Achtung BABY!
sie zahnt oder sonstige Wehwehchen hatte. Am Morgen scheint das alles immer wie vergessen. Wir genießen beide unser Morgenritual, erst das Guten-Morgen-Wickeln und nachher die Morgenflasche. Männer, wenn ihr das nicht macht, versäumt ihr was! Gott sei Dank war Lilly immer eine leicht zu Wickelnde. Vom ersten Mal an lag sie da auf der Wickelkommode und ließ das selbstverständlich freudig über sich ergehen. Und das ist bis zum heutigen Tag so geblieben. So sind nicht alle Kinder. Ich kenne Geschichten von Eltern, bei denen das Ganze mehr so ist wie ein Einfangen von Wildpferden nach der Einnahme von Red Bull. Lilly hatte nur einmal so eine schlimme zweiwöchige Phase, als sie zehn Monate alt war. Vielleicht wollte sie uns nur kurz mal ein bisschen Demut lehren. Da war Wickeln die Hölle. Kaum öffnete ich den Dreierdruckverschluss beim Babybody, bewegte sie sich wie Joe Cocker, der sich beim Singen noch an eine Starkstromleitung angeschlossen hat. Das war der Moment, in dem ich zum ersten Mal evolutionsmäßig Spinnen und Kraken beneidet habe. Ein unwilliges Kind mit zwei Armen zu wickeln – keine Chance. Ich weiß noch, dass damals meine Mutter zu mir sagte: »Das ist wie bei dir als Baby.«
»Wie?«
»Ja, Wickeln bei dir war furchtbar.«
»Aber ihr habt doch immer gesagt, ich war eher ein stilles Kind.«
»Grundsätzlich ja, aber beim Wickeln mussten wir meistens zu zweit ran. Einer hat festgehalten, der andere konnte wickeln.«
Wenn man selbst mal ein Kind hat, erfährt man von seinen Eltern Dinge über sich, die vorher nie ausgesprochen wurden. Und das führt schon zu Fragen: »Aber ihr hattet mich damals trotzdem lieb?«
»Hinterher schon. Dein Bruder war da ganz anders. Den konnte man auf die Wickelkommode legen, und dann lag der da. Da hätte man in Urlaub fahren können, und der hätte sich nicht wegbewegt.«
»Hattet ihr ihn lieber?«
Natürlich interessiert einen das. Obwohl ich es mir irgendwie immer noch nicht vorstellen kann, dass ich so ein kleiner Wickelterrorist war. Ich denke seit einiger Zeit darüber nach, warum Wickeln bei mir als Baby so Bewegungsanfälle ausgelöst hat. Ich habe mich als Katholik auch schon mal gefragt, wie das zum Beispiel bei Jesus war. Hat der beim Wickeln geschrien, oder war er damals schon ein kleiner Windelmessias: »Wenn dir jemand den Hintern wischt, dann halte ihm auch die andere Backe hin.«
P. S.:
Ich kann es fühlen, dass viele Männer da draußen nun gerne ihren Gefühlen freien Lauf lassen würden und das Unmännlichste tun würden: um Rat fragen! »Hilfe Wickel-Man! Gibt es die perfekte Wickelmethode?«
Nein! Aber ein kleiner Tipp am Rande: Wenn man das Baby mit Feuchttüchern oder Waschlappen sauber gemacht hat, lasse ich den behandelten Bereich (nennt man das dann eigentlich Popiküre?) nicht einfach so an der Luft trocknen, sondern nehme den Föhn. Der liegt da eh immer griffbereit für meine Füße nach dem Duschen. Jaaaaaaa, ich gebe es wenigstens zu! Und ich föhne Lillys Popo nach dem Wickeln nicht, weil es schneller gehen muss. Es ist effektiv und macht zusätzlich Sauspaß. Sie hat das immer geliebt, angeföhnt zu werden. Auch wenn man ihre Haare mal mit einem nassen Lappen reinigt, dann leistet der Föhn das, wofür er von intelligenten Männern erfunden wurde. Und jedes Mal wenn ich ihr mit dem Föhn ins Gesicht blase, erscheint immer das süßeste Lächeln der Welt.
»Ein Waschlappen: 80 Cent.«
»Ein Föhn: 20 Euro.«
»Ein Lächeln: unbezahlbar.«
[Menü]
Von wem hat sie’s?
Trotz aller Anstrengung waren wir am zweiten Tag aufgedreht. Klar, Mama war ja immer noch in der Dopingabteilung. Mütter stehen auch noch einige Tage nach der Geburt unter Naturdrogen. Neun Monate Hormonüberproduktion und legale Adrenalinversorgung, da geht was. Also riefen wir doch die ganze Familie zusammen, alle Eltern und Geschwister – guckt mal, wer da ist! Und dann begann das große »Wem-sieht-sie-ähnlich-Spiel«. Das ist übrigens ein Spiel, das nie aufhört. Egal, wo du hinkommst, alle Leute sprechen darüber, wem Babys ähnlich sehen und von wem sie was haben. Ich war mal beim Bäcker mit der Kleinen, da meinte die Bäckersfraufachbrotgehilfin: »Mei, die schaut ja runtergerissen aus wie der Papa.«
Da ich das mittlerweile schon häufiger gehört hatte, gab ich meine Standardantwort: »Ja, ich habe keinen Vaterschaftstest gemacht.«
Ich ernte damit oft ein anerkennendes Lächeln: »Das glaub ich Ihnen.«
Neben uns in der Bäckerei stand
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