Afrika, Meine Passion
Englisch.
»Als diese Arbeit beendet war, sah ich mich nach weiteren Möglichkeiten um. Ich ging, wie viele andere auch, von Tür zu Tür und bot mich als Waschfrau an. Allerdings verlangte ich etwas mehr Geld, da ich schnell und gut arbeite. Am Ende der Woche hatte ich an die 900 Schilling verdient. Während dieser Waschtätigkeit lernte ich viele Menschen kennen. Immer wieder wurde mir gesagt, ich solle in ein bestimmtes Büro gehen und so lange betteln und klagen, bis sie mir ein kleines Grundstück zur Bearbeitung geben, damit ich mir etwas Eigenes aufbauen kann. Ich sei so tüchtig und hätte sicher gute Aussichten. Also ging ich dorthin und jammerte ihnen etwas vor, immer und immer wieder. Gott half mir, denn einige Monate später bekam ich ein Grundstück von 70 mal 70 Metern und Holz und Wellblech noch dazu. Zusammen mit meinen Kindern baute ich ein Zweizimmer-Haus. Wir waren sehr glücklich und gerne hätte ich dieses Haus auch meinem Mann gezeigt, doch damals hatte ich keine Ahnung, wo er sich aufhielt. Kenia ist so groß, es ist fast unmöglich, jemanden zu suchen, wenn man nicht weiß wo.«
Das erinnert mich an meine eigene Geschichte. Ich weiß, wie schwer es ist, in Kenia einen Menschen finden zu wollen. Auch ich hatte damals meine große Liebe, den Samburu-Krieger Lketinga, in halb Kenia nur anhand von Fotos gesucht. Tagelang fuhr ich mit öffentlichen Bussen quer durch das Land, bis es in Maralal im Samburu-Gebiet nicht mehr weiterging. Dort lief ich mehrere Tage mit seinem Foto herum und fragte jeden, der mich nur halbwegs verstehen konnte, ob er wüsste, wo sich dieser Mann aufhält. Ja, ohne Glück und Gottes Wille wäre wohl auch mein Leben anders verlaufen und ich hätte heute nicht eine so bezaubernde Tochter, geht es mir durch den Kopf.
Während ich meinen Gedanken nachhänge, fährt Joyce mit ihrer Lebensgeschichte fort: »Ich habe weiterhin Kleider gewaschen, und eines Tages hörte ich von Jamii Bora. Ich war neugierig und ließ mir alles erklären. Ich wurde aufgefordert, wöchentlich mindestes 50 Schilling auf die Seite zu legen und alle Kriterien zu erfüllen. Ich sparte wirklich hart, und nach eineinhalb Jahren hatte ich 3.500 Schilling gespart und bekam den ersten Kredit von 7.000. Stolz setzte ich mich mit meinen Kindern zusammen und wir besprachen, wie wir dieses Geld einsetzen könnten, damit es sich vermehrt. Sie haben nämlich mehr Schulbildung als ich. Ich habe nur wenige Jahre die Schule besuchen können, bin aber sehr clever«, sagt sie und lacht dabei.
»Wir beschlossen, ein Zimmer unseres Häuschens als Teehaus zu nutzen. Alle waren begeistert und rückten in einen Raum zusammen. Von dem Kredit ließ ich zwei Tische und vier Bänke bauen. Ich kaufte Teepulver, Milch und Zucker sowie Fett und etwas Maismehl für die Chapatis. Ich begann ganz bescheiden, Tee und Ugali, unser traditionelles Maisgericht, sowie unsere Brotfladen, die Chapatis, anzubieten. Es sprach sich schnell herum, dass die Kikuyu-Frau Joyce gut und sauber kochen kann. Ich ging in die Slums und bot mein Essen auch vor den Schulen an. Bald hatte ich Aufträge für fünf Primarschulen, die ich beliefern hätte können. Dafür fehlte nur das Geld und ich brauchte einen neuen Kredit von 20.000 Schilling.
Das Geschäft lief gut. Wer Geld hatte, kaufte bei mir Ugali oder ein Chapati. Nach mehreren Monaten konnte ich nicht mehr alles mit dem öffentlichen Bus transportieren und beschloss deshalb, ein gebrauchtes Auto zu kaufen. Einen meiner Söhne schickte ich in die Fahrschule und nach ein paar Monaten hatte ich so viel Geld angespart, dass ich mit der Verdoppelung über 100.000 Schilling aufnehmen konnte. Dem Autokauf stand nichts mehr im Weg.«
Immer wieder muss ich mir bei diesen Beträgen klarmachen, dass 1.000 Kenia-Schilling nur knapp 10 Euro entsprechen. 1.000 Euro für ein Auto erscheint uns zwar wenig, für eine Frau wie Joyce jedoch ist das sehr viel Geld. Bei ihrer weiteren Erzählung versuche ich, es mir einfach zu machen, und ziehe im Kopf jeweils zwei Nullen der genannten Summen ab, um mir das Geld in Euro vorstellen zu können.
Joyce fährt fort: »Jetzt war ich flexibler und konnte bereits drei kleine Restaurants betreiben. Alle Kinder, die ja mittlerweile größer und zum Teil erwachsen waren, halfen mit. Auch war ich in der Lage, die ersten Mitarbeiter einzustellen. Wir alle arbeiteten sehr hart, aber meine Träume gingen weiter. Das System von Jamii Bora ist so großartig, dass ich mir noch
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