Affaere im Paradies
danach zu fragen. Laurel vernahm die unausgesprochenen Worte ganz deutlich. »Ich werde Miss Marion benachrichtigen, dass Sie hier sind.« Kühl kehrte Binney ihnen den Rücken und ging davon.
»Zu dumm«, meinte Laurel leise, »sie will offenbar nicht weiter darüber reden.«
»Jetzt vergiss deine Gefühle einmal für den Augenblick und benutze deinen Verstand«, sagte Matthew scharf. »Wenn die Haushälterin über Brewster Bescheid wusste – und das ging aus der Art, wie sie sich zurückzog, deutlich hervor – wer wusste es dann noch?«
»Vor dem Personal kann man schlecht etwas verbergen, Matthew. Sie haben es alle gewusst.«
»Und doch hat kein einziger Brewsters Namen erwähnt, als sie von der Polizei vernommen wurden.«
Laurel verschränkte die Hände, um die Finger ruhig zu halten. »Hätte man es erwähnt, dann wäre ein Schatten auf Annes Ruf gefallen und somit auch auf Louis’. Erinnere dich auch daran, dass die Untersuchung zu keinem anderen Ergebnis kam als Tod durch Unfall. Damals schien es unnötig, alle diese Dinge aufzurühren.«
»Und heute?«
»Das Personal ist Louis treu ergeben«, sagte sie müde. »Sie werden mit Dritten bestimmt nicht über Sachen reden, die Louis noch mehr quälen könnten.«
»Ich verfüge in der Stadt über gute Beziehungen«, sagte Matthew nachdenklich. »Ich könnte es vielleicht zu Wege bringen, dass jemand hierher kommt und einige Fragen stellt.«
»Noch nicht, Matthew, erst in ein paar Tagen.« Laurel ergriff Matthews Hand. »Ich möchte Louis nicht eher die Polizei auf den Hals schicken, als bis uns keine andere Wahl mehr bleibt. Wir haben ohnehin keine neuen Beweise, um eine Wiederaufnahme der Untersuchung zu rechtfertigen. Das weißt du selbst.«
»Vielleicht, vielleicht auch nicht.« Er sah sie stirnrunzelnd an und unterdrückte einen Seufzer. »Ein paar Tage, Laurel. Aber nicht mehr.«
9. K APITEL
»Laurel, Mr. Bates.« Marion betrat den Salon und streckte Laurel die Hände entgegen. »Bitte setzen Sie sich doch. Es tut mir Leid, dass ich Sie warten ließ, aber wir hatten nicht mit Ihnen gerechnet.«
Laurel entging die leichte Missbilligung in ihrem Ton nicht, und sie ging darauf ein. »Bitte, entschuldige, Marion. Hoffentlich haben wir dich nicht in einem unpassenden Augenblick gestört.«
»Ja nun, ich bin sehr beschäftigt, aber …« Sie drückte Laurels Hand und setzte sich dann auf das Brokatsofa, das Laurels Sessel gegenüberstand. »Soll ich einen Kaffee bringen lassen? Oder etwas Kaltes zu trinken? Es ist solch ein drückender Tag.«
»Nein, vielen Dank, Marion. Wir wollen dich nicht lange aufhalten.« Konversation, dachte sie verächtlich. Wie leicht es doch ist, unangenehme Dinge hinter oberflächlicher Konversation verschwinden zu lassen. »Aber es ist wichtig, dass wir uns noch einmal mit dir und Louis unterhalten.«
»Oh.« Marions Blick glitt von Laurel zu Matthew hinüber und wieder zurück. »Das wird schwierig. Louis ist nicht da, fürchte ich.«
»Kommt er zurück?« fragte Matthew sie, ohne ihrer Aufforderung, Platz zu nehmen, zu folgen.
»Das kann ich nicht sagen. Das heißt, ich kann nicht sagen, wann. Ich bedauere.« Ihre Miene änderte sich leicht. Sie zog die Brauen zusammen, als sähe sie sich genötigt, etwas Unangenehmes zu sagen. »Die Wahrheit ist, Laurel, ich bin nicht sicher, ob er einverstanden sein wird, noch einmal mit dir zu sprechen.«
Das tat weh, aber sie hatte damit gerechnet. Laurel sah sie unverwandt an. »Marion, Matthew und ich haben gestern Nathan Brewster aufgesucht.«
Sie sahen und registrierten die Veränderung, Zweifel – alles zeigte sich schnell und war auch gleich wieder verschwunden. »Tatsächlich? Warum?«
»Er war in Anne verliebt«, antwortete Laurel. »Offensichtlich machte er kein Geheimnis daraus.«
Marion sah sie kühl an. »Laurel, Anne war ein reizendes Kind. Jeder Mann hätte sich zu ihr hingezogen gefühlt.«
»Ich sagte nicht, er fühlte sich zu ihr hingezogen«, korrigierte Laurel sie. »Ich sagte, er war in sie verliebt, auf seine Weise. Er wollte, dass sie Louis verließ.«
Laurel sah, wie Marion schluckte, ehe sie sprach. Die dünne Goldkette, die sie um den Hals trug, glitzerte unter der Bewegung. »Was Mr. Brewster sich gewünscht haben mochte, ist ohne jede Bedeutung. Anne liebte Louis.«
»Du wusstest davon.« Laurel sah in Marions Augen, die so blassgrau waren wie die ihres Bruders.
Einen Augenblick lang sagte Marion nichts, sondern seufzte nur. »Ja«, sagte sie
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