Affaere im Paradies
feuchten Bodens und verrottenden Grases. Sie wusste, es gab im Osten und Südwesten sogar Treibsand. »Ich würde diesen Weg dort wie eine Wilde hinunter rennen«, sagte sie und wies in die Richtung, »mich an diesem Baumstumpf dort nach rechts halten und geradeaus weiterlaufen.«
»Und du wärest in fünf Minuten draußen«, murmelte er. Er wandte sich ihr wieder zu. Das Mondlicht reflektierte sich schimmernd in seinen Augen. »Warum ist sie weiter hineingegangen?«
»Man hat sie am Fluss gefunden, nicht wahr?«
»Ja.« Er sah Laurel weiterhin an. »Mittendrin. Als wir die Gegend nach ihr absuchten, stießen wir hin und wieder dort auf ihre Spuren, wo sie sich im feuchten Untergrund längere Zeit gehalten hatten. Sie ergaben keinen Sinn.«
»Viel zu viele Menschen sind hier wohl schon umgekommen«, sagte Laurel schaudernd.
Beruhigend legte er ihr den Arm um die Schultern und sagte zärtlich: »Möchtest du zurück?«
Himmel, ja, dachte sie, aber tapfer hob sie den Kopf. »Nein, lass uns weitergehen. Man kann bereits den Fluss riechen.«
Als Laurel und Matthew sich dem Ufer näherten, rochen sie die feuchten Blätter und das Gestrüpp, der Fluss jedoch floss träge und geräuschlos dahin. Zypressen warfen klumpige Schatten. Ein paar Strahlen des Mondlichtes drangen durch die überhängenden Bäume und fielen bleich auf das Wasser, das dadurch nur noch finsterer wirkte. Ein Frosch sprang in das Wasser, als sie ihm näher kamen.
Hier drin sind Krokodile, dachte Laurel. Sehr große sogar.
»Hier war es.« Matthew ließ sein Licht über den Boden wandern. »Laurel, könntest du immer noch deinen Weg von hier zurückfinden, wenn du müsstest?«
»Ja, ich glaube, der Weg, den wir hergekommen sind, ist der leichteste, aber von hier aus müsste man eigentlich in jeder Richtung wieder herausfinden.«
»Ja.« Matthew bewegte sich und leuchtete den Untergrund ab.
»Seltsam, dass Anne mitten in den Sümpfen aufgegeben hat.« Er schimpfte vor sich hin. Hier ist nichts zu finden, dachte er, rein gar nichts. Aber was zum Teufel hatte er eigentlich zu finden erwartet? »Ich wünschte, wir hätten diese Briefe.«
»Wer auch immer sie an sich genommen hat, wird sie mittlerweile längst vernichtet haben, falls irgendetwas Belastendes darin gestanden hat.«
»Ich frage mich, ob Susan …« Er hielt inne, als sein Lichtstrahl auf etwas Glänzendes fiel. Matthew bückte sich und hob ein Stück Metall hoch.
»Was ist das?«
»Es sieht wie ein zerbrochenes Schmuckstück aus. Das hat auch schon bessere Zeiten erlebt.« Er richtete sich wieder auf und drehte es in der Hand hin und her. »Anne?«
Laurel nahm es an sich und wischte den Schmutz fort. »Ich weiß nicht, nach einem Monat an dieser Stelle …« Sie leuchtete es mit ihrer Lampe an, während sich dumpf eine Erinnerung in ihr regte. »Es sieht wie das Vorderteil eines Medaillons aus – teuer, sieh mal, wie fein ziseliert es ist.« Erinnerung regte sich, wurde aber nicht wach. Verzweifelt schüttelte Laurel den Kopf. »Es kommt mir bekannt vor«, murmelte sie. »Vielleicht gehörte es Tante Ellen – Louis hat es möglicherweise nach seiner Hochzeit Anne geschenkt.«
»Wir bekommen das noch heraus.« Er nahm ihr das Schmuckstück ab und ließ es in seine Tasche gleiten. Missmutig leuchtete er den Boden rechts und links vom Ufer ab. »Bleib eine Minute hier, ich möchte mich dort unten etwas genauer umsehen.«
»Weshalb?«
»Wenn ich das selbst wüsste …«
»Du hast zwei Minuten, Matthew. Bleibst du länger, renne ich hinter dir her.«
»Gut, zwei Minuten.« Er küsste sie flüchtig. »Bitte warte hier.«
»Ich rühre mich nicht von der Stelle.«
Laurel sah Matthews Licht nach, als er sich von ihr entfernte und das schlüpfrige Ufer hinunterging.
»Noch eine Minute, Matthew«, sagte sie leise vor sich hin. Woran lag es, dass die kleinen Geräusche der Nacht immer lauter zu werden schienen, kaum dass er sie verlassen hatte? Unruhig trat sie von einem Fuß auf den andern und ein Schweißrinnsal bildete sich zwischen ihren Schulterblättern, ließ sie vor Kälte erzittern.
Es liegt nur an der Umgebung, tröstete sie sich und widerstand dem Drang, über die Schulter zu sehen. In einer Stunde werden wir wieder zu Hause sein, und ich werde darüber lachen, wie ich zitternd in der Hitze gestanden und mir Gespenster hinter meinem Rücken eingebildet habe. In einer Stunde …
Das leise Rascheln hinter ihr ließ sie erstarren. Verdammte Waschbären, dachte Laurel und
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