Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition)
sich an der Tür noch einmal kurz um. Sie verstand seine Schwierigkeiten und war froh, dass sie nicht in dieser Situation war. Hartmann war nur ein Mensch, der eine besondere Fähigkeit hatte, und der nun um seinen Platz in der Welt rang. Auch wenn sein Aussehen und seine Kraft an einen Boten Gottes erinnerte, konnte Annabelle sich nicht vorstellen, dass er wirklich ein Engel war.
Seit dem Auftauchen des Æthers waren viele Gestalten aus Märchen und Legenden zu neuem Leben erwacht, aber was war ein Engel eigentlich? An die Existenz eines solchen Götterboten zu glauben hieß automatisch, an Gott zu glauben und an ein Himmelsheer, wie es in der Bibel beschrieben wurde. Das fiel Annabelle schwer.
„Das war schwierig”, sagte Burger zu Paul, als sie am Automobil ankamen. „Es war mir nicht möglich, einen klaren Gedanken zu fassen.”
„Ich weiß”, sagte Paul nachdenklich. „Ich habe keine Ahnung, woran es lag, aber ich konnte es völlig von mir trennen. Es war da, dieses Versprechen von Frieden und Sorglosigkeit, und ich hätte es gerne angenommen, aber es schien mir nicht richtig.” Annabelle sah Paul an. Sein dunkles Haar wurde vom Wind weiter verstrubbelt, als er den Hut abnahm, um sich am Kopf zu kratzen. Sein schmales Gesicht mit den braunen Augen blickte ernst und sorgenvoll zur Burgruine hoch. Sie liebte ihn gerade so sehr, dass es fast weh tat, und berührte seine Schulter mit ihrer Hand. Er wandte sich ihr zu und die Sorgenfalte über der Nase verschwand. Er lächelte sie an, und sie hätte ihn gerne geküsst, aber es war nicht die richtige Umgebung. Paul setzte den Hut wieder auf und öffnete ihr die Autotür.
Annabelle stieg in den Wagen und sah durch die Scheibe nach oben. Ein Aufschrei aus vielen Kehlen war bis hier unten zu hören, als Georg Hartmann sich mit mächtigen Flügelschlägen gen Himmel schraubte.
„Ich hoffe, er flieht jetzt nicht vor den Problemen, die er geschaffen hat”, sagte Paul grimmig.
Annabelle schüttelte den Kopf: „Er macht das wie ich. Wenn ich den Kopf freimachen will, dann reite ich ganz schnell, um den Wind die Arbeit erledigen zu lassen.”
Paul sah sie an: „Das sollten wir auch mal wieder tun.”
„Du hast keine Chance”, sagte Annabelle und grinste. Paul verlor im Wettrennen gegen sie immer noch.
Paul nickte: „Aber ich gebe nicht auf.” Er rückte seinen Hut zurecht und Annabelle lehnte sich dankbar an ihn, während Karl Burger das Automobil den Berg herunter steuerte.
* * *
„… ich war mir ganz sicher, dass der Kerl in seinem Kopf noch wie ein Mensch dachte. Und ein Mensch würde seine Arme eher benutzen, als seinen Mund. Das war eine sichere Sache. Obwohl er schon mächtig stark war, und ihr hättet seine Zähne sehen sollen.” Friedrich war mit sich zufrieden, das konnte man sehen. Sein Arm war gebrochen und ihm eng an den Leib gebunden, aber er ließ sich keine Schmerzen anmerken. Er nahm das Glas Gin Tonic, welches sein Vater ihm reichte, und setzte sich.
Paul betrachtete seinen 'kleinen' Bruder, während der ihrem Vater im heimischen Salon von seinem gestrigen Fang erzählte. Friedrich war der geborene Soldat: groß, breitschultrig, muskulös, mit dieser Ausstrahlung von Kompetenz und Stärke, die ihn in der Hierarchie noch weit bringen würde.
Bei den Frauen waren es auch noch seine blauen Augen in Kombination mit den blonden Haaren, die ihn besonders begehrenswert machten. Friedrich hatte eine Menge Erfahrungen mit dem schönen Geschlecht, aber Paul neidete es ihm nicht. Was er ihm allerdings neidete, war diese Leichtigkeit des Seins, die er suggerierte. Wahrscheinlich tat Paul ihm manchmal unrecht, aber Friedrich schien sich mit seinen Beziehungen nicht so schwer zu tun. Er war jetzt schon eine ganze Weile mit Johanna Winkler, Annabelles Freundin verbandelt, aber Paul wusste nicht, ob es etwas Ernstes war.
„Und, was hast du heute so getan?”, fragte Friedrich ihn plötzlich.
„Nichts so Heldenhaftes”, sagte Paul. „Jedenfalls wird es morgen nicht in der Zeitung stehen.”
Friedrich grinste. Paul fuhr sich durch die strubbeligen Haare und schenkte sich einen Cognac ein.
„Wir waren heute auf der Ebersteinburg”, sagte er nach dem ersten Schluck.
„Wo dieser Engel wohnt?”, fragte Peter Falkenberg interessiert.
„Ja”, sagte Paul und schwenkte sein Glas. „Obwohl ich es nicht richtig finde, ihn so zu nennen.”
„Warum nicht?”, fragte Friedrich und zuckte mit den Schultern. „Alle tun das.”
„Er ist aber
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