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Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect

Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect

Titel: Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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verschwunden.«
    Er trägt die Fakten ohne Ausschmückung vor. Catherines Geschichte stimmt mit den kargen Einzelheiten überein, die sie mir in unseren Sitzungen erzählt hat. Ihre Eltern ließen sich scheiden, als sie zwölf war. Sie geriet in die falsche Gesellschaft, schniefte Aerosole und nahm Drogen. Mit fünfzehn verbrachte sie sechs Wochen in einer psychiatrischen Privatklinik in West Sussex, was ihre Familie aus nahe liegenden Gründen unter der Decke hielt. Die Entscheidung, Krankenschwester zu werden, war offenbar ein Wendepunkt. Auch wenn sie nach wie vor ihre Probleme hatte, kam sie doch einigermaßen zurecht.
    »Was hat sie nach ihrer Kündigung im Marsden Hospital gemacht? «, frage ich.
    »Sie ist zurück nach Liverpool gezogen und hat sich mit einem Handelsmatrosen verlobt. Es hat nicht geklappt.«
    »Steht er unter Verdacht?«
    »Nein. Er ist in Bahrain.«
    »Irgendwelche anderen Verdächtigen?«
    Ruiz zieht eine Augenbraue hoch. »Freiwillige vor.« Er lächelt trocken und leert seinen Drink. »Ich muss los.«
    »Was passiert als Nächstes?«
    »Ich lasse meine Leute alles über Bobby Moran ausgraben, was sie finden können. Wenn es eine Verbindung zu Catherine gibt, werde ich ihn sehr höflich bitten, mir bei meinen Ermittlungen zu helfen.«

    »Und Sie werden meinen Namen nicht erwähnen?«
    Ruiz sah mich abschätzig an. »Keine Sorge, Professor, Ihre Interessen sind meine dringlichste Sorge.«

20
    Meine Mutter hat ein hübsches Gesicht mit einer niedlichen Himmelfahrtsnase und glatten Haaren, die sie, so lange ich mich erinnern kann, immer auf dieselbe Art getragen hat – mit silbernen Spangen zurück und hinter die Ohren gesteckt. Leider habe ich den wirren Mob meines Vaters geerbt. Wenn meine Haare einen Zentimeter zu lang wachsen, werden sie völlig widerspenstig, und ich sehe aus, als hätte ich einen starken Stromstoß bekommen.
    Alles an meiner Mutter kündet von ihrem Stand als Arztgattin, bis hin zu ihren Faltenröcken, den ungemusterten Blusen und den flachen Schuhen. Als Gewohnheitstier nimmt sie ihre Handtasche sogar mit, wenn sie den Hund ausführt.
    Sie kann in der Zeit, die man braucht, um ein Ei zu kochen, ein Abendessen für zwölf Personen planen. Außerdem organisiert sie noch Garten-, Schul- und Gemeindefeste, Wohltätigkeitsveranstaltungen, Bridge-Turniere, Flohmärkte, Wandertage, Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen. Bei all diesen Talenten hat sie es trotzdem geschafft, durchs Leben zu gehen, ohne je ein Konto zu führen, eine Investitionsentscheidung zu treffen oder öffentlich eine politische Meinung zu äußern. Diese Angelegenheiten überlässt sie meinem Vater.
    Jedes Mal wenn ich über das Leben meiner Mutter nachdenke, bin ich entsetzt über die Vergeudung und das unerfüllte Versprechen. Mit achtzehn hat sie ein Mathematik-Stipendium für die Universität von Cardiff bekommen. Mit 25 veröffentlichte sie eine Arbeit, die ihr allerlei verlockende Angebote amerikanischer
Universitäten einbrachte. Und was machte sie? Sie heiratete meinen Vater und gab sich mit einem Leben kultivierter Konvention und endloser Kompromisse zufrieden.
    Ich stelle mir gerne vor, dass sie irgendwann wie Shirley Valentine mit einem griechischen Kellner durchbrennt oder einen leidenschaftlichen Liebesroman schreibt. Eines Tages wird sie all ihre Besonnenheit, Selbstdisziplin und Korrektheit unvermittelt vergessen und barfuß in Gänseblümchenfeldern tanzen und den Himalaja erwandern. Das sind nette Gedanken, auf jeden Fall besser, als die Vorstellung, dass sie meinem Vater zuhört, während er auf den Fernseher einschimpft oder laut Leserbriefe vorliest, die er an irgendwelche Zeitungen geschrieben hat.
    Das macht er gerade – er schreibt einen Brief. Er liest den Guardian nur, wenn er bei uns ist, aber dieses »rote Schmierblatt«, wie er es nennt, liefert ihm genug Material für mindestens ein Dutzend Briefe.
    Meine Mutter ist mit Julianne in der Küche und bespricht den Speiseplan für das morgige Essen. Irgendwann in den vergangenen vierundzwanzig Stunden ist entschieden worden, das Mittagessen am Sonntag zu einem großen Familientreffen zu machen. Zwei meiner Schwestern kommen samt ihren Männern und ihren ernsten Kindern. Nur Rebecca bleibt verschont. Sie ist in Bosnien und arbeitet für die UNO. Die Gute.
    Meine samstagmorgendlichen Pflichten umfassen jetzt auch die Aufgabe, ungefähr eine Tonne Installationsmaterialien und Werkzeuge aus dem Eingangsflur in den Keller zu schleppen.

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