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Afghanistan, Srebrenica & zurück (German Edition)

Afghanistan, Srebrenica & zurück (German Edition)

Titel: Afghanistan, Srebrenica & zurück (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert F. Schaaf
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aufgetürmt worden waren. Ein Artilleriegeschoss hatte das Rumpfheck der Maschine samt zerschmettertem Rotor abgerissen, sie war auf den Asphalt geknallt, und Mary-Jo und ihr Co-Pilot, der sich beinahe in die Hosen gemacht hätte, hatten sich mit einem Sprung ins Freie gerettet und waren um ihr Leben gelaufen, während sich das Flugbenzin aus dem Haupttank auf die Piste ergossen hatte. Ums nackte Überleben waren sie gerannt, ihr Kamerad – noch ohne angelegte Ausrüstung – schneller als sie, hinter ihnen war eine grellorange Flammengarbe hochgeschossen, deren Hitze ihre Kombination versengt hatte. Die beim Laufen hinderliche Behelmung mit Sprechanlage sowie den Fallschirm samt Pistolengurt hatte sie abgestreift, während ein Feuerlöschzug an ihr vorbeigeprescht war. Auf das Trittbrett springend hatte sie sich am Türgriff festgeklammert, bis das Fahrzeug aus dem Bereich des explodierenden Granaten heraus war. Im betonierten Unterstand beim Flugleitgebäude hatte sie sich mit anderen Offizieren und Mechanikern verkrochen, allen hatten noch lange nach dem Angriff die Hände gezittert, vor allem aus Fassungslosigkeit darüber, wie es den serbischen Angreifern möglich gewesen war, trotz mehrfacher Sicherungen so nahe an den Stützpunkt zu gelangen. Kein Aufklärer oder Sicherungsposten hatte etwas bemerkt. Um ihren Mann nicht unnötig zu beunruhigen, hatte sie ihm Detailschilderungen des Vorfalls erspart.
    Wie etwa jenen Nachteinsatz kürzlich, als sie bei 700 Fuß wusste, dass sie beschossen wurde. Irgendetwas schlug an die Unterseite ihres Helikopters, drang jedoch nicht durch sie hindurch. Unten wurden keine Leuchtspurgeschosse abgefeuert, aber Mary-Jo sah in der Tiefe die hellen flackernden Lichtpünktchen. Sie kreiste und ging sehr schnell runter, wobei sie auf den Knopf drückte, der das Feuer der Bordgeschütze mit automatischer Zieleinrichtung freigab, die an beiden Seiten der Maschine montiert waren. Jeder fünfte Schuss war ein Leuchtspurgeschoss, und die Kugeln glitten raus und abwärts, unvergleichlich anmutig, wie Mary-Jo schien, näher und näher an ihr Ziel, bis sie auf den winzigen Lichtpunkt trafen, der aus dem Walddickicht eines strategisch bedeutsamen Berges aufleuchtete. Schlagartig hörte der Beschuss von unten auf, der Helikopter gewann wieder an Höhe, flog weiter. Mary-Jos Co-Pilot, mit einem Gesicht wie eine Luftaufnahme von Steinbrüchen und über und über mit losen Hautfalten und sichtbaren Adern behängt, gähnte und murmelte: `Ich glaube, ich hau mich heut früh in die Koje und seh zu, ob ich mit ein wenig Bock auf diesen Krieg aufwach´.
    Mary-Jo hob die zu einer dünnen Linie gezupften Augenbrauen. „Sie können ihre – übrigens miserablen – Luftstreitkräfte kaum einsetzen, Burky“, sagte sie. „Du weißt, es herrscht absolutes Flugverbot über Bosnien, und unseren als UN-zugehörig gekennzeichneten Maschinen können sie nichts anhaben. Es wird schon alles gut gehen. Noch einige Monate, höchstens aber ein Jahr, dann können wir zu unserem Bankkonto heimkehren.“
    „Ich habe ein ungutes Gefühl dabei, Mary-Jo.“ Er wog den Kopf. „Von daheim aus stellt sich das alles völlig anders dar. Mit jedem Tag, den ich hier verbringe, sehe ich mich erneut mit der Frage konfrontiert, ob ich nicht lieber eine lebendige Chefin in einem kleinen Flugzeuggeschäft haben sollte als eine tote mit einem modernen, großen einschließlich...“
    „Denk nicht dran“, fuhr sie ihm barsch ins Wort. „Es ist überhaupt nie gut, zu viel und zu oft über ein und dieselbe Sache nachzudenken. Natürlich habe auch ich mir alles ganz anders vorgestellt. Doch wer kann schon ahnen, dass uns die bosnischen Serben derart einschnüren?“
    Eine Zeitlang lagen sie schweigend nebeneinander. Mary-Jo war müde, schloss die Augen. Matt spielte sie mit den Haarsträhnen ihres Mannes, der sachte ihre andere Hand drückte. Immer, wenn sie über ihre verzwickte Situation hier nachdachten, kamen ihnen Zweifel, ob die Verbündeten in den UN ihre Position in diesem Land würden auf Dauer halten können und wollen; da verstanden sie sich stumm. Die Sicherheitsgarantien waren das Papier nicht wert, auf denen sie gegeben wurden, Waffenstillstände wurden ständig geschlossen und wieder gebrochen, da zu viele Seiten daran beteiligt waren und zu unterschiedliche Interessen auf dem Spiel standen. Die bosnischen Serben verstanden es ungeheuer gut, ihre Kampftaktik den landschaftlichen und klimatischen Bedingungen

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