Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Äon

Äon

Titel: Äon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
Vom Netzwerk:
überstehen.
    Trotz der Nähe der Plasmafront begann Olmy, das Defektschiff abzubremsen. Es waren zwei pfeilförmige Flieger an Bord, die Prescient Oyu nun für Patricias Reise rüstete.
    Patricia ging zu Lanier und umarmte ihn herzlich.
    »Danke für alles«, sagte sie.
    Lanier wollte ihr das Vorhaben ausreden, sah aber davon ab. »Du hast mir viel bedeutet«, sagte er.
    »War ich nicht nur’n grünes Gör, das du hüten mußtest?« meinte sie lächelnd.
    »Ach was! Ich…« Er kehrte das Gesicht ab, auf dem sich ein paar traurige Wandlungen vollzogen, und schüttelte dann den Kopf. »Du bist was ganz Besonderes, Patricia.« Er lachte heiser trotz seiner Tränen. »Ich weiß zwar nicht, warum, aber du bist wirklich was ganz Besonderes.«
    »Wollen wir mitkommen?« fragte Olmy, der zu ihnen traktionierte. In jeder Hand hielt er einen kleinen, kugeligen schwarzen Monitor.
    »Was?« fragte Lanier.
    »Sie braucht Hilfe. Ich komme mit.«
    Prescient Oyu, die Lanier seine Verwirrung ansah, erklärte: »Es wird ein Partieller hergestellt, den der Monitor projiziert. Der Partielle wird natürlich keine Rückmeldung machen können, denn wir müssen weiterfahren, sobald wir Patricia abgesetzt haben.«
    »Und die Partiellen kommen um?« fragte Lanier.
    »Sie gehen zusammen mit den Monitoren kaputt«, sagte Olmy. »Wir aber nicht.«
    Lanier spürte einen schaurigen Luftzug in seinem Schädel. »Ja«, sagte er. »Ich würd’ sehr gern mitkommen.«
     
    Ramon, der Tiempos de Los Angeles liest. Rita, die ein Willkommensmahl bereitet. Heimkehren. Der wartende Paul. Was werde ich Paul sagen? »Du wirst es nicht glauben, aber…« Oder: »Ich hab’ dich betrogen, Paul, aber…« Oder einfach lächeln und von vorn anfangen…
    Olmy und Lanier – eigentlich ihre Partiellen – saßen neben Patricia im Flieger. Das Klavikel lag auf ihrem Schoß. Der Bildschirm vor ihr zeigte die öde, glatte Oberfläche des Wegs. Patricia umklammerte die Klavikelgriffe und spürte dank der Übertragung des Klavikels die Qualität des Superraums an jeder Stelle »unter« der Oberfläche.
    Was sie suchte, war schwieriger zu finden als eine Nadel im Heuhaufen. Sie suchte ein Universum ohne Tod und ohne Patricia, wo der Stein angekommen war aber keinen Krieg ausgelöst hatte und wo ihr Gegenstück auf irgendeine Weise umgekommen war.
    Wenn sie das nicht fände (und sie war sich alles andere als sicher, ob sie so präzise vorgehen könnte, obwohl ein solcher Ort existieren und sich deutlich von allen anderen unterscheiden würde), würde sie sich mit einem Universum begnügen, in dem es sie doppelt gäbe. Sie würde sich mit allem begnügen, was sie heimwärts führte. Sie blickte auf Laniers Bild. Er lächelte aufmunternd und zugleich unsicher.
    Und mit einemmal fühlte sie sich wunderbar, obwohl sie keine Gewißheit eines Erfolgs hatte. Freude kam über Patricia Luisa Vasquez, die das Gestern nicht mehr bedrückte und das Morgen nicht mehr kümmerte. Es war ein neues Gefühl für sie. Es war mehr als Zuversicht und Euphorie. Es war das freudige Gefühl der Dankbarkeit für alles, was sie erlebt hatte und erleben würde, die Erfüllung des Zwangs, dem sie von Kindheit an erlegen war: nicht normal zu sein. Kein normales Leben zu führen, sondern sich den ungewöhnlichsten Erfahrungen hinzugeben, die nur denkbar waren. Angesichts einer derart gearteten Welt hatte sie längst erkannt, daß sie diese außergewöhnlichen Bedingungen in ihrem Kopf schaffen müsse. Und dann stellte sich die Welt auf den Kopf. Die Universen hatten sich in unverständlicher Weise verquickt und ihr eine Erfahrung beschert, die den Visionen in ihrem Kopf entlehnt war und noch wundersamer und extravaganter gestaltet wurde durch die Geschichte und das Beteiligtsein von mehreren Zehnmilliarden Menschen und wer weiß wie vielen Nichtmenschen?
    Es war kein solipsistisches Moment [xviii] ; sie betrachtete sich weder isoliert, noch fühlte sie sich einzigartig. Aber sie erkannte, wie außergewöhnlich ihr Leben war. Ihre innigsten, kühnsten Träume gingen in Erfüllung.
    Alles andere ist fad, dachte sie. Sogar das Heimkehren.
    Der Flieger landete weich auf der Oberfläche des Wegs. Das Klavikel in ihren Händen summte munter und besagte, daß sie einige Kilometer südlich suchen müsse. Sie gab die Information an Olmys Partiellen weiter, der den Flieger zu einem kurzen Hopser abhob.
    Droben beschleunigte das Defektschiff wieder Richtung Süden.
    Sie schloß die Augen und ließ sich von

Weitere Kostenlose Bücher