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Aethermagie

Titel: Aethermagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Umstände ihren Arm aus der Schlinge, ohne dabei sonderlich zimperlich mit dem verletzten Körperteil umzugehen. Er begann den Verband zu lösen. Katya betrachtete gespannt und mit Sorge, was darunter zum Vorschein kam. Sie blinzelte verblüfft. Was ihre Augen ihr zeigten, ergab keinen Sinn.
    Ihr Arm endete kurz über dem Handgelenk, als wäre ihre Hand mit einer scharfen Klinge amputiert worden. Wo ihre Hand gewesen war, erschien nun ein diffuser, vage handförmiger Umriss, der sein Aussehen mit jedem Lidschlag veränderte. Sie sah treibende Nebel über einer Wasserfläche. Einen Sternenhimmel. Eine Wiese mit blühenden Blumen, ein getigertes Katzenfell, dunkelroten Samt, eine trübe Pfütze, einen blauen Himmel, über den sich ein Regenbogen spannte, den Ausschnitt eines Gesichtes, das sie aus verblüfften blauen Augen anschaute, eine Hausmauer, ein Feuerwerk, grünen Seidenstoff, der changierende Falten warf, dunkle Erde, glimmerndes Felsgestein, ein grelles Licht, steinigen Wüstenboden, sich im Winde wiegendes Laub, Fische, die durch sonnengesprenkeltes Wasser schwammen …
    Katya riss ihren Blick los und sah den Leukos an. »Was ist das?« Ihre Stimme klang schriller, als ihr lieb war.
    Belpharion beugte sich über das, was einmal ihre Hand gewesen war, nickte nachdenklich und griff dann durch Katyas Hand hindurch. Sie schüttelte sich unwillkürlich. Die blassen Finger des Engels tauchten in die Fläche, die gerade das Schuppenmuster eines Schlangenleibes zeigte, und waren nicht mehr zu sehen. Katya spürte nichts von dieser Durchdringung und als sie den Empfindungen ihrer Hand nachfühlte, waren da wieder nur die sachte Berührung von weichem Gras, das fächelnde Gefühl von Wind, eine Empfindung, als striche glatter Stoff über ihre Fingerspitzen.
    Katya hob den Blick, sah Belpharion an, der die Augen geschlossen hatte und tief in Gedanken versunken schien.
    Etwas tastete nach Katyas verwandelter Hand. Kühle, glatte Haut. Finger schlossen sich um ihre Finger, verschränkten sich mit ihnen. Katya schnappte nach Luft. Die Berührung war fest und beruhigend, aber sie erschreckte sie dennoch zu Tode.
    Belpharion öffnete die Augen und nickte. »Das wird kompliziert«, sagte er im Plauderton. »Ich denke, wir brauchen hierfür Meister Tiez.«
    Der Griff um Katyas Hand löste sich. Einen Augenblick später zog der Leukos seine Hand aus dem Abbild einer sonnenbeschienenen Wasserfläche und rieb sie nachdenklich mit der anderen. »Du solltest sie für den Moment wieder verbinden«, sagte er. »Soll ich Anselm bitten, dir eine der sicheren Kammern in den Tiefen Gewölben zuzuweisen?«
    Katya legte das Tuch über die irritierenden Erscheinungen, die sich in ihrer Hand abspielten. »Ich werde hier nicht herumsitzen und darauf warten, dass man uns überrennt. Es geht mir gut und ich brauche die Linke nicht, um einen Revolver abzufeuern.« Ein Kälteschauer überlief sie.
    »Du hast einen Schock.« Belpharion hob den Kopf und sah an ihr vorbei zur Tür. Er nickte, und Katya sah im Augenwinkel, dass jemand eingetreten war. »Du solltest dich denen anschließen, die jetzt noch evakuiert werden.«
    »Ich bin kein Krüppel und ich weiß mich zu schützen«, sagte Katya zornig. Sie wandte den Kopf, um zu sehen, wer in der Tür stand und sie belauschte. Ihr Blick traf den Roten Milan und einen hübschen, dunkelhaarigen Jungen, der ihr bekannt vorkam.
    Den sie nur allzu gut kannte. »Ah«, sagte sie und einen Atemzug lang blieb die Welt stehen.

    Kato saß an dem langen Refektoriumstisch und schloss die Hände um einen Napf mit heißer Suppe. Sie war müde und aufgekratzt zugleich und so hungrig, dass ihr Magen schmerzte und sich ganz verknotet anfühlte. Ihr Rücken wurde vom Kaminfeuer gewärmt.
    Der Leukos saß neben ihr, hatte seine Beine auf den Nachbarschemel gelegt und blickte schweigend ins Feuer. Die Flammen spiegelten sich in seinen schwarzen Augen und der rote Schein der Glut warf Reflexe auf sein federweißes Haar. Er wirkte in diesem Augenblick so fremd und fern wie ein Stern am Nachthimmel.
    Kato riss den Blick von Belpharion los und widmete sich ihrem Essen. Heiße, dicke Gemüsebrühe mit großen Kartoffelstücken, sättigend und besänftigend. Sie genoss jeden Bissen und ließ ihre Gedanken zur Ruhe kommen.
    »Es gibt nicht viele deiner Art, die Gefährten finden«, sagte Belpharion nach einer Weile unvermittelt. Er griff nach dem Becher, der neben ihm stand, und nippte daran. »Mir sind bisher in meinem

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