Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod
ihre eigenen Pläne für die Zukunft haben.
Sie harkte den Rasen hinter dem Haus, gekleidet in ihr altes
Tweedjackett, Cordhosen und die für Gartenarbeit reservierten Stiefel,
das volle dunkle Haar unter einer Wollmütze versteckt, die sie bis über
die Ohren gezogen hatte. Durch die Mütze wurde die große Ähnlichkeit
mit ihrem Vater noch stärker betont, die dominierende Nase, die
tiefliegenden Augen unter geraden, buschigen Brauen, die langen,
schmalen Lippen, ein ausdrucksvolles, markantes Gesicht, das, wenn das
Haar versteckt war, etwas Androgynes bekam. Seltsam, dass die Gene der
Westhalls so verteilt waren, dass sich in Marcus' Gesicht, nicht in
ihrem, die Züge des alten Mannes zu beinahe weiblicher Sanftheit
ausgebildet hatten. Als sie ihn sah, lehnte sie die Harke an einen
Baumstamm und kam ihm entgegen. »Guten Morgen, George«, sagte sie. »Ich
glaube, ich weiß, was Sie zu mir führt. Ich wollte gerade Kaffeepause
machen. Kommen Sie doch mit rein.«
Sie ging ihm voraus durch die Seitentür, die sie meistens
benutzte, in die alte Speisekammer, die mit ihren nackten Mauern und
dem steinernen Boden eher wie ein Schuppen aussah, ein idealer Ort für
ausgediente Geräte, dominiert von einer Küchenkommode mit Tellerbord,
das mit einem Sammelsurium von Krügen und Tassen, alten Schlüsselbunden
und den verschiedensten Tellern und Schüsseln behängt war. Sie gingen
weiter in die angrenzende kleine Küche. Sie war sauber und ordentlich,
aber Chandler-Powell dachte bei ihrem Anblick, dass es höchste Zeit
war, sie zu vergrößern und zu modernisieren, und wunderte sich, dass
Candace, die als eine ambitionierte Köchin galt, sich noch nicht
beschwert hatte.
Sie schaltete die Kaffeemaschine ein und nahm zwei Becher aus
dem Küchenschrank, dann warteten sie schweigend darauf, dass der Kaffee
durchgelaufen war. Nachdem sie ein Milchkännchen aus dem Kühlschrank
genommen hatte, gingen sie weiter ins Wohnzimmer. Als er ihr an dem
quadratischen Tisch gegenübersaß, musste er wieder daran denken, wie
wenig für das Cottage getan worden war. Das meiste Mobiliar stammte von
ihr, aus eigenen Beständen; manches konnte durchaus Neid erregen,
anderes war zu groß für den Raum. Vor drei Wänden standen hölzerne
Bücherregale, der Teil von Peregrine Westhalls Bibliothek, den er mit
ins Cottage gebracht hatte, als er aus seinem Pflegeheim ausgezogen
war. Er hatte die Bibliothek seiner alten Schule vermacht, aber sie
hatten nur die für brauchbar erachteten Bücher aussortiert, und jetzt
verwandelte der verbliebene Rest die Wände in Honigwaben mit halbleeren
Fächern, auf denen die ungewollten Bände gegeneinanderfielen, traurige
Symbole der Zurückweisung. Der ganze Raum vermittelte einen Eindruck
von Vergänglichkeit und Verlust. Nur die gepolsterte Sitzbank, die im
rechten Winkel zum Kamin stand, versprach etwas Behaglichkeit.
Er sagte ohne Einleitung: »Ich habe gerade von Marcus gehört,
dass er in drei Monaten nach Afrika geht. Und ich frage mich, welchen
Anteil Sie an diesem nicht sehr intelligenten Plan haben.«
»Wollen Sie damit sagen, Sie halten meinen Bruder nicht für
fähig, seine eigenen Entscheidungen zu treffen?«
»Sie zu treffen schon. Ob er dann Ernst damit macht, steht auf
einem anderen Blatt. Es würde mich sehr wundern, wenn Sie ihn nicht
beeinflusst hätten. Sie sind acht Jahre älter. Und da Ihre Mutter
während des größten Teils seiner Kindheit schwerkrank war, ist es kein
Wunder, dass er auf Sie hört. Haben Sie ihn nicht mehr oder weniger
großgezogen?«
»Sie scheinen ja bestens über meine Familie Bescheid zu
wissen. Wenn ich Einfluss genommen habe, dann, um ihn zu ermutigen. Es
wird Zeit, dass er geht. Ich verstehe, dass es für Sie ein Problem ist,
George, und darüber ist er auch unglücklich, das sind wir beide. Aber
Sie werden Ersatz finden. Seit einem Jahr wissen Sie von dieser
Möglichkeit. Sie müssen doch längst jemanden im Kopf haben.«
Damit hatte sie recht. Es gab einen pensionierten Chirurgen
seiner Fachrichtung, sehr kompetent, wenn nicht exzellent, der ihm
liebend gerne drei Tage in der Woche assistieren würde. »Das ist meine
geringste Sorge«, sagte er. »Was hat Marcus vor? Will er für immer in
Afrika bleiben? Das wird nicht zu machen sein. Ein, zwei Jahre dort
arbeiten und dann zurückkehren? Wohin? Er muss sehr gründlich darüber
nachdenken, was er mit seinem Leben machen will.«
»Das müssen wir alle«, sagte Candace. »Er hat nachgedacht. Und
ist
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