Ackermann tanzt
Küchenhandtuch über die Schulter. »Dieser Gast will nicht gehen. Und wenn ich ihn anfasse, klappt er zusammen und fängt an zu treten.«
»Quatsch«, meinte Schumacher, »das kriegt der doch gar nicht mehr gebacken.«
»Ist auch egal. Packt ihn ein. Ich will endlich ins Bett. Ich hab die Nase voll für heute.«
»Ich Dreckschwein«, greinte der Zecher wieder. »Ich hab ihn aus dem Haus getrieben, alle hab ich aus dem Haus getrieben. Ich war das, jawohl ich, alles hab ich kaputtgemacht, alles hab ich falsch gemacht in meinem Leben ... alles!« Er konnte sich nur noch mit Mühe auf dem Hocker halten.
»Den kenne ich doch«, sagte Schumacher. »Und du kennst den auch. Das ist doch der Vater von dem Früchtchen, das wir letzte Woche nach Hause gebracht haben. Wie hieß der noch? Giltjes?«
»Stimmt, jetzt, wo du’s sagst.« Schuster grinste. »Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.«
Vinck ließ das Wasser aus dem Spülbecken ab und klatschte das nasse Handtuch auf die Theke. »Jetzt kassiert ihn schon endlich ein!«
Schuster nickte und machte einen Schritt nach vorn, aber Schumacher hielt ihn am Arm fest. »Bloß nicht! Überleg mal, wir haben doch gar keine Handhabe. Wir handeln jetzt genau nach Vorschrift oder denkst du, ich will noch mal so einen Einlauf kriegen wie voriges Jahr? Nein, der Mann hat nichts gemacht, also können wir ihn auch nicht einkassieren.«
»Ja, spinn ich denn?« Vinck kam hinter seinem Tresen hervor. »Was seid ihr denn für welche? Wofür haben wir euch wohl?«
»Vorsicht!«, blaffte Schuster ihn an.
»Nachher heißt es wieder, wir hätten den Notarzt nicht gerufen«, murmelte Schumacher.
Vinck trat an Giltjes heran, nahm dessen Kopf in beide Hände, sodass er ihm in die Augen schauen musste. »Giltjes, siehst du diese beiden Komiker hier?«
»Was?« Mit glasigen Augen versuchte Giltjes, ein scharfes Bild zu kriegen.
»Genau, die beiden Pausenclowns. Weißt du, was die gerade gesagt haben? Du wärst an allem schuld. Willst du dir das etwa bieten lassen?«
Giltjes schüttelte heftig den Kopf. »Ich doch nicht! Ich bin doch nicht der Popanz für alle. Ich doch nicht!«
»Eben, ich weiß doch, dass du ein ganzer Kerl bist. Also, wenn ich du wäre, denen würde ich es zeigen. Weißt du, was ich tun würde?«
Diesmal schüttelte Giltjes seinen Kopf so stark, dass er vom Hocker kippte, aber Vinck fing ihn auf, packte ihn am Hemdkragen und schob ihn zur Tür.
»Siehst du die Karre da draußen? Wenn ich du wäre, dann würde ich denen mal zeigen, was ein richtiger Kerl ist. Denen würde ich mal in ihre schicke grün-weiße Kiste treten, aber mit Schmackes. Dann wissen die endlich mal, dass man mit dir noch lange nicht alles machen kann. Doch nicht mit Giltjes!«
»Genau!«
Giltjes stürmte pielgeradeaus, trat mit dem rechten Fuß gegen das Auto und fiel auf den Hintern. »So!« Und dann heulte er wieder.
Schuster und Schumacher konnten es nicht fassen. In der Beifahrertür des Streifenwagens prangte eine tiefe Beule. Schumacher unterdrückte ein Prusten und Schuster fiel in seinen Amtston: »Herr Giltjes, ich muss Sie mitnehmen zur Feststellung der Identität ...« Jetzt kicherte Schumacher los. »... und wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt.«
Flintrop nahm sie in Empfang und ließ Giltjes in die geflieste Zelle bringen.
Er wollte sich gar nicht mehr beruhigen, als die beiden Schupos ihm die Geschichte erzählten. »Wartet mal, den kriegen wir«, lachte er, suchte die Telefonnummer heraus und wählte.
Es dauerte ziemlich lange, bis Vinck sich meldete.
»Sag mal, weißt du eigentlich, wie spät es ist? Du kannst doch nicht ganz gescheit sein!«
»Es tut mir wirklich Leid, Ernst«, meinte Flintrop gewichtig, »aber es liegt eine Anzeige gegen dich vor.«
»Was? So ein Blödsinn. Das kann gar nicht sein.«
»Doch, doch. Ich hab’s hier schwarz auf weiß: Anstiftung zu einer Straftat.«
»Hast du ein Ei am wandern, oder was?« Vinck war endlich aufgewacht. Er hörte mehrstimmiges Gegröle am anderen Ende der Leitung.
»Wir wollen mal nicht so sein, Ernst«, sagte Flintrop gemessen. »In diesem Fall könnte ich wohl ausnahmsweise Gnade vor Recht ergehen lassen. Aber das kostet dich mindestens eine Runde.« Dann legte er auf und hielt sich vor Lachen den Bauch.
Sie amüsierten sich immer noch, als das Telefon schon wieder schellte.
Es war ein Zeitungsbote, der aus Reichswalde anrief. Er wollte drei nackte Männer gesehen haben, die in der Nähe des Wildgeheges an
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