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Abschied in Dunkelblau

Abschied in Dunkelblau

Titel: Abschied in Dunkelblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John D. MacDonald
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sie in ein Lokal, wo wir ein gutes Mittagessen bekamen, und brachte sie wieder zurück. Sie ging an Bord. Ich schleppte ihre Koffer hinterher. Sie sah sich mit mildem Interesse gemächlich um. Ich verstaute ihre Sachen in der zweiten Kabine. Sie duschte und ging zu Bett.
    Die Post von neun Tagen verstopfte meinen Briefkasten. Ich mistete sie aus, übrig blieben einige Rechnungen und zwei persönliche Briefe. Ich rief Chook an. Sie wollte wissen, wo zum Teufel ich abgeblieben war. Es freute mich, daß Cathy es ihr nicht verraten hatte. Ich sagte ihr, ich wäre bei einem kranken Freund gewesen. Sie gab mir Cathys Nummer. Ich rief dort an. Sie klang sehr zurückhaltend, meinte aber, sie sei alleine und ich könne vorbeikommen, dann sagte sie mir, wo sie wohnte. Es war drüben in der Stadt, im oberen Stockwerk einer billigen Doppelhaushälfte hinter einem der Ladenzeilen entlang der Bundesstraße Eins. Pizza, Echt Runderneuerte Reifen, Smittys Blechnerei, Zollauslieferung. Sie lebte hinter Neonleuchten und vom Wind zerfetzten Fahnen, die längst vergessene Schlußverkäufe ankündigten.
    Da oben war es brütend heiß. Überall nackter Putz, ausgefranste Korbflechtmöbel, Strohmatten und alte Bambusregale. Ein großer Ventilator ächzte und stöhnte über einem Fenster und blies die warme Luft nach draußen. Sie trug schmuddelige Shorts und ein verblichenes Top. Cathy erklärte mir, daß sie sich die Wohnung mit einer anderen Tänzerin aus der Truppe sowie mit einem Mädchen teilte, das beim Lokalfernsehen arbeitete. Sie hatte zwei Kartentische aufgestellt und war dabei, neue Kostüme für die Truppe zu nähen. Extra Geld, erklärte sie und bot mir Eistee an.
    Ich setzte mich in einen Korbstuhl in die Nähe des heißen Ventilatoratems und erzählte ihr von Mrs. Atkinson. Nicht alles. Sie arbeitete und hörte dabei zu. Als ich mich anlehnte, klebte mein Hemd an dem Weidengeflecht. Es war August geworden, ohne daß ich es gemerkt hatte. Sie sauste zwischen den Tischen hin und her, schnippelte und nadelte, bückte sich und verrenkte sich, und ich war von ihren gut gebauten, sehnigen Beinen, die vor Schweiß glänzten, und von ihrem felsenfesten runden Tänzerinnenhintern gar nicht wenig beeindruckt. Sie schien durchaus in der Lage, sich einen Reim darauf zu machen, was ich ihr von Lois nicht erzählte. Sie hatte Stecknadeln im Mund. Der Stoff, den sie bearbeitete, war weiß und gold.
    »Ich dachte, du hättest deine Meinung geändert«, sagte sie.
    »Nein.«
    »Es gibt keinen Grund, warum du das nicht tun könntest, Trav.« Die Nadeln machten ihre Aussprache undeutlich. »Standen Namen oder Adressen in den Briefen?«
    Sie richtete sich auf. »Diejenigen, wo welche drin standen, habe ich extra aufgehoben. Ich kann sie dir holen.«
    Das tat sie auch. Ich las, während sie arbeitete. Ein kleines, blaues Radio lief leise nebenher, und die Musik verschmolz mit dem Geräusch des Ventilators. CMCA, Havana. Keine Werbung. Nichts mehr zu verkaufen. Feldpost aus einem längst vergangenen Krieg:

Liebe Frau! Mir ist es gut ergangen und ich hoffe, dir geht es genauso und den Mädchen auch. Habe eine Geldanweisung gekauft und schicke sie später am Tage ab. Versuch nicht alles zu sparen, kauf dir statt dessen was du brauchst. Ich habe eine Menge Flugstunden diese zwei vergangenen Monate aber für mich ist das nur Transportarbeit und nicht gefährlich also mach dir deshalb keine Sorgen nicht. Zu dieser Jahreszeit regnet es viel, sogar mehr als zu Hause. Seit Sugarman woandershin geschickt worden ist, haben wir einen neuen Piloten, sein Name ist Wm. Callowell aus Troy New York, ein Erster Offizier und ein guter, sicherer Flieger und er paßt gut zu mir und George, also mach dir dieserhalb keine Sorgen. Das Essen taugt nicht viel, aber ich esse tüchtig und mir geht’s gut. Sag Cathy, daß ich froh bin, daß sie ihre Lehrerin leiden kann, und gib ihr einen Kuß von mir und Christy auch und ein Kuß für dich selbst. Wie immer dein liebender Eheg. Dave.
    In anderen Briefen standen weitere Namen. Weniger vollständig, am Rande erwähnt. Vern aus Kerrville, Texas. Degan aus Kalifornien. Ich schrieb die ganzen Bruchstücke auf.
    Sie saß mit den knappen Röckchen der Showgirls im Schoß da und nähte sauber und schnell. »Ich wußte nicht, daß Mrs. Atkinson sich so verhalten würde«, meinte sie nachdenklich.
    »Sie hätte das bestimmt auch gerne vermieden.«
    »Genauso wie ich. Sie ist wunderschön.« Der braunäugige Blick war schnell.

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