Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition)
mal das Zimmer von dem jungen Mann an”, beschloss Friedrich und ließ sich erklären, wo sich das befand. Sie machten sich auf den Weg. Paul zog seine Jacke aus und lockerte seine Halsbinde. Dabei fasste er an die Brosche und fühlte wieder diesen Schwindel: Es war, als ob die Welt kurz anhielt und durch eine andere ersetzt wurde, ein Überlappen und Verschwimmen der Bilder, die ihm seine Augen lieferten. Sein Gehirn bekam aber andere Informationen: ein Gang, lang und dunkel, vor sich nur ein Licht, getragen von einem großen Mann, der eine grüne Aura um sich hatte, die ihn anblickte, böse, aggressiv, feindselig.
Paul stolperte und lehnte sich gegen den Stamm einer Palme.
„Was ist?”, fragte Friedrich.
Paul wischte sich über die Augen: „Ich weiß nicht. Ich hatte so etwas schon einmal. Mein Schmuckstück hat wohl eine Resonanz zu Annabelles … ich habe es ihr am Tag ihrer Abreise gegeben. Ich habe etwas gesehen, einen Tunnel, und einen Mann, ich glaube, das war Valentin. Sie sind in den Tunneln.”
Friedrich zog zweifelnd seine Stirn kraus, stimmte aber zu: „Das ist am wahrscheinlichsten.”
Sie betraten die Eingangshalle. An der Vordertür klopfte es. Es waren die Mannwölfe.
„Sie können Johanna nicht finden”, erklärte Hartwig. „Hinter dem Haus ist ein Sumpf, sie haben den Geruch verloren.”
Friedrich und Paul sahen sich entsetzt an. Friedrich wandte sich an Schneider: „Gehen Sie mit Hartwig schon einmal nach oben”, dann wandte er sich an seinen Adjutanten: „Schicken Sie zwei meiner Männer und ...”
Ein Schuss peitschte. Die Soldaten zogen ihre Waffen und nahmen Kampfhaltung an. Ein Polizist kam ihnen entgegen gerannt, sah sie entsetzt an und rief: „Dort ist ein Monster! Eine Verdorbene, eine Frau in einem Kleid, aber es ist keine Frau.” Der Mann wich weiter zurück, als aus dem Gang ein weiterer Polizist mit erhobener Waffe rückwärts herausstolperte: Er bedrohte eine ”Frau”, die ihn mit ungelenken Schritten verfolgte.
„Das ist kein Monster”, rief Friedrich. „Das ist nur eine mechanische Puppe.”
Der Polizist sah ihn verwirrt an und ließ nur widerstrebend die Waffe sinken. Die Puppe kümmerte sich nicht um ihn, sondern ging wackelig an ihm vorbei. Sie beachtete auch die Zuschauer nicht, die vorsichtig aus dem Speiseraum schauten. Die Federn auf ihrem gewaltigen Hut wippten bei jedem klappernden Schritt.
„Das hat der junge Bader gebaut”, erklärte Friedrich angewidert. Paul war einerseits entsetzt, aber auch fasziniert. Er näherte sich der Puppe: „Guten Tag.”
„Guten Tag”, schnarrte sie.
„Wo soll es denn hingehen? Kann ich Ihnen behilflich sein?”
Die Puppe hielt inne und drehte ihren Kopf. Die Kugel hatte sie an der Schläfe getroffen und eine Delle hinterlassen. Sie nahm ruckartig seinen ausgestreckten Arm an.
„Ich bin fast leer. Ich muss aufgeladen werden. Begleiten Sie mich.” Die Stimme hatte überhaupt keine Modulation.
„Aber selbstverständlich”, sagte Paul und beachtete die verwirrten Blicke der Umstehenden nicht. Alles, was ihm helfen würde, den Sohn des Hauses zu verstehen und zu finden, war wichtig. „Wenn Sie mir den Weg weisen.”
Die mechanische Frau stackste wieder los und alle wichen zurück. Paul ließ sich führen und landete vor der Tür, die er mit Hartwig vor Kurzem verlassen hatte.
„Es ist verschlossen”, sagte er.
Die Puppe verharrte kurz, dann surrte es in ihrem rechten Arm und sie entzog ihm ihren linken.
„Entschuldigen Sie”, sagte sie und zupfte sich den Handschuh ab. Dann bewegte sie ihren Zeigefinger zu dem Schlüsselloch und aus seiner Spitze klickerte ein Stab mit Bart heraus. Sie steckte ihn in das Schloss und es klackerte und surrte, sie zog den Finger heraus und legte den Handschuh wieder an.
Ganz selbstverständlich hakte sie sich bei Paul wieder unter und betrat den kleinen Raum, an dessen Ende eine enge gewundene Treppe nach unten führte.
* * *
Schneider stand mit Hartwig im Zimmer von Valentin Bader.
„Hier riecht es nach Blut”, sagte Hartwig heiser.
Schneider sah sich um. Das Zimmer war spartanisch eingerichtet: ein schlichtes Bett, ein Nachttisch. Ein Schreibtisch am Fenster, welches aber wie alle anderen verrammelt war. Eine weitere Tür, die in ein kleines Bad führte.
Ein Schrank mit vielen, vorwiegend schwarzen Kleidungsstücken. Nach kurzem Hinsehen bemerkte Schneider, dass es eigentlich nicht wirklich viele Kleider waren, sondern dass es nur so aussah, da vom Anzug
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