Abrechnung: Ein Fall für Kostas Charitos (German Edition)
ist toll!«
Katerina strahlt befriedigt, da sie von ihrer Mutter nicht allzu oft ein Lob zu hören kriegt.
Das Süßholzraspeln wird von Sissis’ Eintreffen unterbrochen. Zuerst küsst er Adriani, dann Katerina. Mich fertigt er mit einem »’n Abend« ab.
»He, Lambros, wie soll das gehen, dass diese Senioren meine Tochter beschützen?«, frage ich ihn, als Adriani in der Küche verschwunden ist. Wir haben ihr nichts von der Drohung gegen Katerina gesagt, damit sie sich nicht Tag und Nacht Sorgen macht.
»Zu ihrem Schutz gab’s nur zwei Möglichkeiten – entweder Schlägertypen oder Rentner«, entgegnet mir Sissis augenzwinkernd. »Diese Pseudo-Nationalisten sind zwar Hohlköpfe, aber auch nicht so blöd, dass sie vier alte Männer attackieren und so die Öffentlichkeit gegen sich aufbringen. Mach dir keine Sorgen, Katerina ist in den besten Händen.«
Fanis ist heute Abend nicht dabei, da er Nachtdienst hat. Somit sind wir vollzählig, nehmen am Tisch Platz, und Adriani trägt die Bohnensuppe auf. Als Beilage serviert sie geräucherte Makrele, Oliven und Radieschen.
»Deine Bohnensuppe ist ein Gedicht, Adriani«, sagt Sissis nach dem ersten Löffel. In der Zwischenzeit sind die beiden nämlich zum Du übergegangen. »Lass dir das von einem gesagt sein, der sich zeit seines Lebens in erster Linie von Bohnensuppe ernährt hat. Wäre jede verspeiste Bohne ein Geldstück, säße ich jetzt in einer Villa in Ekali.«
»Drachmen und Bohnen verhalten sich umgekehrt proportional zueinander«, sage ich zu Sissis. »Sinkt der Kurs der Drachme, steigt der Wert der Bohnensuppe. Dementsprechend habe ich jetzt beschlossen, den Seat aus dem Verkehr zu ziehen und mit dem Bus zur Arbeit zu fahren.«
Adriani und Katerina blicken auf, während Sissis unbeeindruckt weiterisst.
»Schau nicht so, es war doch deine Idee«, wende ich mich an Adriani. »Und du hast ja recht, wir müssen den Gürtel noch enger schnallen.«
»Immerhin hast du noch Arbeit und musst nicht ins Jobcenter zur Beratung. Also hör auf zu jammern«, lautet ihr trockener Kommentar.
»Richtig, Kommissar. Es wird dir nicht schaden, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Mein ganzes Leben lang bin ich schon so unterwegs, und wenn ich kein Geld für die Fahrkarte habe, gehe ich eben zu Fuß.«
Ich weiß nicht, ob es das Fehlen jeglichen Mitgefühls ist, was mich verletzt, oder ob mich der Verzicht auf den Seat schmerzt, der mir etliche Jahre treu gedient hat. Wenigstens ist es nicht der Mirafiori, den ich einmotten muss. Denn das hätte mich noch härter getroffen.
»Hat dir Katerina von der Beratungsstelle erzählt, die Pavlos und seine Freunde aufgemacht haben?«, fragt Adriani Sissis.
»Klar, ich seh die ja täglich, da sie im Obdachlosenheim untergebracht ist. Die jungen Berater setzen auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und haben eine ellenlange Liste angelegt mit allen nur erdenklichen Berufsfeldern, von der biologischen Landwirtschaft über Rentenberatung bis hin zur Energiegewinnung mit Hilfe von Fotovoltaik-Anlagen und Windparks. Die meisten Jobs sagen mir nichts, da es sie zu meiner Zeit noch nicht gab. Obwohl sie wenig Konkretes zu bieten haben, setzen sie alles daran, ihre Altersgenossen davon zu überzeugen, im Land zu bleiben.«
»Not macht erfinderisch, Onkel Lambros«, erwidert Katerina.
»Du kannst die Armut nur bekämpfen, wenn du sie akzeptierst«, hält ihr Sissis entgegen. »Nachdem du sie angenommen hast, kannst du etwas dagegen tun. Die jungen Leute um Pavlos haben diesen Schritt getan. Aus diesem Grund sind sie handlungsfähig. Genau dasselbe tut auch dein Vater. Er hat akzeptiert, dass er sich den Luxus eines Privatwagens nicht mehr leisten kann. Die meisten Griechen trauern immer noch ihrem verlorenen Reichtum hinterher, der ohnehin nur eingebildet war. Solange sie das tun, werden sie ihrer Armut nicht entkommen können.«
»Lass den Wagen jedenfalls nicht vor der Tür stehen«, sagt Adriani zu mir. »Stell ihn lieber in der Garage des Präsidiums ab. Hier wissen alle Nachbarn, dass du bei der Polizei bist. Morgen schon könnte dir einer die Scheiben einschlagen, weil er bei einer Demo Tränengas abbekommen hat.«
Adriani Charitou. Spezialgebiet: gesunder Menschenverstand.
27
Ich stelle den Seat bis auf weiteres in der Garage des Präsidiums ab, hole mir zum Trost einen Kaffee und fahre in die dritte Etage hoch.
Auf meinem Schreibtisch liegt der ballistische Untersuchungsbericht. Die für Theologis’ Ermordung
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