About a Boy
Baseballkappe, die Mr.-Blobby-Platte und so weiter, aber was sie so vielsagend wirken ließ, war der ostentative Gegensatz zu dem freudlosen kleinen Stapel, mit dem Fiona Marcus früher am Tag beschenkt hatte: ein Pullover, an dem er in der Schule nicht viel Freude haben würde (er war sackartig, flauschig und betont unkonventionell), ein paar Bücher und Klaviernoten - unschwer als dezente und ausgesprochen fade mütterliche Mahnung zu erkennen, dass Marcus seit einiger Zeit seine Klavierstunden vernachlässigte. Marcus zeigte ihm diese klägliche Ausbeute mit einem Stolz und einer Begeisterung, die Will beinahe das Herz gebrochen hätten … »Und ein echt schöner Pullover, und diese Bücher sehen auch richtig interessant aus, und dann die Noten, weil irgendwann, wenn ich … wenn ich mehr Zeit dazu habe, dann kann ich richtig loslegen … « Will hatte bisher nie recht gewürdigt, was für ein lieber Junge Marcus war. Bisher hatte er immer nur seine exzentrische, schwierige Seite gesehen, wahrscheinlich, weil er sonst nicht viel zu sehen bekommen hatte. Aber Marcus war lieb, das erkannte Will nun. Er war nicht lieb im Sinne von »folgsam« und »gefügig«; es war eher eine von Grund auf liebe Wesensart, mit der er einen Haufen Schrottgeschenke ansah und erkannte, dass sie mit Herz und mit Bedacht ausgesucht waren, und das genügte ihm. Es war nicht einmal so, dass Marcus es vorzog, sein Glas als halbvoll zu betrachten - Marcus’ Glas war zum Überlaufen voll, und er wäre erstaunt und verblüfft gewesen, hätte man ihm erklären wollen, dass es Kinder gab, die ihren Eltern den flauschigen Pullover und die Noten an den Kopf geschmissen und eine Sony Playstation verlangt hätten.
Will wusste, dass er selbst nie derart lieb sein könnte. Ihm würde beim Anblick eines flauschigen Pullovers nie ein Grund einfallen, warum der genau richtig für ihn war und er ihn Tag und Nacht tragen sollte. Er würde ihn sich ansehen und sofort denken, dass der Mensch, der ihm den gekauft hatte, ein Arschgesicht war. So machte er es immer: Wenn er einen Kerl um die fünfundzwanzig auf Rollerskates und mit Sportsonnenbrille die Upper Street entlang flitzen sah, fielen ihm nur drei Dinge ein: entweder 1) Was für ein Arschloch, oder 2) Für wen hältst du dich eigentlich?, oder 3) Wie alt bist du? Vierzehn? Er ging davon aus, dass jeder in England so war. Niemand würde beim Anblick eines Kerls mit Sportsonnenbrille und Rollerskates denken, hey, sieht der cool aus, oder, wow, so macht Fitbleiben Spaß. Sie dachten alle bloß: Wichser. Nicht so Marcus. Marcus nähme den Typ entweder gar nicht wahr, oder er stünde staunend und voller Bewunderung mit offenem Mund da. Das war nicht einfach eine Begleiterscheinung des Kindseins, denn wie Marcus zu seinem Leidwesen wusste, gehörten alle seine Klassenkameraden der Was-für-einArschloch-Fraktion an; es war eine Begleiterscheinung davon, Marcus zu sein, Fionas Sohn. In zwanzig Jahren würde er wahrscheinlich mit geschlossenen Augen singen und die Tabletten flaschenweise schlucken, aber wenigstens freute er sich über seine Weihnachtsgeschenke. Dafür würde er sich in den langen Jahren, die noch vor ihm lagen, nicht viel kaufen können.
23
Es hatte schon etwas für sich, eine Mutter und einen Vater zu haben, die keine gemeinsamen Entscheidungen trafen, fand Marcus: Auf diese Weise bekam man zu Weihnachten das Beste aus beiden Welten. Man bekam Sachen wie Pullover und Noten, die man brauchte, aber man bekam auch Computerspiele und andere tolle Sachen. Und wenn seine Mutter und sein Vater noch zusammen wären, wie würde Weihnachten dann aussehen, nur zu dritt? Ganz schön langweilig, wahrscheinlich. So war es mehr wie eine Party, mit Will und Lindsey und, na ja, wenn er ehrlich war, lag ihm an Lindseys Mutter nicht viel, aber irgendwie trug sie dazu bei, das Zimmer voller zu machen.
Nach der Bescherung gab es Mittagessen, eine Art Teigring, der wie ein großer Doughnut aussah, nur aus Blätterteig und mit einer köstlichen Sahne-Pilzsoße in der Mitte, und danach gab es Weihnachtspudding, in dem 5-Pence-Stücke versteckt waren (Marcus fand zwei in seiner Portion), und dann rissen sie Knallbonbons auf und setzten die Papphüte auf, nur wollte Will seinen nicht lange aufbehalten. Er meinte, er bekäme Kopfjucken davon.
Nachdem sie sich im Fernsehen die Queen angesehen hatten (das wollte eigentlich niemand, nur Lindseys Mutter, und alte Leute bekamen nach Marcus’ Erfahrung immer ihren
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