Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod
Geselligkeit der Runde beizutragen,
insbesondere von Dean als potenzielle Ursache von Unannehmlichkeiten
und noch mehr Arbeit betrachtet wurde. Boyton hatte Eindruck
gemacht – wie sollte es auch anders sein bei einem jungen Mann
mit seinem Aussehen –, aber Kimberley, die glücklich in ihren
Mann verliebt war, war unempfänglich für klassische Schönheit, und
Dean, der hingebungsvolle Gatte, war hauptsächlich damit beschäftigt,
seine Küche vor unerwünschten Eindringlingen zu schützen. Keiner von
beiden wirkte sonderlich verängstigt, denn offenbar hatten sie sich
eingeredet, dass Boytons Tod ein Unfall gewesen war.
In der Gewissheit, selbst nichts mit der Sache zu tun zu
haben, interessiert, ein wenig aufgeregt und ohne Trauer, plauderten
sie vor sich hin, und Kate unterbrach das Gespräch nicht. Den Bostocks
hatte man ebenso wie dem Rest des Haushalts nur mitgeteilt, dass und wo
Boytons Leiche gefunden worden war. Was gab es im Moment noch zu sagen?
Es hätte auch keinen Sinn gehabt, jemanden in Unkenntnis zu lassen. Mit
Glück war es vielleicht möglich, diesen neuen Todesfall vor der Presse
geheim zu halten und für eine gewisse Zeit – solange Mog den
Mund hielt – auch vor den Leuten im Dorf, aber es war weder
machbar noch notwendig, ihn Teilen der Belegschaft des Manor zu
verheimlichen.
Der Durchbruch kam kurz vor sechs Uhr. Kim erhob sich, nachdem
sie einen Moment vor sich hin geträumt hatte, und sagte: »Der arme
Mann. Er muss in die Gefriertruhe geklettert sein, und dann ist der
Deckel zugefallen. Aber warum macht er nur so etwas? Vielleicht hat er
ein albernes Spiel gespielt, so eine Art Mutprobe, wie Kinder es tun.
Meine Mutter hatte zu Hause einen großen Korb, beinahe so groß wie eine
Truhe, in dem wir Kinder uns immer versteckt haben. Aber warum hat er
den Deckel nicht einfach wieder hochgedrückt?«
Dean räumte bereits den Tisch ab. »Das konnte er doch nicht,
wenn der Verschluss zugeschnappt ist. Aber er war doch kein Kind. So
etwas Dummes. Keine schöne Art zu sterben, durch Ersticken. Vielleicht
hat er ja auch einen Herzanfall gehabt.« Als er Kims erschrockenes
Gesicht sah, fügte er mit fester Stimme hinzu: »Das ist es wohl auch
gewesen, ein Herzanfall. Er ist aus Neugier in die Gefriertruhe
geklettert und in Panik geraten, als er den Deckel nicht mehr
aufgekriegt hat, und dann ist er gestorben. Schnell und schmerzlos. Er
hat bestimmt nichts gespürt.«
»Schon möglich«, sagte Kate. »Nach der Autopsie wissen wir
mehr. Hat er sich Ihnen gegenüber einmal über sein Herz geäußert, hat
er gesagt, er müsse vorsichtig sein oder so etwas?«
Dean sah Kim an, die den Kopf schüttelte. »Uns gegenüber
nicht. Na ja, wieso hätte er das auch tun sollen? Er war nicht oft
hier, und wenn, dann haben wir ihn kaum zu Gesicht bekommen. Die
Westhalls könnten darüber Bescheid wissen. Immerhin war er ihr Cousin,
und er hat ja behauptet, dass er hier war, um sich mit ihnen zu
treffen. Mrs. Frensham knöpft ihm zwar Miete ab, aber Mog glaubt nicht,
dass es der volle Betrag ist. Er ist der Meinung, Mr. Boyton wollte
bloß billig Urlaub machen.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass Miss Candace etwas über
seinen Gesundheitszustand weiß«, sagte Kim. »Mr. Marcus vielleicht, der
ist ja Arzt, aber ich glaube nicht, dass sie ein enges Verhältnis
hatten. Ich habe gehört, wie Miss Candace zu Mrs. Frensham gesagt hat,
dass Robin Boyton sich nicht einmal die Mühe macht, ihnen seine Besuche
im Cottage anzukündigen, und wenn Sie mich fragen, dann waren sie nicht
sonderlich begeistert darüber. Mog sagt, da gab es irgendeinen
Familienstreit, aber worum es ging, weiß er auch nicht.«
»Diesmal hat Mr. Boyton natürlich gesagt, er sei hier, um Miss
Gradwyn zu besuchen«, meinte Kate.
»Aber er hat sie doch gar nicht besucht, oder? Weder diesmal
noch vor ein paar Wochen, als sie auch schon hier war. Dafür haben Mr.
Chandler-Powell und Schwester Holland gesorgt. Ich glaube nicht, dass
sie befreundet waren, Mr. Boyton und Miss Gradwyn. Wahrscheinlich
wollte er sich nur wichtig machen. Aber das mit der Gefriertruhe ist
schon merkwürdig. Sie steht nicht einmal bei ihm im Cottage, aber sie
scheint ihn irgendwie fasziniert zu haben. Weißt du noch, Dean, die
ganzen Fragen, die er gestellt hat, als er zuletzt hier war, um sich
Butter auszuborgen? Er hat sie nie zurückgegeben.«
Kate verbarg ihr Interesse und wich Bentons Blick
geflissentlich aus. »Wann war das?«
Dean warf seiner Frau einen
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