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African Boogie

African Boogie

Titel: African Boogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Barz
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Kaum jemand konnte sich entziehen. Die Jack-ooo übertrieb und versuchte, ihr Männermenü des Tages, den Franzosen, zum Tanzen zu bewegen. Er weigerte sich natürlich und wandte sich peinlich berührt ab.
    Norrisch, der freundliche ältere Arzt, war völlig fasziniert. Verträumt ließ der seinen Oberkörper im Takt der Musik vor- und zurückschwingen.
    Mit einem wirbelnden Trommelsolo endete das Stück. Alle klatschten. Augustin und seinen Männern war das Unmögliche gelungen: Sie hatten die Gäste einen Augenblick lang vergessen lassen, wo sie waren und was geschehen war.
    »Und wenn jetzt jemand möchte?«, fragte er ins Publikum. Er und seine kleine Band schienen nicht daran zu glauben, denn sie wollten direkt mit dem nächsten Stück fortfahren. Doch aus einer Ecke rief eine Frau: »Hier! Wir!«
    Die Breughers, bekannt aus Funk und Fernsehen, erhoben sich von einem Tisch, an dem sie mit der kurzhaarigen Frau mit der markanten Brille gesessen hatten. Das musste diese Darissa von Heuth sein, die die Breughers für so unermesslich wichtig hielten.
    Susannah Breugher stellte umständlich einen Stuhl auf die improvisierte Bühne. Ihr Mann bot ihr die Hand, sodass sie auf den Stuhl steigen konnte. »Wir spielen die Balkon-Szene aus Romeo und Julia«, verkündete sie aus ihrer luftigen Position.
    Und dann legten sie und ihr Mann los. Katharina hatte ja keine Ahnung von Theater und wusste nicht, ob das nun Kunst war oder Dilettantismus. Aber Darissa von Heuth machte ein Gesicht, als hätte sie eine Fischvergiftung. Andere im Publikum kicherten hämisch.
    Als Daniel Breugher den Stuhl, der die unglückselige Rolle des Balkons innehatte, ebenfalls erklomm, um seine Julia zu küssen, knirschte und knackte es gefährlich. Doch die Breughers ignorierten diese Warnung. Das hätten sie nicht tun sollen, denn im leidenschaftlichsten Moment des Kusses gab das Sitzmöbel den Geist auf und zerbrach krachend. Das Liebespaar stürzte zu Boden.
    Das Kichern schlug um in höhnisches Gelächter. Es war gemein, Katharina wusste es. Aber der Anblick war wirklich zu komisch.
    Das Ehepaar Breugher ignorierte die Dürftigkeit des Applauses. Mit stolzgeschwellter Brust gingen sie zurück zu ihrem Platz, in Erwartung großen Lobes. Darissa von Heuth hatte die Zähne fest zusammengebissen und starrte auf ihr Weinglas. Endlich, und mehrfach von den Breughers gedrängt, fing sie an zu reden, offenbar wenig Freundliches. Katharina hätte gerne noch weiter zugesehen, doch plötzlich war aus dem Nichts der Freiherr neben ihrem Tisch aufgetaucht. »Frau Yamamoto? Sie tanzen nicht zufällig Tango?«
    Katharina blickte überrascht auf. Doch. Sie tanzte in der Tat Tango. Thomas, ihr Partner, hatte seine tanzversessene Frau überraschen wollen und Katharina gebeten, ihn zu einem Tango-Kurs zu begleiten.
    »Warum?«, fragte sie den Freiherrn, der immer noch auf seine Antwort wartete.
    »Das ist immer mein Beitrag zum JeKaMi-Abend. Tango für Anfänger. Damit wenigstens etwas Kultur in den Laden kommt.«
    »Na dann mal los!« Mit Schwung stand Katharina auf. Der Freiherr bot ihr den Arm und geleitete sie auf das Podest. »Tango auf afrikanisch«, erklärte ihr der Freiherr leise. »Ich habe Augustin und seinen Freunden zwar das Wichtigste eingetrichtert, aber manchmal verfallen sie dann doch in ihre Rhythmen. Also aufgepasst.«
    Sie drehten sich zum Publikum. Der Freiherr fragte laut: »Wer von Ihnen kann Tango tanzen?«
    Niemand meldete sich.
    »Falsch«, sagte der Freiherr freundlich, aber bestimmt. »Tango ist eines der einfachsten Dinge der Welt. Ganz natürlich.«
    Zweideutig, zweideutig. Und das bei Tango.
    »Wer will, nehme sich einen Partner, und gemeinsam lernen wir Tango in fünf Minuten. – Na, wer möchte?«
    Es waren ausgerechnet die beiden älteren Ehepaare, die als Erste aufstanden: »Gott zum Gruße«-Giesler und seine Frau sowie der »Fleischermeister aus Nordhessen« nebst seiner üppigen Gemahlin. Diese Schande konnte die Jack-ooo natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Sie kommandierte Christian Kurt ab, der erneut alleine an einem Tisch saß: Aus gutem Grund, denn er starrte wie üblich allen Frauen, die ihm zu nahekamen, in den Ausschnitt. Gut, dann passte er ja zur Jack-ooo.
    Auch Kristina schleifte Dirk-Marjan auf die improvisierte Tanzfläche. Dann erhob sich ein Paar, über das sich Katharina schon die ganze Zeit gewundert hatte: „Thorsten Urban, Doktor“ sah aus wie ein Versicherungsvertreter in den besten Jahren mit

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