Afrika Saga 02 - Feuerwind
Kaffee ins Zimmer kam. »Sawubona, Master«, krähte sie vergnügt.
»Sawubona, Tandani«, erwiderte er, sprach das Zuluwort langsam aus.
Tandani schien das restlos zu begeistern. Ihre Antwort ergoss sich wie ein Wasserfall über ihn.
Er hob in einer Geste komischer Verzweiflung die Hände. Dann zog er seine Uhr hervor, rief sich die Worte ins Gedächtnis, die Maria ihm beigebracht hatte. Er zeigte auf die Ziffer sechs. »Khati«, sagte er. Es ist jetzt, hieß es laut Maria. »Seli-Phumila. Es ist nach Sonnenaufgang.« Er hoffte, dass er es richtig betont hatte. Dann ließ er seinen Finger ums Zifferblatt marschieren, bis er die Sechs erreicht hatte. »Umkhati«, sagte er. Das Wort sollte eine vorgegebene Zeitspanne bezeichnen. »Seli-ya-Shona, nun geht sie unter.« Das letzte hatte er gestottert.
Tandanis Augen wurden immer größer. »Aiih«, schrie sie und zeigte auf die Uhr. »Aiihh!« Sie brach in lauten Gesang aus und tanzte aus dem Zimmer.
Leon sah ihr verblüfft nach, fragte sich misstrauisch, ob er wirklich das gesagt hatte, was er beabsichtigte. Als er aus dem Haus kam, entdeckte er in einiger Entfernung eine Gruppe schwarzer Farmarbeiter, die, als sie seiner ansichtig wurden, in aufgeregtes Geschnatter ausbrachen.
Verlegen fragte er Maria danach. »Ich hoffe, ich habe nichts Falsches gesagt?«
Die kicherte nur hilflos. »Du bist das Tagesgespräch bei unseren Zulus. Du hast Tandani gesagt, dass du bankrott bist und bald sterben wirst. Jetzt warten sie gespannt darauf, dass du umfällst.«
Leon raufte sich die Haare. »Bist du sicher, dass du mir nicht etwas Falsches beigebracht hast? Um mich lächerlich zu machen?«
»Ach, Lieber, mach dir nichts draus. Es ist leicht, sich in Zulu lächerlich zu machen. Als meine Mutter erst kurze Zeit hier lebte, befahl sie einmal ihren Zulus, sie sollten alle zusammen den Planwagen anschieben. Zu ihrer Verblüffung warfen sie sich alle auf den Boden und wälzten sich vor Lachen. Erst viel später, als sie Zulu fließend sprach, erkannte sie, dass sie ihnen befohlen hatte, im Chor zu furzen.« Kichernd eilte sie ihm voraus auf die Veranda.
Leon stählte sich für erneute Berge von gebratenen Kartoffeln, Spiegeleiern, Fleischpastete oder sonstige Attacken auf sein Verdauungssystem, und er wurde nicht enttäuscht.
Sie saßen nach dem Frühstück noch eine Weile zusammen, tranken Kaffee, und Maria erzählte von Deutschland.
»Warst du auch im Theater und in Konzerten?« Sehnsucht klang aus Catherines Stimme.
»Ja, natürlich. In Hamburg trifft man sich zur Premiere … weniger, um zuzuschauen, als um gesehen zu werden, denn es werden immer dieselben alten Stücke aufgeführt …«
Sie schaute an ihrer Mutter vorbei, und ihre Augen weiteten sich.
»Was um alles in der Welt kommt denn da? Sieh doch, Mama!«
Catherine drehte sich um, und der Anblick, der sich ihr bot, war so grotesk, dass es ihr die Sprache verschlug.
Ein Maultier rannte in schneller Gangart den schmalen Weg aufs Haus zu, auf seinem Rücken saß ein turbantragender, dunkelhäutiger Mann, der so groß war, dass er die Beine weit abspreizen musste, damit diese nicht am Boden schleiften. Ihm folgte ein zweites Maultier, auf dem ein rotes Schleierwesen hockte, das sich bei näherem Augenschein als zartgliedrige Inderin in einem wogenden, roten Sari herausstellte. Ihnen folgte ein schlammverschmierter, hohlwangiger Geist in Röcken, der kraftlos auf seinem Pferd hing. Der Geist hatte schlappe rote Locken und lächerlicherweise funkelnde Diamanttropfen im Ohr. Verblüfft erkannte Catherine ihre Freundin Lilly Sinclair, die im Damensitz so auf dem Pferd hockte, dass sie sofort vermutete, dass sie sich aufgeritten hatte. An ihrem Sattel waren die Zügel zweier Packpferde befestigt, die hoch beladen müde hinter ihr hertrabten.
»Ich fasse es nicht«, flüsterte Catherine. »Das ist Lilly Sinclair.« Sie schob ihren Stuhl zurück und ging ihrer Freundin entgegen. »Wo kommst du denn her, um Himmels willen?«
Stöhnend rutschte Lilly aus dem Sattel. »Aus dem Busch«, knurrte sie und rieb sich ihr Hinterteil. »Ich hab mich durchgeritten, verflixt.
Ich hoffe, du hast ein Muthi für meinen Allerwertesten.« Sie zerrte ihren Hut herunter und schien erst jetzt Maria und Leon zu bemerken.
»Sag mal, ich muss wirklich angeschlagen sein, ich glaube, ich habe schon Halluzinationen. Dabei habe ich seit Wochen keinen Cognac mehr angerührt. Ich sehe da Maria, aber die ist doch im kalten Deutschland und
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