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Achsenbruch

Achsenbruch

Titel: Achsenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Junge
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von innen die Tür auf.«
    »Aktenkoffer?«
    »Wirft sie manchmal nach hinten, heute hat sie ihn vorne in den Fußraum gestellt.«
    »Und jetzt das Kabel!«
    Harnisch dachte noch eine Sekunde nach und erklärte: »Als ich ihr die Tür aufdrückte, hab ich es gesehen. Direkt in der Rinne vor dem abgesenkten Bordstein da drüben.« Er wies mit seinem Zeigefinger – leicht gelb wie die Zähne – in die entsprechende Richtung. »Ich wollte sie eigentlich noch danach fragen, aber sie fragte mich direkt nach meiner Meinung zu den Neuverpflichtungen des VfL. Und dabei habe ich das Kabel völlig vergessen.«
    Lohkamp sah ihm fest in die Augen und Harnisch hielt seinem Blick stand.
    »War das etwa der Zünder?«
    »Vermutlich. Irgendwo in dem Gebüsch muss ein Akku stehen, der den Strom lieferte. Unsere Experten untersuchen das noch.«
    »Au Backe!«, sagte Harnisch und steckte sich den nächsten braunen Lungentorpedo an. »Mit anderen Worten: Wenn ich nicht vergessen hätte, nach dem Kabel zu fragen …«
    Lohkamp legte die Hand auf seine Schulter: »Lassen Sie’s sein. Das Grübeln ändert nichts. Sie sind Chauffeur, kein Bodyguard!«
    8
    Zufrieden registrierte Mager, dass Lohkamp sein Gespräch beendet hatte, und wandte sich seinem Ältesten zu: »Handy!«
    Kalle ruhte betont lässig auf einer der Campingliegen, die ihnen in ihrem Ausguck zur Verfügung standen. Dieser befand sich auf einem Balkon im dritten Stockwerk des Klinkerbaus am Nussbaumweg. Von hier aus hatten die PEGASUS-Leute in zwei Richtungen gute Sicht: auf den Wendehammer vor dem Haus der OB und zu dem Bauernhof in der Talsenke.
    Auch die Konkurrenz war inzwischen aufgetaucht. Mager hatte schon zwei andere Kamerateams und ein paar Hörfunkreporter ausgemacht, die unten auf der Wiese oder im Garten des Nachbarbungalows standen und von dort aus den Tatort beglotzten. Im Vergleich zu denen, die am Boden arbeiteten, besaß PEGASUS einen Platz in der Königsloge.
    »Mach schon«, knurrte Mager und ließ sich das Mobiltelefon anreichen, als hätte er im Stadtparkrestaurant frische Austern geordert. Dann wählte er Lohkamps private Handynummer. Amüsiert sah er von oben aus zu, wie der Hauptkommissar plötzlich begann, in seinen Taschen zu kramen.
    »Ja.«
    »Klaus-Ulrich hier.«
    »Sehe ich auf dem Display. Mach’s kurz. Bin im Dienst.«
    »Weiß ich.«
    »Woher das denn?«
    »Ich bin keine fünfzig Meter entfernt. Zwanzig Meter höher als du. Hinter den Pappeln.«
    »Ich guck jetzt nicht hoch«, brummte Lohkamp. »Habe heute schon genug Schreckliches gesehen.«
    »Beleidige meine Chefin nicht, die ist auch hier. Was ist passiert?«
    »Autobombe.«
    »Tote?«
    »Lukas Beißner, der Lebensgefährte der OB.«
    »Alter? Beruf?«
    »Ende fünfzig. Anwalt.«
    »Galt der Anschlag ihm?«
    »Woher soll ich das wissen? Und glaubst du etwa, die Schwarzen im Rat würden jetzt schon Bomben schmeißen?«
    Mager stöhnte genervt auf. So klischeehaft, wie der Polizist ihn einschätzte, dachte er auch wieder nicht. Glaubte er jedenfalls.
    »Weitere Geschädigte?«
    »Fahrer Abschleppwagen. Leichte Schnittwunden.«
    »Auslöser Explosion?«
    »Vermutlich Kontaktschleife. Mehr jetzt nicht. Wartet auf die Pressekonferenz. Irgendwann am Nachmittag. Ende.«
    Mager trennte die Verbindung und gab die Daten an Susanne Ledig weiter, die an einem Campingtisch saß und bereits ihren Nachrichtentext in den Laptop tippte. Dann scheuchte er seinen Sohn aus dem Liegestuhl: »Los, hoch! Ablösung! Jetzt passt du mal auf, was da unten passiert!«
    Unwillig stemmte sich Kalle hoch und nahm seinen Platz an der Balkonbrüstung ein, während Mager dem Wohnungsinhaber eine leere Kaffeetasse entgegenstreckte: »Herr Ruhmann – wären Sie so nett, noch ein Kännchen zu kochen?«
    Der Mann mit dem Pferdeschwanz nickte und verschwand in der Küche. Mager grinste zufrieden. Immerhin kassierte der Wohnungsinhaber für den Platz auf dem Balkon fünfzig Euro pro Stunde, hatte sich aber von dem Kameramann breitschlagen lassen, zusätzlich seine DSL-Leitung und seine Kaffeevorräte zur Verfügung zu stellen. Wenn Magers Kreislauf nicht nur die Hitze, sondern auch den exzessiven Koffeinmissbrauch aushielt, würde sich der Nettoverdienst des Mannes mit dem Schwanzkopf in engen Grenzen halten.
    Während Kalle gelangweilt auf den Tatort hinabblickte, an dem es im Moment absolut nichts Spannendes zu sehen gab, fläzte sich Mager in der Mittagssonne: »Meine Herren, ist dieser Job schön! Kalle, du Faulpelz, tu

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