Affaere im Paradies
alles kannte er bereits nur zu gut. Nach einem flüchtigen Blick durch den Raum schob Matthew sich durch die anwesenden Leute und Schreibtische. Die Polizisten, die Opfer, die Verdächtigen beachteten ihn ebenso wenig wie er sie.
Eine schlanke Brünette in einer zerknitterten Uniform klemmte sich ihr Telefon zwischen Hals und Schulter und hob grüßend die Hand. Matthew hockte sich auf die Kante ihres Schreibtisches. Laurel stand neben ihm und beobachtete zwei ältere Männer, die kurz vor einer Schlägerei standen, ehe man sie trennte.
»Nun, Matthew, schieß los, was führt dich in unser Paradies?« Die Brünette legte den Hörer auf und lächelte ihn an.
»Wie geht es dir, Sergeant?«
Die Brünette lehnte sich im Stuhl zurück und musterte ihn mit einem langen, durchdringenden Blick. »Ich habe meine Telefonnummer hier nicht geändert – oder die von zu Hause.«
»Die Stadt hält uns beide ganz schön auf Trab, nicht wahr? Warst du kürzlich im ›Nugget‹?«
Sie hob einen Kugelschreiber auf und klopfte damit leicht gegen ihren Mund. »Seit letztem Monat nicht mehr. Willst du mich zu einem Drink einladen?«
»Du kannst Gedanken lesen, aber ich habe etwas anderes auf dem Herzen.«
Die Polizistin lachte kurz auf und ließ ihren Schreiber auf den voll gekritzelten Block vor sich fallen. »Natürlich. Was willst du, Matthew?«
»Einen raschen Blick auf die Akten eines Falles – eines abgeschlossenen Falles«, fügte er hinzu. »Ich muss noch Nachforschungen für eine Geschichte machen, die ich geschrieben habe, vielleicht für eine Fortsetzung.«
Ihre Augen verengten sich. »Welchen Fall?«
»Anne Trulane.«
»Das ist heikles Feld, Matthew.« Ihr Blick richtete sich auf Laurel.
»Laurel Armand, Sergeant Carolyn Baker. Laurel und ich arbeiten an dieser Sache zusammen«, sagte Matthew aalglatt. »Sie ist eine alte Freundin der Trulanes. Ich dachte, wir könnten ein wenig tiefer schürfen. Der Fall ist abgeschlossen, Sergeant, aber zum Teufel, ich habe von Anfang bis Ende darüber berichtet.«
»Du hast den Bericht schon gelesen.«
»Dann kann es niemandem schaden, wenn ich ihn noch einmal einsehe.« Er schenkte ihr ein charmantes Lächeln. »Du weißt, ich bin ein ehrlicher Mensch, Carolyn, und drucke keine vertraulichen Informationen, keine Mutmaßungen in einer Sache ab, die den Ermittlungen schaden könnten.«
»Tja, Matthew, du bist wirklich ehrlich.« Sie warf ihm einen Blick zu, der wie Laurel fand, eher etwas mit persönlichen als geschäftlichen Gefühlen zu tun hatte, dann zuckte sie die Schultern. »Die gerichtlichen Untersuchungen wurden der Öffentlichkeit bekannt gegeben.« Sie stand auf und ging ins Nebenzimmer. Die beiden alten Männer neben ihnen warfen sich Beschimpfungen an den Kopf.
»Arbeitest du immer auf diese Weise, Matthew?«
Matthew drehte sich mit einem entwaffnenden Lächeln zu Laurel. »Auf welche Weise?« Als sie schwieg und ihn nur ansah, grinste er. »Eifersüchtig, meine Liebe? Du hältst mein Herz in deiner Hand.«
»Ich hätte es lieber unter meinem Fuß.«
»Gemein«, murmelte er und erhob sich vom Schreibtisch, als Carolyn zurückkam.
»Du kannst die Akten einsehen, nimm sie in das erste Vernehmungszimmer mit. Es ist leer.« Sie warf einen raschen Blick durch den belebten Raum. »Für den Augenblick«, setzte sie trocken hinzu. Sie schlug ein Buch auf und drehte sich zu ihm hin. »Bitte, unterschreib hier.«
»Ich bin in deiner Schuld, Sergeant.«
Sie wartete, bis er unterschrieben hatte. »Du wirst sie begleichen.«
Mit einem unterdrückten Lachen bahnte Matthew sich den Weg zum Vernehmungszimmer. Eine interessante Frau, diese Sergeant Baker. Seltsam, dass es niemals sie war, die ihm zu den ausgefallensten Zeiten in den Sinn kam. Weder sie noch eine andere … der interessanten Frauen, die er kannte. Nur eine einzige Frau.
»Setz dich«, bat Matthew Laurel, schloss die Tür und ließ damit den größten Lärm hinter ihnen. Der Stuhl, den er sich nahm, machte auf dem Fußboden ein kratzendes Geräusch, als er ihn unter dem langen, abgenutzten Tisch hervorzog.
»Ein erfreulicher Ort«, murmelte Laurel und musterte die faden weißen Wände und das abgetretene Linoleum.
»Du musst schon ins Rathaus gehen, wenn du saubere Büros und weiße Hemdkragen um dich haben willst.« Er öffnete die Akte und blätterte sie rasch durch.
Er passt hierher, erkannte Laurel mit einem gewissen widerwilligen Respekt. Es gab mehr Seiten an ihm, als sie glauben mochte. Aber es
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