Abschied nehmen
William. Sie selbst waren wahrscheinlich lediglich auf die Idee gekommen, weil sie die Gefahr, die dies für William darstellen würde, nur zu genau kannten und dies ihre größte Angst war.
Doch von Marsaili sollte sie scheinbar nicht ausgehen und somit war William zumindest von einer Sorge befreit. Sein Kampf gegen sein ihn quälendes Gewissen erwies sich jedoch als hoffnungslos. Er gab sich alle Mühe die Gedanken beiseitezuschieben, doch seine Sinne schienen für alles, das ihn an die Lügen, die er Kate auftischte, erinnerte, besonders geschärft zu sein. Immer häufiger meinte er in Situationen und Gespräche zu geraten, in denen die Versuchung, ihr endlich die Wahrheit zu sagen, beinahe übermächtig wurde.
So auch an dem Nachmittag, an dem sie gemeinsam am Bach saßen. William war zunächst allein hin geritten, er hatte lediglich ein kurzes Bad in dem klaren, kalten Wasser nehmen wollen, doch zu seiner freudigen Überraschung war Kate ihm gefolgt. Als er aus dem Wasser kam, wartete sie bereits auf ihn, und nachdem er sich angekleidet hatte, nahm er neben ihr im Gras Platz. Er lehnte sich an einen Baum, ließ Kate zwischen seinen Beinen Platz nehmen und sie legte ihren Kopf auf seine Brust.
„Ich war heute Nachmittag in der Schmiede aber Tom sagte, du seist zu meinem Vater gerufen worden. Was wollte er denn von dir?“, fragte sie und blickte neugierig zu ihm auf.
„Es ging um Simon. Dein Vater meint, dass wir ihn dringend einmal aufsuchen müssen“, erklärte William und Kate horchte auf.
„Ach ja? Und warum? Gab es wieder Ärger mit den Mackendricks?“, fragte sie mit gerunzelter Stirn und William schüttelte beruhigend den Kopf.
„Nein, noch nicht aber wir wollen trotzdem mal nach dem Rechten sehen und vielleicht ein wenig als Abschreckung dienen. Außerdem hat Simon Marcus bereits zwei Briefe geschrieben und darum gebeten mich einmal kennenzulernen, da ich angeblich derjenige bin, der sein Heim gerettet hat“, sagte er, zog skeptisch eine Braue hoch und Kates Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln. „Und da er nicht selbst herkommen kann, hat er mich zu sich eingeladen.“
„Und wann soll es losgehen?“
„Schon übermorgen“, gab William bedauernd zurück und Kates schwindendes Lächeln zeigte ihm, dass sie ebenso wenig von der Idee angetan war, von ihm getrennt zu sein, wie er selbst.
„Und wie lange bleibt ihr fort?“, fragte sie mit einem traurigen Blick und William zog sie näher an sich.
„Marcus geht von zwei Wochen aus und hofft, dass wir den Besuch nicht ausdehnen müssen.“ William küsste ihr Haar und saugte ihren wunderbaren Duft in sich auf. „Das vergeht sicher wie im Fluge, hm?“, fügte er aufmunternd hinzu, doch er schaffte es weder seine eigene noch Kates aufkeimende Wehmut zu vertreiben.
So blieben sie einfach eine Zeit lang wortlos sitzen, doch während William einfach nur die Stille und den warmen, weichen Körper seiner Frau genoss, schwenkten Kates Gedanken auf ein anderes Thema. Ihr Gespräch hatte ihr wieder einmal die außergewöhnliche Beziehung zwischen William und ihrem Vater vor Augen geführt, und nachdem sie eine Weile darüber nachgegrübelt hatte, sprach sie es schließlich an.
„Mein Vater mag dich sehr, nicht wahr?“, sagte sie und sah Williams überraschten Gesichtsausdruck.
Dann grinste er und fuhr mit seiner Hand über ihren Schenkel.
„Du etwa nicht?“
„Doch, aber ich hoffe, wir haben unterschiedliche Beweggründe dafür.“ Sie schmunzelte und zog eine Braue hoch. „Aber mal im Ernst, wie bist du so schnell in diesen kleinen Kreis seiner engsten Vertrauten hineingekommen?“ Dies war einer dieser mysteriösen Punkte, die sie schon seit Längerem an William in Erstaunen versetzten.
„Ich weiß nicht. Warum fragst du?“, fragte der nun ein wenig irritiert und das inzwischen vertraute, unangenehme Gefühl machte sich wieder einmal in seinem Magen breit.
„Nun ja, es ist so, mein Vater kennt jeden seiner Männer schon sehr lange. Die Bindung zwischen ihnen hatte viele Jahre Zeit, um sich zu festigen und er liebt sie wie seine eigene Familie. Er schenkt ihnen sein vollstes Vertrauen und würde jedem Einzelnen von ihnen sein Leben anvertrauen, doch nur weil er sie eben so lange und so gut kennt. Er ist damit nicht gerade großzügig“, erklärte sie und lächelte
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