Abschied nehmen
haben! Nein! Sie hatte seine Feindseligkeit verdient, sie und ihre ganze verdammte Familie, wegen der sein bester Freund heute sterben musste.
Hätte William diese Leute doch nur nie kennengelernt, dann hätte er nie von zu Hause weg gehen müssen, würde jetzt friedlich auf den Ländereien seines Vaters leben und vor allem heute nicht vor seiner Hinrichtung stehen! Dann wäre er vielleicht auch inzwischen verheiratet aber mit einer Frau, die Jamie kannte und mochte und nicht mit dieser Fremden, die ihm schon bei ihrer ersten Begegnung zu nahe treten wollte. Was hatte sie damit bezwecken wollen, ihm gleich um den Hals zu fallen? Er kannte sie doch gar nicht und sie ihn doch auch nicht und er wollte es auch gar nicht anders, dachte er die Faust geballt. Und als er bei dem Anblick, wie sie sich verstohlen übers Gesicht wischte, schlucken musste, mobilisierte er erneut all seinen Groll.
Tja, da hilft alles Heulen nichts, dachte er nun, die Brauen vor Wut zusammengezogen, sollte sie doch so leiden, wie er seit Tagen litt! Seit Billy vor seiner Tür gestanden hatte und ihm diese grausame Nachricht überbracht hatte, war alles noch viel schlimmer als vorher. Der furchtbare Schmerz und die Wut wollten ihn schier zerreißen. Warum sollte er der Einzige sein, dem es so erging, dachte er außer sich und schnaubte beinahe, während er zornige Blicke in ihre Richtung warf. Warum nicht auch ihr?
Jamie schloss die Augen und stand ein paar Minuten still da, während unzählige Gedanken wirr durch seinen Kopf strömten. Gesprächsfetzen aus Unterhaltungen mit William vermischten sich mit Billys Worten, der ihm von seinem Freund erzählte. Und dann waren da noch seine Wut, sein Hass ... doch vor allem immer wieder ihre braunen Augen, die erst so freudig und hoffnungsvoll und dann so unglaublich traurig zu ihm aufgeschaut hatten.
Er war ihr scheinbar gar nicht so fremd, wie er vermutet hatte. William musste ihr viel von ihm erzählt haben, dachte er nun, sonst hätte sie sich nicht so vertraut ihm gegenüber verhalten. Sie war ihm so freundschaftlich und offen entgegengekommen und er ...
Jamie öffnete abrupt wieder die Augen, schluckte erneut und schüttelte den Kopf über sich selbst. Er hatte Amy inzwischen auf dem Boden abgestellt, legte nun die Hand an seine Stirn und massierte seine Schläfen.
„Himmel, was tue ich da nur?“, murmelte er zu sich selbst und stieß geräuschvoll den Atem aus, noch immer wütend, doch nun über sich selbst.
Warum hatte er das getan? Warum hatte er sie so vor den Kopf gestoßen, so seinen Zorn an ihr ausgelassen, wo er doch genau wusste, dass nicht sie und die ihren die Schuld an Williams Schicksal trugen. Er hatte schon damals an diesem schrecklichen Tag, als William ihnen alles erzählt hatte, vor lauter Schmerz, Wut und vielleicht auch ein wenig Eifersucht ihnen die Schuld zugeschoben. Doch er war von William eines besseren belehrt worden und hatte eingesehen, dass er ihnen damit unrecht tat. Dass ihm dies noch einmal passieren würde, hatte er nicht gedacht. Dabei kannte er doch die Schuldigen, Billy hatte ihm auf dem Weg hierher alles erzählt.
Und trotzdem hatte er seinen Zorn und Schmerz an ihr ausgelassen, was ihm nun furchtbar leidtat. Er hatte einfach jemanden verletzen wollen und sie war zufällig da gewesen und so hatte er sie ohne nachzudenken einfach abgestraft, sich in seinen Zorn reingesteigert und es sich ganz einfach gemacht, indem er sie zum Sündenbock gemacht hatte. Sie sollte auch leiden, hatte er gedacht, dabei litt sie doch sicher schon mehr als alle anderen. Himmel, sie war Williams Frau und sie hatte ihn aus Liebe geheiratet, das wusste er von Billy, sie musste außer sich sein vor Kummer. Und dann kam er daher und streute noch Salz in die Wunde, dachte er nun, Herr Gott was würde William nur von ihm denken! Entsetzen machte sich in ihm breit, als er daran dachte und plötzlich gab es für ihn nur eines, was er tun konnte.
Er blickte zu Claudia hinunter und seine Frau lächelte ihn wissend an. Sie hatte sein Mienenspiel beobachtet und nur darauf gewartet, bis er endlich zur Vernunft kam, ohne dass sie eingreifen musste und Jamie erwiderte nun reuig ihr Lächeln. Dann küsste er sie auf die Stirn, streichelte Amy über die Haare und folgte der Frau, die er eben so schändlich behandelt hatte.
Bei ihr angelangt blieb er einen Augenblick stehen, rieb die feuchte Hand an
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