Abrechnung: Ein Fall für Kostas Charitos (German Edition)
protestiere ich empört, als wir im Arbeitszimmer meiner Tochter sind. »Diese alten Knacker sollen dich beschützen? Wenn das die angekündigte Überraschung ist, dann gute Nacht.«
»Das sind die besten Leibwächter, die ich haben kann, meint Lambros, denn keiner wird es wagen, die Hand gegen alte Leute zu erheben.«
»Wenn man sie für Albaner oder Georgier hält, wird man sie trotzdem angreifen. Die machen keinen Unterschied zwischen alt oder jung. Die schlagen auf jeden ein, der ihnen in die Quere kommt.«
»Er hat allen Klarsichthüllen besorgt, damit sie ihren Personalausweis mit einer Schnur um den Hals tragen können. Niemand kann dann behaupten, dass sie keine Griechen sind.«
Das nimmt mir den Wind aus den Segeln, und ich muss zugeben, dass die Idee zwar völlig absurd, aber wirksam ist. Wer könnte Katerina besser beschützen als diese Rentner? Die einzige Alternative wären professionelle Bodyguards gewesen. Aber das Geld reicht mir ja nicht mal fürs Benzin.
»Was hast du über Theologis herausbekommen?«, frage ich, um das Thema zu wechseln.
»Papa, der Student, der seine Doktorarbeit geprüft hat, hat ins Schwarze getroffen. Theologis hat aus einer Publikation eines deutschen Professors für Strafrecht abgeschrieben. Er hat ganze Passagen wortwörtlich übernommen.«
»Und das hat keiner gemerkt?«
»Die einfachere Erklärung dafür ist, dass man ihm den Titel sowieso geben wollte und seine Arbeit deshalb nicht mal gelesen wurde. So etwas passiert nicht zum ersten Mal. Als ich Uli davon erzählt habe, hat er einen Lachanfall bekommen und gesagt: ›Weißt du, wie viele solcher Dissertationen in Deutschland gerade auffliegen?‹ Aber das ist noch nicht alles.«
»Ja? Was denn noch?«
»Der Professor, der die Arbeit damals begutachtet hat, ist ein gewisser Stefanidis. Diese Tatsache finde ich bemerkenswert. Ich habe zwar nicht bei ihm studiert, aber er gilt als Koryphäe seines Fachs. Wie konnte er ein solches Plagiat durchgehen lassen?«
»Weißt du vielleicht, wie ich ihn finden kann?«
»Er muss seit Jahren emeritiert sein, aber im Sekretariat der juristischen Fakultät kann man dir sicher weiterhelfen.«
Sofort betraue ich Koula telefonisch mit der Adresssuche und bitte sie, mir bis morgen früh Bescheid zu geben. Ein Besuch bei Stefanidis lohnt sich bestimmt. Ich hoffe nur, dass er noch unter den Lebenden weilt. Möglicherweise lässt sich ihm etwas Interessantes entlocken. Das Motiv in Theologis’ Fall könnte ja auch zur Aufklärung des Mordes an Demertsis führen.
»Kommst du zum Essen?«, frage ich Katerina.
»Klar, und Onkel Lambros auch. Ich habe ihn eingeladen, weil er mir diese tolle Leibgarde besorgt hat.«
Ihr helles Auflachen ist wie eine frische Brise, die den dichten Nebel aus Frust und Mutlosigkeit, der auf mir lastet, kurzerhand auflöst und die Sorgenfalten von meiner Stirn vertreibt.
»Herr Jannis, Herr Christos, Herr Stefanos, Herr Antonis, vielen Dank!«, sagt sie zu den vier Gentlemen. »Heute brauche ich Sie nicht länger. Mein Vater wird mich begleiten.«
»Dann kommen wir morgen früh wieder hierher?«, fragt einer.
»Nicht nötig, da bin ich die ganze Zeit im Büro, aber übermorgen. Da habe ich um acht Uhr früh einen Gerichtstermin.«
Als die vier aufbrechen, frage ich Katerina nach Mania.
»Sie ist gerade auf Sendung. Heute ist sie an der Reihe.«
Die Strecke von Katerinas Büro zu uns nach Hause bildet den zweiten Teil meiner Abschiedsfahrt mit dem Seat. Als wir in der Wohnung ankommen, ist Adriani nirgends zu sehen.
»Mama!«, ruft Katerina, während ich mir schon denken kann, wo sie ist.
»Komm mit«, sage ich zu Katerina und führe sie in ihr altes Zimmer.
Dort sitzt Adriani vor dem Computer und hört Manias Sendung. Sie lauscht so andächtig, dass sie uns zunächst gar nicht bemerkt.
Als sie den Computer ausmacht, fragt sie Katerina verwundert: »Ihr habt ein Jobcenter eröffnet?« Auch ich werfe meiner Tochter einen erstaunten Blick zu.
»Nein, aber Pavlos und seine Freunde. Sie haben zwei Beratungsstellen für junge Arbeitslose eingerichtet: die eine im Obdachlosenheim, die andere im Nachhilfeinstitut. Um sie vom Auswandern abzuhalten, schlagen sie den Leuten verschiedene Alternativen vor, was sie hier vor Ort machen können.«
»Hoffnung ist wirklich ein passender Name für euren Sender«, meint Adriani. »Obwohl die Lage ausweglos erscheint, tut ihr alles, um eure Hörer zu überzeugen, dass man die Hoffnung nicht aufgeben darf. Das
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