der ist so süß.‹«
    Linda musste schmunzeln. »Lass mich raten, der Chefarzt war homosexuell?«
    Ender grinste. »Nee, dann hätten wir ja was gemeinsam gehabt.«
    Ach ja?
    Sie zog die Augenbrauen zusammen und wunderte sich, weshalb ihr Schwulenradar sie offenbar im Stich gelassen hatte. Normalerweise erkannte sie die sexuelle Orientierung ihres Gegenübers auf den ersten Blick. Einige ihrer besten Freunde waren vom anderen Ufer.
    »Ich bin noch unentschieden«, klärte Ender sie auf, der ihre Gedanken gelesen zu haben schien. »Wie dem auch sei, der Witz kam nicht so gut an, weil der Sohn des Chefarztes sich erst vor einer Woche geoutet und damit für einen handfesten Familienskandal gesorgt hatte, der der Öffentlichkeit auf Helgoland nicht verborgen geblieben war. Und von da an stand ich wohl auf der gleichen schwarzen Liste wie der ach so missratene Sprössling vom Boss.«
    »Und Herzfeld hat dich von dieser Liste wieder runtergeholt?«, fragte Linda.
    Sie begann, die Leiche der Richterin auszupacken, indem sie ein Ende des Teppichs umschlug. Ender räusperte sich erneut und musste husten. Offensichtlich war es ihm unangenehm, über die Vergangenheit zu sprechen.
    »Mehr als das. Vor anderthalb Jahren hat sich hier eine umgebracht. Eine Patientin, die ich oft im Rollstuhl spazieren gefahren habe. Sie konnte nach einem Schlaganfall nicht mehr gut laufen. Jedenfalls hab ich mich um sie gekümmert. Die, die mich nicht leiden konnten, beschimpften mich als anatolischen Erbschleicher. Und dann war ich am Ende tatsächlich der Letzte, den man mit ihr auf dem Gelände gesehen hatte, bevor sie sich samt Rollstuhl die Klippen hinunterstürzte.«
    »Man hat dich verdächtigt?«, fragte Linda das Nächstliegende.
    Ender wehrte ab, als wolle er nicht länger darüber reden, sagte dann aber: »Nur der Chefarzt. Für den war ich Ender bin Laden. Staatsfeind Nummer eins.«
    Linda zog an dem losen Teppichende und bat Ender, darauf zu achten, dass die Leiche beim Auswickeln nicht vom Tisch fiel. Ihre Vorgehensweise war anstrengend und sicher unorthodox,
aber verdammt, Paul, mehr kannst du von einer Comiczeichnerin nicht erwarten.
    »Und Herzfelds Obduktion hat dich entlastet?«, fragte sie.
    Die Leiche hatte sich um die eigene Achse gedreht, war aber noch vollständig vom Teppich bedeckt.
    »Besser noch«, antwortete er. »Paul hat den Abschiedsbrief der Frau am Ufer gefunden.« Ender sah sie bedeutungsschwer an. »Das war eigentlich gar nicht sein Job, die Polizisten vor Ort hatten geschlampt. Aber es ließ ihn nicht los. Zu einer Zeit, als sich alle schon auf mich eingeschossen hatten, machte er sich noch einmal alleine auf den Weg und fand den Brief, der mich raushaute.« Er lächelte. »Dafür bin ich Paul auf ewig dankbar, und deshalb helfe ich ihm bei diesem Wahnsinn und hoffe …«
    Ender kam nicht mehr dazu, den Satz zu vollenden. Die plötzlich einsetzende Dunkelheit verschluckte sein letztes Wort und mit ihm den gesamten Obduktionssaal.

29. Kapitel
     
    Zarrentin.
    D er Geruch war

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