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Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Titel: Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Nachfolger heranzubilden.
    Auf dem Marsch zum Rhein erreichte sie eine Schreckensmeldung. Sie erfuhren, dass nicht nur an den Grenzen und in einem am Rande gelegenen Herzogtum Abfall und Widerstand die Lage des Königs verschlimmerten. Auch in seiner Mitte krachte das Reich aus den Fugen.
    Otto hatte Herzog Eberhard von Franken einen Boten gesandt, der ihn an den bevorstehenden Hoftag erinnern und ihn auffordern sollte, nunmehr endlich mit seinem Aufgebot, das dringend benötigt wurde, zu ihm zu stoßen. Der Bote kehrte zurück und berichtete, er habe den Herzog nicht angetroffen. Auch mit den Panzerreitern sei nicht mehr zu rechnen, denn Herr Eberhard sei in eine blutige Fehde verwickelt. Mit wem? Mit Bruning und den Sachsen im Hessengau. Die Feinde vom vergangenen Jahr seien wieder übereinander hergefallen. Franken seien in Sachsen, Sachsen in Franken eingedrungen – mordend, brennend, zerstörend.
    „Wer hat angefangen?“, schrie Otto.
    |111| „Das konnte ich nicht herausbekommen“, sagte der Bote. „Sie haben wohl nur weitergemacht. Die Fehde war ja noch nicht entschieden.“
    „Ich hatte entschieden! Ich, der König! Ich hatte die Schuldigen bestraft!“
    „Das wissen sie. Aber die Leute auf Herzog Eberhards Burg sagten mir, Ihr hättet die Falschen bestraft, weil Ihr ein Sachse seid. Ich versuchte, die Sache zu erklären. Da musste ich machen, dass ich davonkam, sonst hätten sie mich auf der Stelle erschlagen.“
    Während der Zug des Königs sich auf der alten Römerstraße rheinabwärts bewegte und sich seinem Ziel, der Pfalz Stela, näherte, erfuhr man weitere Einzelheiten über die Gräuel in dem ausgedehnten, unübersichtlichen Grenzgebiet. Ganze Dörfer und sogar einige Burgen lagen in Trümmern, Hunderte auf beiden Seiten waren ums Leben gekommen. Die wütenden Rächer nahmen sich nicht einmal mehr die Zeit zu rauben, sie wollten nur noch Tod und Verderben bringen. Viele Bauernfamilien hatten sich in die Wälder geflüchtet.
    Zwischen dem Königspaar flammte nach jeder solchen Nachricht erneut ein Streit auf. Otto bereute bitter, dass die fränkischen Mordbuben, die im letzten Sommer die Burg Hellmern zerstört hatten, mit der Strafe des Hundetragens davongekommen waren. Hätte er alle vier hängen lassen, wäre jetzt Ruhe gewesen. Wer aber habe ihn zu dieser unangemessenen Milde gedrängt? Wer habe ihn schließlich noch überredet, diese Unholde zu beschenken? Ob seine fromme, der Welt entrückte Gemahlin, brüllte der König, für alles verantwortlich sein wolle, was nun die Folge sei – für so viel Mord und Vernichtung?
    Edgith erschrak vor der Last, die er ihr aufbürden wollte. Sie suchte sich zu verteidigen, musste aber bald einsehen, dass sie nur wenig Überzeugendes vorbringen konnte. Sie sprach von der Christenpflicht zur Vergebung, von ihrer ungebrochenen Hoffnung, mit Klugheit und Sanftmut auch rohe Gemüter erreichen zu können.
    Otto lachte laut auf und beklagte die Einfalt seiner Gemahlin.

|112| 16
    Sie erreichten die Pfalz Stela und waren dort nur noch achtzig bis hundert Meilen vom Schauplatz der blutigen Kämpfe im tiefsten Innern des Reiches entfernt. Diesmal war nicht einer der vier Stammesherzöge zum Hoftag erschienen. Nur wenige hundert Männer begrüßten das Königspaar. Die Hochrangigsten waren Grafen und Bischöfe kleinerer Gaue und Kirchenbezirke, die meisten aus Sachsen, einige aus Franken und Schwaben. Otto freute sich, dass Konrad Kurzbold und dessen junger Namensvetter, der „Rote“ genannt, dabei waren. Tief besorgt über das, was sich in der Nähe ereignete, erklärten sich die beiden bereit, sich selbst als Boten des Königs ins Kampfgebiet zu begeben, die Häupter der Fehde noch einmal dringend zu laden und sie aufzufordern, ihre Sache dem Königsgericht zur Entscheidung vorzulegen.
    Von Tag zu Tag verschob Otto den Beginn der Reichsversammlung. Zur Unterhaltung der schon Anwesenden veranstaltete er Waffenspiele, an denen er aber selbst nicht teilnahm. Das war ungewöhnlich, denn er war ein begeisterter und geübter Reiter und Fechter. Stattdessen hockte er auf seinem erhöhten Sitz unter den Zuschauern, folgte den Darbietungen zerstreut, knetete die schweißfeuchten Hände und führte unentwegt murmelnd Selbstgespräche. Immer wieder starrte er zu dem Eichengehölz hinüber, durch das sich der Weg von Norden und Osten auf seinem letzten Stück hindurch wand. Dort mussten sie herauskommen – alle, die so sehnlich erwartet wurden.
    Das waren nicht nur die

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