Aendere dein Leben - erfinde dich neu
betrachten.
Erstaunlicherweise kann der Körper manches lösen, was dem Kopf bei aller Anstrengung nicht gelingt. Die Bedeutung von körperlicher Betätigung, Spazierengehen oder Sport wird offensichtlich, sobald man weiß, dass Sport nicht nur das Risiko senkt, vorzeitig zu sterben, sondern auch die Neubildung von Neuronen in Gehirnarealen fördert, die wir benötigen, um uns neue Erfahrungen einzuprägen. Zudem ist dieser Bereich, der Hippocampus, von besonderer Bedeutung für die Regulierung der Kernbereiche in der Amygdala, die sich im Gehirn direkt vor dem Hippocampus befinden und von wo Reaktionen wie Panik oder Zorn ihren Ausgang nehmen. Hat man nicht tatsächlich den Eindruck, dass man sich nach dem Wechsel von der sitzenden Lebensweise zu mehr Bewegung weniger über Ereignisse aufregt, die man als negativ einstufen könnte? Das liegt daran, dass der Hippocampus der Amygdala das Signal gibt, sich nicht über die Fliege an der Wand aufzuregen.
Die Wichtigkeit der Körperhaltung bei Dingen, die scheinbar überhaupt nichts damit zu tun haben– wie zum Beispiel dem Umgang mit Emotionen–, kennen wir aus dem Yoga wie auch aus anderen Formen bewusster Körperarbeit. Im Westen war es insbesondere F. M. Alexander, der uns diesen fundamentalen Aspekt unserer Physiologie nahegebracht hat.
Frederick Matthias Alexander kam 1869 auf der australischen Insel Tasmanien zur Welt. Alexander war Schauspieler und hatte sich auf Shakespeare spezialisiert. Irgendwann kämpfte er im entscheidenden Moment mit einem ernsten Problem: Mitten in der Aufführung blieb ihm die Stimme weg. Es ist leicht nachvollziehbar, was der Verlust der Stimme für jemanden bedeutet, der sich zum Schauspieler berufen fühlt und davon lebt.
Alexander suchte verschiedene Ärzte auf, doch niemand konnte die Ursache seines Leidens, geschweige denn eine auch nur ansatzweise brauchbare Therapie benennen. Anstatt sich neu zu orientieren oder zu verzweifeln, ging der ungewöhnliche Mann daraufhin a uf eigen e Faust der Frage nach: »Was passiert da mit mir?«
Das Erste, was er sich mithilfe von Spiegeln bewusst machte, war, dass seine sensorische Wahrnehmung ihm falsche Informationen lieferte. Wenn er das Gefühl hatte, eine bestimmte Kopfhaltung einzunehmen, stellte er vor dem Spiegel fest, dass der Kopf entweder weiter vorne oder weiter hinten war, als er glaubte.
Seine zweite große Entdeckung war, dass der Körper seine eigenen Korrektursysteme besitzt, die wir jedoch durch verschiedene Denkmuster und Automatismen blockieren, welche sich in der Art und Weise widerspiegeln, wie wir unseren Körper benutzen. Alexander zufolge können wir dysfunktionale Haltungen schlicht vermeiden, wenn wir uns unsere Fehlhaltungen einfach bewusst machen und sie korrigieren, dann werden wir automatisch eine gesunde Haltung einnehmen. Deshalb geht es aus seiner Sicht darum, zunächst einmal sich selbst bewusst wahrzunehmen, um Fehlreaktionen gar nicht erst zuzulassen und so schließlich das Richtige zu tun.
Eine wichtige persönliche Veränderung erfordert stets die gleichen Schritte: Zuallererst muss man sich die unbewusste Fehlhaltung bewusst machen. Das geht nur durch eine Erhöhung der bedachten Wahrnehmung, das heißt der Fähigkeit, uns etwas bewusst zu machen, was wir bisher nicht bewusst wahrgenommen haben.
Der zweite Schritt führt vom bewussten Unvermögen zur bewussten Kompetenz. Hier geht es um die Nutzung unserer Willenskraft und unserer Entscheidung, den einmal gefassten Entschluss in die Tat umzusetzen, auch wenn es uns schwerfällt. Das ist eine sehr schwierige Phase, weil wir ständig darum kämpfen, nicht wieder in die alten Gewohnheiten zurückzufallen.
Der dritte und letzte Schritt macht aus der bewussten Kompetenz eine unbewusste. Dabei bildet sich eine deutlich bessere und gesündere neue Gewohnheit heraus.
Wenn wir keine neuen Gewohnheiten einüben, kehren wir unmerklich zur alten Reaktionsweise zurück. Offenbar können wir nur dann das Richtige tun, wenn wir es an die Stelle des Falschen setzen.
»Viele Gewohnheiten schließen Türen. Wir müssen sie wieder öffnen, indem wir dem, was wir tun, mehr Aufmerksamkeit schenken.«
Alexander war bewusst, dass das persönliche Verhalten die Befindlichkeit beeinflusst und dass das Erlernen einer korrekten Sitzhaltung, sinnvoller Bewegungsabläufe und einer Sprechweise, bei der sich der Kopf im Gleichgewicht befindet, nicht nur Auswirkungen darauf hat, wie wir uns fühlen, sondern auch auf die
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