Agenten - Roman
eine Zusammengehörigkeit empfunden, wie ein unumgängliches Schicksal. Warum aber gerade mit ihr? Was war es denn, was mich plötzlich so hinriß? Solche Fragen beschäftigten mich, ich saß stundenlang, darüber nachgrübelnd, herum, es war ein ungesundes Existieren, Stimmungen hingegeben, an der Grenze zum inneren Verlottern. Auch wagte ich nicht, jemanden nach ihr zu fragen; schon das Aussprechen ihres Namens wäre mir schwergefallen, ein Eingeständnis von Nähe, das nicht unter Leute gehörte. Manisch war dieser Gedanke: zu zweit, wir sollten zu zweit sein , auf den ersten Blick bloße Pathetik, Wortgefusel, schlecht destilliert. Außerdem ging mir dieser Gedanke gegen den Strich, denn ich hatte es lange Zeit gut verstanden,
für mich zu bleiben. Darin, in diesem für mich , hatte ich so etwas wie einen reinlichen Bezirk erhalten, keine Affären, keine Herumdeuteleien wie bei so vielen anderen, von denen man sich erzählte. Ich haßte diese Beziehungsgeschichten , nie hatte ich verstanden, wie es einem gelang, im Ernst Woche für Woche von einem Partner zum anderen zu wechseln. Es gab diese Spiele, sie waren sehr gängig, und die Redereien darüber verpesteten alles. Sie bildeten den Stoff vieler Sessions , immer wieder wer geht jetzt mit wem , Männie war gut informiert in all diesen Dingen, doch ich hatte nie dafür Interesse gezeigt. Nichts, niemals, nie! All das war weitab von jeder Wahrheit, im Grunde handelten diese Spieler nur mit gebräuchlichen Marken, sie spielten niemals va banque , und nur das war etwas für mich. Ich hatte mir vorgenommen, geduldig zu warten, einmal käme die Gelegenheit, einmal der volle Einsatz, triumphal ausgespielt, alles gesetzt! Und genau so war diese Nacht in meinem Gedächtnis, wie ein Überschreiten der Grenzen, direkt, vorbehaltlos.
Ich kam immer mehr herunter, abgewirtschaftet auf den Status des Schnüfflers, der ihr Parfum zu riechen glaubte, wenn er durch die Kosmetikabteilung eines Kaufhauses lief. Ich wurde blind für meine Umgebung, die Gespräche mit ihr hatte ich wie fertige Texte im Kopf, es war nicht mehr normal, und all die verlaufene Zeit war zu schade dafür. Aber wo ? Wo hielt sie sich auf? Mit wem verbrachte sie ihre Zeit? Wie erfuhr ich endlich, was ich wissen mußte?
An einem Morgen saß Männie bereits in meinem Büro, als ich mit leichter Verspätung erschien. Er arbeitete an einem Artikel, und als ich sah, daß er beschäftigt war, wollte ich wieder nach draußen, um die Agenturmeldungen aus der Lokalredaktion
zu holen. Männie jedoch hielt mich zurück und deutete auf einen Stuhl.
»Setz dich mal einen Moment. Ich will mir dir reden. Zigaretten liegen da drüben, ich hab deine Marke besorgt.«
Ich zündete mir eine an und wartete, bis er soweit war.
»Also … Damit es klar ist: so geht es nicht weiter. Du weißt, was ich meine?«
»Keine Ahnung, was soll denn sein?«
»Wir haben uns immer die Meinung gesagt, war doch so, und soll doch so bleiben?«
»Was ist denn? Laß doch den Schnickschnack!«
»Was ist?! Danach fragst du mich noch? Du hängst dich ab! Du machst nur noch Scheiß! Es läuft nicht mehr richtig. Keine Ideen, du bist völlig verbraucht!«
»Spinnst du? Was ist denn nur los?«
»Klartext: Du hast in vier Wochen einen Artikel geschrieben, sechzig Zeilen, flattriges Zeug. Du hast den Jungs vom Lokalen die Türen geöffnet, die stopfen die Seite mit Meldungen voll. Du hast keinen einzigen Auftrag vergeben, Hegelers Wisch liegt seit fünf Tagen hier unkorrigiert. Du blickst nicht mehr durch, du hast kein Konzept!«
»Männie, bist du noch bei Verstand?«
»Und ob! Der Einzige hier bei Verstand! Ich hab Korrekturen gelesen, in den letzten Wochen manchmal bis in den Abend! Und du weißt, ich bin darin nicht gut. Den ganzen Saustall hab ich allein am Hals, nur weil dieses Weib dir die Szene zerstört.«
»Welches Weib?«
»Hör auf damit! Halt mich nicht für einen Idioten! Bei mir zieht sowas nicht! Du bist auf einer total schiefen Bahn, das gehört einmal gesagt!«
»Bitte, jetzt mal in Ruhe! Was ist los?«
»Ich brech das hier ab, ich mach nicht mehr mit, wenn das so weiter läuft. Deine Liebesprobleme in Ehren, dann aber mit power , und nicht die verquälte Tour! Mann, was ist nur aus dir geworden? Du rennst nur noch wie ein Schemen herum, niemand darf dich bequatschen, Schmahl höhnt schon, da läuft der Tristan ohne seine Isolde !«
»Schmahl höhnt?! Warum kümmert ihr euch um mich?«
»Scheißegal, ist mir
Weitere Kostenlose Bücher