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Abgrund: Roman (German Edition)

Abgrund: Roman (German Edition)

Titel: Abgrund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watts
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und stößt sie nach vorn. Ihre Implantate schlingern gegen ihren Brustkorb.
    »Mann, Lenie!«, ertönt Branders Stimme dicht an ihrem Ohr. »Passen Sie doch auf!«
    Er hat sie im Vorbeischwimmen erwischt. Clarke streckt die Hand aus und bekommt die Leine zu fassen, an der Brander und Caraco hängen. Sie ist nur so breit wie ein Finger und zu glitschig, um sich daran festzuhalten. Sie wirft einen Blick zurück und sieht, dass die anderen sie sich unter den Armen hindurch um den Oberkörper geschlungen haben, wodurch ihre Hände weitgehend frei bleiben. Sie versucht, es ihnen gleichzutun, während sie den Wasserwiderstand im Rücken spürt. Caraco ruft nach Nakata.
    Diese kann sich nicht recht überwinden loszulassen. Das spüren sie, obwohl sie sie nicht sehen können. Brander schaukelt hin und her und bewegt seinen Körper wie ein Steuerruder. Die drei schwingen in einem großen Bogen herum, in der Mitte der Leine festgeknotet. »Kommen Sie schon, Alice! Werden Sie ein Teil des menschlichen Drachens! Wir fangen Sie auf!«
    Und dann kommt Nakata schließlich doch zu ihnen, wenngleich auf ihre Weise. Sie klettert seitwärts gegen die Strömung voran, Stück für Stück, bis sie die Stelle gefunden hat, wo die Leine am Deck verankert ist. Jetzt lässt sie sich vom Wasserwiderstand an der Leine entlang bis zu ihnen treiben.
    Clarke ist es schließlich gelungen, die Leine um ihren Körper zu schlingen. Durch die Geschwindigkeit gräbt sich das Seil in ihre Haut; es fängt bereits an wehzutun. Sie fühlt sich nicht wie ein menschlicher Drachen, sondern eher wie ein Köder am Haken. Sie dreht sich zu Brander um und deutet auf die Leine. »Was ist das eigentlich?«
    »Eine VLF-Antenne. Sie wurde ausgerollt, als wir es erschreckt haben. Wahrscheinlich ruft es um Hilfe.«
    »Aber es wird niemand kommen, oder?«
    »Nicht auf dieser Seite des Ozeans. Wahrscheinlich setzt es nur eine letzte Nachricht ab, damit seine Besitzer wissen, was geschehen ist. Eine Art Abschiedsbrief.«
    Caraco, die ein Stück weiter vorn in der Leine hängt, dreht sich daraufhin um. »Abschied? Wollen Sie damit sagen, dass sich diese Dinger womöglich selbst zerstören können?«
    Plötzliche Besorgnis breitet sich unter dem menschlichen Drachen aus. Alice Nakata kommt in ihre Mitte gepurzelt.
    »Vielleicht sollten wir es ziehen lassen«, sagt Clarke.
    Nakata nickt nachdrücklich. »Es ist nicht glücklich.« Ihre Beunruhigung durchdringt die anderen wie eine Warnleuchte.
    Es dauert eine Weile, bis sie sich von der Antenne gelöst haben. Sie peitscht an ihnen vorbei und zieht einen kleinen Schwimmer hinter sich her, einem Verkehrskegel gleich. Clarke gerät ins Taumeln und lässt sich vom Wasser abbremsen. Das Getöse der Maschine verwandelt sich in ein leises Brummen und ist schließlich nur noch eine leise Vibration.
    Die Rifter schweben schweigend im Wasser.
    Caraco richtet eine Echolotpistole nach unten und drückt auf den Abzug. »Himmel. Wir sind beinahe dreißig Meter vom Meeresboden entfernt.«
    »Haben wir die Tintenfische verloren?«, fragt Brander. »Dieses Ding war wirklich schnell.«
    Caraco hebt die Pistole und nimmt noch einige Messungen vor. »Hab sie gefunden. Sie sind gar nicht so weit entfernt. Ich … Moment mal.«
    »Was ist?«
    »Es sind fünf. Und sie kommen rasch näher.«
    »Ken?«
    »Hm-mh.«
    »Na gut. Dann müssen wir wenigstens nicht schwimmen«, sagt Brander.
    »Haben Sie …«
    Sie drehen sich um. Nakata beginnt noch einmal: »Haben Sie das auch gespürt?«
    »Was denn?«, fragt Brander, doch Clarke nickt.
    »Judy?«, fragt Nakata.
    Caraco strahlt Widerwillen aus. »Ich … Vielleicht war da irgendetwas. Ich konnte es nicht richtig einordnen. Ich habe geglaubt, es wäre einer von uns.«
    »Was«, sagt Brander. »Der Schlammwühler? Ich dachte …«
    Eine schwarze Gestalt steigt in ihrer Mitte auf. Der Tintenfisch schwimmt von unten zu ihnen herauf wie eine langsame Rakete. Als der Mann ihn loslässt, bleibt er über ihnen stehen. Ein paar Meter weiter unten schaukeln vier weitere Tintenfische ruhelos auf der Stelle, die Vorderseite nach oben gerichtet.
    »Die haben Sie wohl verloren«, ertönt Lubins surrende Stimme.
    »Danke«, erwidert Brander.
    Clarke konzentriert sich auf Lubin und versucht, sich in ihn einzufühlen. Doch das ist ein sinnloses Unterfangen; Lubin bleibt genauso undurchsichtig wie immer. Selbst die Feinabstimmung hat daran nichts ändern können, auch wenn niemand den Grund dafür kennt.
    »Also, was ist

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