Abiona - Das Bündnis (German Edition)
Opferhaltung beruht! Das verwechseln wir oft mit Liebe oder Hilfe zum Aufstieg. Aber genau genommen ist es Verrat. Verrat an deiner eigenen Seele.«
Eldana sah Shekowah bestürzt an. »Aber ich habe mich nicht… zum Opfer gemacht!«, sagte sie bestimmt und blickte plötzlich an ihm vorbei. »Ich würde mich niemals für einen… einen Dämon opfern.«
Shekowah atmete schwer aus und trat auf eine Zeichnung zu, bei der Falfarev unterschiedlich dicke Strichstärken versuchshalber übereinander geschichtet hatte. Das, was dabei entstanden war, sah aus, wie aus Kohlestaub gewebter Stoff. Shekowah strich vorsichtig über die Oberfläche und betrachtete seinen leicht angeschwärzten Finger. Dann drehte er sich wieder zu Eldana um. »Nun gut, du magst das so sehen und es gehört eh der Vergangenheit an. Vielleicht sollten wir erst einmal darüber nachdenken, was wir in naher Zukunft tun können, um Abiona zu helfen.«
Eldana antwortete nicht, sondern begann damit, unorganisiert den Tisch abzuräumen, selbst tief in Gedanken versunken. Schließlich fragte sie: »Was meinst du, tut Mel da mit Ionason? Könnte es Abiona irgendwie helfen?«
Shekowah schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht«, sagte er verhalten und stützte sich auf die Tischkante. »Aber sie tut bestimmt das Richtige. Sie kennt keine Trennung zwischen den Welten.« Er tastete nach der Weinflasche, doch Eldana ergriff plötzlich seine Hand. »Und was ist das Richtige für mich…, Shekowah?«
Ihre Hand war kalt und zitterte leicht und schon wollte sie sie wieder zurückziehen, doch der König hielt sie unwillkürlich fest. Und obwohl sein Verstand ihm riet, ihr zu sagen, dass er nicht wusste, was richtig für sie war, entschied sich sein Herz plötzlich anders. Während er ihr über die kühle Hand strich, antwortete er leise: »Zunächst einmal musst du dich noch ein letztes Mal Ionason stellen. Rede mit ihm und schicke ihn fort. Ich glaube, er ist gebunden an deine Bedürftigkeit und an dein Opfer. Er wird dich, diese Welt und Abiona erst dann verlassen, wenn du es ihm gestattest.«
Eldana fing seinen warmen Blick auf und eine leichte Röte überzog ihre sonst blassen Wangen. »Aber was ist, er mich ein zweites Mal besetzt? Was, wenn ich ihn nicht abwehren kann? Was, wenn er mich bedroht?«
Shekowah sah sie mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck an. »Dann bin ich da«, sagte er schlicht. »Ich möchte nur, dass du das weißt.«
Er ließ den Blick kurz auf ihre zusammengeführten Hände gleiten. Dann lächelte er sie traurig an: »Aber ich glaube nicht, dass du mich brauchst, denn du bist deinen Weg bisher immer ohne mich gegangen.« Er senkte den Blick und hob langsam ihre linke Hand, die immer noch in seiner Rechten ruhte. Dann streckte er allmählich seine Finger aus und sie tat es ihm nach, so dass sich ihre Handflächen schließlich berührten. Sein Blick war warm und leuchtend und sein ganzes Sein bestand aus einer einzigen Botschaft, die sie intuitiv entschlüsselte. »Das ist nicht wahr«, hauchte sie und starrte ihn ungläubig an.
»Es war schon immer wahr«, flüsterte er verhalten. Seine Finger glitten in ihre Zwischenräume und umfingen sanft ihre Hand. »Ich habe dich immer gehen lassen, Eldana, auch wenn es mir schwer fiel. Aber du sollst wissen, dass ich auf dich warte, wenn du deinen Weg beendet hast. Am Ende aller Zeiten, am Ende aller Welten, in der Unendlichkeit des Seins.« Er führte ihre Hand zu seinem Mund und drückte ihr einen leichten Kuss auf den Handrücken. Dann verneigte er sich kurz vor ihr, ließ ihre Hand wieder los und trat einen Schritt zurück.
Eldana schaute ihn wie versteinert an. Dann schüttelte sie den Kopf, trat sie auf ihn zu und legte ihm ihre Arme um den Hals. »Ich will nicht mehr warten«, flüsterte sie und versenkte ihren Blick in seine Augen.
Nun war es Shekowah, der sie sprachlos ansah. Sie aber lächelte plötzlich und zog seinen Kopf sachte zu sich hinab. Ihre Lippen trafen sich, ohne dass Shekowah es verstand. Und doch gab er sich ganz der süßen Vergessenheit einer sterbenden Sehnsucht hin, wohl wissend, dass er hier von Niemandem, nicht einmal von den Dämonen der Unterwelt, observiert werden konnte.
Keine Rückkehr
Als Torfun die Höhle verlassen hatte, erwartete ihn die sandfarbene Katze am Bach. Einige Worte des Austauschs genügten, um sich zu verständigen. Da trat ein Schatten aus dem Wald und näherte sich ihnen zügig. Torfun wirkte überrascht, doch er ergriff als Erster das
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