Abrechnung: Ein Fall für Kostas Charitos (German Edition)
erwischt, kommt ihr wegen Brandstiftung vor Gericht.«
Er denkt darüber nach und meint dann: »In Ordnung.« Drohend fügt er hinzu: »Aber dich habe ich auf dem Kieker.« Dann wendet er sich an seinen Haufen. »Los!«, ruft er kurz, ohne sich von der Stelle zu rühren. Anscheinend will er abwarten, bis wir abgezogen sind.
Die Feuerwehrleute machen sich ans Werk, und ich fordere die Polizeitruppe mit einer Geste zum Abmarsch auf. Dabei frage ich mich, wie viele von ihnen am liebsten mit fliegenden Fahnen ins andere Lager überlaufen würden.
Es ist fast zwei Uhr nachts, als sich die Lage entspannt und die Krankenwagen die Opfer abtransportieren können. Die traurige Bilanz lautet: ein Toter und zwanzig Verletzte.
Als ich zu Hause bin, ist es fast drei. Katerina und Fanis sind gegangen, und Adriani hat sich schlafen gelegt. Sie protestiert murmelnd, als ich neben ihr ins Bett falle, da ich sie geweckt habe. Ich bin todmüde, aber ich mache die ganze Nacht kein Auge zu, denn mir gehen die Worte, die der Anführer über Katerina gesagt hat, nicht aus dem Kopf.
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Terror, der; -s [lat. ›Schrecken‹]: 1. Zwang; Druck [durch Gewaltanwendung]. 2. Schreckensherrschaft: [systematische] Verbreitung von Angst u. Schrecken durch Gewaltaktionen (bes. zur Erreichung politischer Ziele): Laut LENIN ist die Anwendung von Gewalt (›Roter Terror‹) in der Auseinandersetzung mit dem ›Klassenfeind‹ gerechtfertigt, bes. dann, wenn dieser auch zu gewalttätigen Mitteln (›Weißer Terror‹) greift.
Das Dimitrakos-Lexikon enttäuscht mich erneut, doch ein Stück weit habe ich Verständnis dafür. Zu Lebzeiten des Verfassers gab es weder die Terrorgruppe »17. November« noch den »Revolutionären Kampf«, und der Weiße Terror war damals noch nicht so passé wie heute. Wobei man einwenden könnte, dass es durchaus Weißer Terror ist, wenn der Staat jetzt zu autoritären Mitteln greift, um uns die Gehälter, die Renten und die Zulagen zu kürzen.
Die einzige, wirklich passende Interpretation ist die der Schreckensherrschaft. Und die trifft auf den Militärputsch vom 21. April 1967 zu.
Mit diesen Gedanken gehe ich in die Küche, um meinen ersten und darüber hinaus selbstgemachten Kaffee des Tages zu trinken. Der zweite folgt dann auf der Dienststelle. Dass ich Adriani fertig angezogen vorfinde, verblüfft mich, denn normalerweise treibt sie sich nicht schon im Morgengrauen in der Stadt herum.
»So früh schon ausgehfertig?«
»Ich wollte Anchovis und ein paar Sardinen vom Fischmarkt holen. Die gare ich dann im Ofen in Zitronensoße.«
Ich erinnere mich, dass Adriani den Fischladen im Viertel meidet, weil er ihrer Meinung nach zu teuer und die Ware nicht wirklich frisch ist, sondern nur immer wieder mit Wasser angesprüht wird.
»Und da ziehst du im Morgengrauen los?«
Sie wirft mir einen herablassenden Blick zu. »Lieber Kostas, wann warst du das letzte Mal einkaufen? Als du auf der Polizeischule warst? Auf dem Markt kriegst du früh morgens frischen Fisch. Je später du aufstehst, desto schlechter die Ware.«
Ich beschließe, die Diskussion nicht länger fortzusetzen, da sie auf dem Gebiet sowieso alles besser weiß. Stattdessen schlage ich ihr vor, sie bis zum Vassilissis-Sofias-Boulevard mitzunehmen, wo sie in den Trolleybus zum Omonia-Platz steigen kann.
»Wann warst du gestern Abend zu Hause?«, fragt sie mich im Auto.
»So gegen drei Uhr morgens. Bist du schon früh schlafen gegangen?«
»Ja, gleich als die Kinder weg waren. Was soll ich mir denn im Fernsehen angucken, Kostas? Den Hass? Hier hasst doch mittlerweile jeder jeden.«
»Du übertreibst. So schlimm ist es auch wieder nicht.«
»Findest du? Wir hassen die Deutschen, und die Deutschen hassen uns. Wie so viele andere Nationen. Wir hassen die Ausländer und wollen sie loswerden, dabei wollen die nicht mal bei uns bleiben, sondern in andere europäische Länder weiterreisen – und da sie in Griechenland in der Falle sitzen, hassen sie uns. Nur die Familie hat der Hass noch nicht vergiftet.«
Ich muss mich zurückhalten, um ihr nicht von Familie Demertsis zu erzählen und ihre letzte Burg zu schleifen. Vor dem Hilton setze ich sie ab, damit sie zur Bushaltestelle hinüberwechseln kann.
»Eigentlich ist es gar nicht so kompliziert, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Dienststelle zu fahren«, meint sie.
»Nein, man muss nur am Evangelismos-Krankenhaus in den Trolleybus umsteigen.«
»Und warum tust du das nicht? Die Fahrkosten werden dir
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