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Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod

Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod

Titel: Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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Gelassenheit entgegensah als Benton. Er
wusste, dass AD mit seiner Arbeit zufrieden war – sonst wäre
er längst nicht mehr Teil des Teams –, aber er wusste auch,
dass er seine Meinungen zuweilen mit einem Übermaß an Enthusiasmus
statt relativiert nach etwas Überlegung vorbrachte. Andererseits würde
das Bemühen, diese Tendenz zur Überreaktion zu kontrollieren, seine
Fantasie hemmen, und so sah er der abendlichen Bestandsaufnahme, so
aufregend und wichtig sie war, nie ohne eine leise Beklommenheit
entgegen.
    Seit ihrer Ankunft im Wisteria House hatten Kate und er nur
wenig von ihren Gastgebern zu sehen bekommen. Für eine Vorstellung war
kaum Zeit gewesen, sie hatten ihre Taschen auf dem Flur stehen lassen
und waren zurück ins Manor geeilt. Eine weiße Visitenkarte mit Namen
und Adresse von Claude und Caroline Shepherd informierte sie in Form
des nachgestellten Kürzels A. a. W. darüber, dass es
ein Abendessen auf Wunsch, in jedem Fall aber ein Mittagessen gab.
Bentons Fantasie produzierte daraufhin eine faszinierende Folge ähnlich
kryptischer Abkürzungen:
h. B. a. W. – heiße Bäder oder
harte Betten auf Wunsch, W. a. W. –
Wärmflaschen auf Wunsch. Kate brauchte nicht einmal eine Minute, um die
bereits von Chief Inspector Whetstone ausgesprochene Warnung taktvoll
zu wiederholen, dass über ihre Ankunft absolutes Stillschweigen bewahrt
werden sollte. Doch sowohl ihr als auch Benton reichte ein Blick in die
intelligenten und geduldigen Gesichter der Shepherds, um zu wissen,
dass sie die Erinnerung an ein bereits geleistetes Versprechen weder
benötigten noch begrüßen würden.
    Mr. Shepherd hatte gesagt: »Wir haben nicht das Bedürfnis,
indiskret zu sein, Inspector. Die Dorfbewohner sind höflich und nicht
unfreundlich, aber auch nicht ohne Misstrauen gegenüber
Neuankömmlingen. Da wir erst seit neun Jahren hier leben, sind wir in
ihren Augen so gut wie neu in dieser Gegend und bekommen nicht viel von
ihnen zu sehen. Wir trinken unser Bier nicht im Cressett Arms und gehen
nicht in die Kirche.« Diese letzte Bemerkung machte er im
selbstgefälligen Tonfall eines Mannes, der erfolgreich einer
gefährlichen Versuchung widerstanden hatte.
    Kate fand, dass die Shepherds untypische
Bed-and-Breakfast-Wirte waren. Bei ihren sporadischen Erfahrungen mit
dieser praktischen Form der Unterkunft hatte sie eine Reihe von
Eigenschaften kennengelernt, die vielen Inhabern solcher Etablissements
gemeinsam waren. Sie waren in der Regel freundlich, manchmal gesellig,
machten gern die Bekanntschaft neuer Menschen, waren stolz auf ihr
Haus, stets zur Hand mit nützlichen Informationen über die Gegend und
ihre Attraktionen, und – zeitgemäßen Warnungen vor zu viel
Cholesterin zum Trotz – zuverlässige Lieferanten eines
reichhaltigen Frühstücks nach alter englischer Art. Und ganz sicher
waren ihre Gastgeber älter als die große Mehrzahl der Unerschrockenen,
die sich die harte Arbeit der Bewirtung einer endlosen Folge von Gästen
zumuteten. Sie waren beide hochgewachsen, Mrs. Shepherd etwas größer
als ihr Mann, und mochten älter aussehen, als sie waren. Ihre warmen,
aber wachen Augen blickten klar, ihr Handschlag war fest, ihren
Bewegungen war die Steifheit des Alters nicht anzusehen. Mr. Shepherd,
der das dichte weiße Haar über der Nickelbrille zu einem Pony
geschnitten hatte, sah aus wie eine freundliche Version von Stanley
Spencers Selbstporträt. Seine Frau hatte ihre Haare, die nicht so dicht
und inzwischen stahlgrau waren, zu einem langen, schlanken Zopf
geflochten, den sie mit zwei Kämmen auf dem Kopf festgesteckt hatte. In
ihrem Tonfall ähnelten sie einander auf erstaunliche Weise –
ein unbefangener, unverwechselbarer Oberschichtakzent, über den sich
diejenigen ärgern, die nicht über ihn verfügen, und der sie, dachte
Kate, nachhaltig von jeglicher Aussicht auf einen Job bei der BBC oder
auch nur eine Karriere als Politiker ausschloss, wenn ihnen entgegen
aller Vernunft der Sinn danach gestanden hätte.
    In ihrem Schlafzimmer fand Kate alles, was man für eine
behagliche Nachtruhe benötigte, und nichts Überflüssiges. Sie
vermutete, dass Bentons Zimmer nebenan genauso aussah. Zwei
Einzelbetten nebeneinander, auf denen makellos weiße Tagesdecken lagen,
moderne Nachttischlampen, die das Lesen vor dem Einschlafen
erleichterten, eine Kommode mit zwei Schubladen und eine Garderobe mit
hölzernen Kleiderbügeln. Das Badezimmer hatte keine Badewanne, aber ein
erster Versuch an der

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