Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod
gewesen,
Telefonleitungen waren überprüft, ein Computer installiert und für den
Fall, dass Dalgliesh Anschauungsmaterial zeigen wollte, eine große
Pinnwand aus Kork aufgehängt worden. An seine Bequemlichkeit hatte man
ebenfalls gedacht, und auch wenn das steinerne Cottage den leicht
abgestandenen Geruch eines seit Monaten leerstehenden Hauses hatte,
loderte auf dem Kamingrill ein Holzfeuer. Oben war das Bett gemacht und
ein elektrisches Heizgerät bereitgestellt. Die Dusche, die nicht modern
war, lieferte sehr heißes Wasser, als er sie aufdrehte, und mit den
Vorräten im Kühlschrank, einschließlich eines Topfes mit offensichtlich
hausgemachtem Lammeintopf, war er für die nächsten drei Tage versorgt.
Außerdem fand er ein paar Dosen Bier und je zwei Flaschen durchaus
trinkbaren Rot- und Weißweins.
Gegen neun war er geduscht, umgezogen, aufgewärmt und hatte
den Lammeintopf verzehrt. Eine Nachricht unter dem Topf hatte ihn
darüber aufgeklärt, dass er von Mrs. Warren gekocht worden war, eine
Entdeckung, die Dalgliesh in seiner Vermutung bestärkte, dass die
zeitweise Versetzung ihres Mannes in sein Team ein Glücksfall war. Er
öffnete eine Flasche Rotwein und stellte sie mit drei Gläsern auf den
niedrigen Tisch vor dem Kamin. Nachdem er die fröhlich gemusterten
Vorhänge vor die Nacht gezogen hatte, fühlte er sich, wie manchmal bei
einem Fall, behaglich eingerichtet für die einsamen Phasen. Zumindest
einen Teil des Tages ganz mit sich allein zu sein, war ihm schon im
Kindesalter so lebenswichtig wie Nahrung und Licht gewesen. Die kurze
Pause war vorbei, er nahm sein persönliches Notizbuch heraus und begann
mit der Durchsicht der Vernehmungen des Tages. Seit er Sergeant bei der
Kriminalpolizei war, führte er ein informelles Notizbuch, in dem er
markante Worte und Sätze festhielt, die ihm eine Person, eine unkluge
Bemerkung, einen Dialogfetzen, einen Blickwechsel schnell wieder ins
Bewusstsein brachten. Mit diesem Hilfsmittel verfügte er über ein
beinahe vollständiges Gedächtnis. Sobald er seine private Durchsicht
beendet hatte, würde er Kate anrufen und sie und Benton zu sich bitten,
um mit ihnen die Fortschritte des Tages zu diskutieren und das Programm
für morgen festzulegen.
Die Vernehmungen hatten die Faktenlage nicht wesentlich
verändert. Obwohl Mr. Chandler-Powell ihre Handlungsweise ausdrücklich
gutgeheißen hatte, war Kimberley offensichtlich unglücklich und
versuchte sich einzureden, dass sie sich am Ende doch getäuscht haben
könnte. In der Bibliothek, allein mit ihm und Kate, hatte sie ständig
verstohlene Blicke Richtung Tür geworfen, als hoffte sie, ihr Mann
könnte sich dort materialisieren, oder weil sie fürchtete, Mr.
Chandler-Powell könnte hereinkommen. Dalgliesh und Kate hatten Geduld
mit ihr. Auf die Frage, ob sie in dem Augenblick sicher gewesen sei,
die Stimmen von Mr. Chandler-Powell und Schwester Holland gehört zu
haben, hatte sie das Gesicht zu einer Pantomime angestrengten
Nachdenkens verzerrt.
»Ich war ganz sicher, dass es Mr. Chandler-Powell und die
Oberschwester waren, aber das ist doch eigentlich klar, oder? Ich
meine, wen sonst hätte ich dort erwarten sollen? Jedenfalls haben sie
genauso geklungen, sonst hätte ich ja nicht gedacht, dass sie es waren,
oder? Was sie genau gesagt haben, weiß ich nicht mehr, aber es hat sich
wie ein Streit angehört. Ich habe die Wohnzimmertür einen Spalt weit
aufgemacht, aber ich habe sie nicht gesehen, da hab ich gedacht, dass
sie wohl im Schlafzimmer sind. Es kann natürlich auch sein, dass sie im
Wohnzimmer waren und ich sie nur nicht gesehen hab. Und die Stimmen
waren ganz bestimmt sehr laut, aber vielleicht haben sie sich nur
unterhalten. Es war sehr spät …«
Dann war sie verstummt. Von der Anklage in den Zeugenstand
gerufen, wäre Kimberley – wie auch Mrs. Skeffington –
ein Festschmaus für jeden Strafverteidiger. Auf die Frage, was als
Nächstes passiert sei, gab sie an, zu Dean zurückgegangen zu sein, der
vor Mrs. Skeffingtons Wohnzimmertür wartete, und es ihm erzählt zu
haben.
»Was haben Sie ihm erzählt?«
»Dass ich meinte, einen Streit zwischen der Oberschwester und
Mr. Chandler-Powell gehört zu haben.«
»Und dass Sie deshalb nicht nach der Oberschwester gerufen
haben, um ihr zu sagen, dass Sie Mrs. Skeffington Tee gebracht haben.«
»Ich hab es ja schon in der Bibliothek gesagt, Sir. Wir haben
beide gedacht, dass die Oberschwester nicht gestört werden wollte und
dass es auch nicht so
Weitere Kostenlose Bücher