Abschied nehmen
William sich zurück, hörte den Anfeuerungsrufen der Leute zu und hoffte für Luke, er möge dieses Biest von Sau endlich einfangen.
Und Luke mühte sich sichtlich ab, um Williams und auch seine eigenen Hoffnungen zu erfüllen und auch wenn es noch eine Weile dauerte, gelang es ihm schließlich. Er hatte nun endlich eingesehen, dass er der Sau körperlich bei Weitem nicht gewachsen war und dass, wenn er sie einfangen wollte, er nicht auf seine Kraft, sondern auf seinen Verstand bauen musste. So nahm er sich vor, ihr eine kleine Falle zu stellen, wofür er sich genau vor dem Eingang des Zwingers platzierte und sie so lange reizte, bis sie wieder auf ihn zu rannte. Kurz bevor sie ihn schließlich berührte, warf er sich zur Seite, und als sie zum Stehen kam, befand sie sich bereits im Zwinger und sah das Tor vor ihrer rosa Nase zufallen.
Beifallsrufe und die Geräusche klatschender Hände drangen an Lukes Ohren und vermischten sich mit dem tosenden Geräusch seines durch seine Adern rauschenden Blutes. Er atmete schwer und sein Herz raste in seiner Brust, als ihm jedoch klar wurde, dass er es tatsächlich geschafft hatte und dass der Beifall ihm galt, erfüllte es ihn mit Stolz.
Er ließ seinen Blick schweifen und blieb bei William stehen, der ihm mit vor der Brust verschränkten Armen und einem Lächeln anerkennend zunickte. Luke grinste zurück und sein Unmut über die Strafe schwand. Er hatte durch diesen heutigen Tag nicht nur seine Lektion gelernt, sondern noch zusätzlich vor allen Anwesenden seinen Mut bewiesen und Anerkennung geerntet. Und auch wenn er wusste, dass die Schmach noch folgen würde, wenn er die Ferkel einfangen musste, waren das Gelächter und der Spott nun für ihn weitaus einfacher zu ertragen als zuvor.
So raffte er sich auf und machte sich daran die quiekenden kleinen rosa Fleischklumpen mit ihrer Mutter zusammen einzusperren. Und als auch das letzte Ferkel im Zwinger landete, lehnte Luke sich völlig aus der Puste an den Zaun.
„Gut gemacht, mein Junge!“, hörte er aus mehreren Richtungen. „Ich hoffe, das war dir eine Lehre!“, mahnten andere und Luke nickte lediglich als Antwort. Er hatte seine Lektion gelernt, daran bestand kein Zweifel, dachte er und sah den Leuten beim Verlassen des Stalls nach.
„Geht’s dir gut, Luke?“ Williams Stimme riss ihn aus den Gedanken.
Er drehte sich um und grinste.
„Aye, ich bin in Ordnung.“
„Nichts gebrochen?“, vergewisserte sich William und nahm den Jungen mit einem kritischen Blick in Augenschein.
„Nein, außer ein paar blauen Flecken, fehlt mir nichts“, beruhigte Luke ihn und sah förmlich, wie William sich entspannte.
Dann erschien sogar ein breites Grinsen auf seinem Gesicht.
„Gut. Aber jetzt geh dich lieber waschen, du stinkst!“, sagte er in einem gutmütigen Ton und wie gerufen, kam Lukes Mutter durch die Menge, um ihren Sohn ebenfalls dazu aufzufordern, sich dieses Gestanks zu entledigen. Luke verabschiedete sich und ließ sich von ihr fortführen.
William blieb noch auf dem Zaun sitzen, beobachtete die Leute dabei, wie sie den Raum verließen und bei dem Gedanken, wie sie ihm eben ihre Begeisterung äußernd auf die Schulter geklopft hatten und ihm anerkennend zugenickt hatten, musste er lächeln. Er hatte es geschafft, er hatte ihr Vertrauen erlangt, das wusste er und die Freude darüber, war größer als er geahnt hatte.
Und plötzlich wurde das Verlangen, diese Freude mit Kate zu teilen, übermächtig und er blickte sich nach ihr um. Die letzten Leute verließen soeben den Raum und sie war die Einzige, die noch da war. Sie stand noch immer an dem Platz, an dem sie schon die ganze Zeit gestanden hatte und blickte zu ihm herüber. Am liebsten hätte er ihr laut zugerufen, dass er es geschafft hatte, doch ein Blick auf das zärtliche Lächeln in ihren Augen, sagte ihm, dass es überflüssig war.
Sie wusste es schon und diese Erkenntnis, erfüllte ihn mit einem solchen Glück, dass ihm die Worte in der Kehle stecken blieben und er lediglich zurücklächeln konnte.
22. Kapitel
Kate hockte über einem der Beete im Gemüsegarten, zog eine Zwiebel nach der anderen aus der Erde und legte sie in den neben ihr stehenden Korb. Sie hatte diesen eben erst geleert, und jetzt war er schon wieder zu einem Viertel voll.
Die ganze Woche
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