Aerzte zum Verlieben Band 58
furchtbar gern, aber mit ihnen zusammenwohnen könnte ich nach vierzehn Jahren in Glasgow nicht mehr. Sie würden mich mit ihren dauernden Fragen in den Wahnsinn treiben. Dagegen bist du die Zurückhaltung in Person“, fügte er hinzu, als er bemerkte, wie sie errötete. „Und mit meinem älteren Bruder zusammenzuleben, ist definitiv ein No-go.“
Er hatte es zwar ernsthaft erwogen, in der Hoffnung, einen positiven Einfluss auf George auszuüben. Keine fünf Minuten später hatte er die Idee wieder verworfen. Sein Bruder war ein sturer Dickschädel und ließ sich von nichts und niemandem beeinflussen.
„Verstehst du dich nicht mit ihm?“
Ed musste lachen. „Doch, wir kommen sogar prima miteinander aus. Aber er ist so ganz anders als ich, schmeißt sich ohne Rücksicht auf Verluste ins pralle Leben.“
„Und das missbilligst du?“
„Missbilligen ist nicht das richtige Wort, ich mache mir Sorgen, dass er den Bogen überspannt. Ich würde ihn genauso verrückt machen wie er mich, sollten wir zusammenwohnen.“ Er sah sie forschend an. „Und was ist mit dir?“
„Ich habe meine eigene Wohnung.“
Aha, wieder eine ausweichende Antwort. Na gut, dann würde er es eben direkt angehen. „Hast du Familie in London?“
„Nein.“
„Du redest wohl nicht gerne über dich selbst, was?“, bohrte er weiter.
„Na ja, was willst du wissen? Ich bin achtundzwanzig, arbeite auf meinen Facharzt hin und liebe meinen Job. Meine Eltern sind beide pensioniert und leben nicht mehr in London, sondern in einem wunderschönen Haus in Cornwall mit Blick aufs Meer.“ Sie zögerte kurz. „Mehr gibt’s nicht zu sagen.“
Ihre Körpersprache signalisierte ihm eindeutig, dass er es dabei bewenden lassen sollte. Also wechselte er das Thema. „Warum bist du Ärztin geworden?“
„Das Helfersyndrom, du weißt schon“, erwiderte sie freimütig. „Da bot sich der Arztberuf geradezu an.“
„Wieder etwas, was wir gemeinsam haben. Und warum Geburtshilfe?“
„Ich war fasziniert von den Methoden der künstlichen Befruchtung. Mir gefiel die Vorstellung, Menschen zur Erfüllung ihres größten Lebenstraums zu verhelfen: einer eigenen Familie.“ Der Traumfamilie, die ihr nicht vergönnt gewesen war. Sie schob den Gedanken beiseite. „Während meiner Zeit als Ärztin im Praktikum auf der Entbindungsstation ist mir klar geworden, wie sehr ich Babys liebe. Es ist einfach jedes Mal wieder ein unvergleichlich magischer Moment, Zeugin einer Geburt zu werden. Ich warne dich schon mal im Voraus, dass ich jedes Mal zu heulen anfange.“
Dass sie ein weiches Herz hatte, war ihm schon bei der Visite aufgefallen. Sie fühlte mit ihren Patientinnen.
„Also spezialisiere ich mich gerade auf Geburtshilfe und Reproduktionsmedizin. Eine tolle Kombination, finde ich.“ Sie sah ihn fragend an. „Und was hat dich zur Geburtshilfe geführt?“
„In etwa dieselben Beweggründe, denke ich. Genau wie du bin ich der Helfertyp. Schon als ich klein war, hab ich mit meinen Hunden Doktor gespielt und ihnen die Pfoten verbunden.“
„Wolltest du Tierarzt werden?“
„Früher mal, ja.“ Er lachte. „Zum Glück waren die Hunde ziemlich geduldig und ließen sich widerstandslos von mir verarzten. Ganz im Gegensatz zu meinem Bruder George, der mir regelmäßig eine Kopfnuss verpasste, wenn ich mich mit Plastikspritzen und Spielzeugstethoskop an ihn heranpirschte.“ Um seine Mundwinkel legte sich ein melancholischer Zug.
„Als meine Stiefmutter Frances dann eine kleine Tochter bekam, war das wie ein Aha-Erlebnis für mich. Alle waren ganz außer sich vor Freude über dieses rotgesichtige, permanent aus vollem Hals brüllende kleine Bündel. Da wusste ich, was ich wollte: rotgesichtigen, brüllenden Bündeln auf die Welt helfen und Eltern ein glückliches Strahlen aufs Gesicht zaubern.“
Prince Charming war wirklich richtig süß … „Hast du ein gutes Verhältnis zu deinem Bruder George? Was macht er denn beruflich?“
„Er …“, Ed zögerte. Wussten Jane und die anderen, dass sein großer Bruder der ehrenwerte George Somers war, der zukünftige Baron? „Er ist im Familienunternehmen tätig.“
Jane erkannte sofort, dass er sich um eine Antwort drückte. So etwas entging ihr nicht, war sie doch selbst Meisterin darin, um den heißen Brei herumzureden. Ed wollte genauso wenig über seinen Bruder George sprechen wie sie über ihre Schwester Jenna. Doch als er seine Sorge um ihn geäußert hatte, hatte ehrliche Zuneigung in seiner
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