Airborn 01 - Wolkenpanther
würde nie etwas zu Ende bringen. Also hat er für mich entschieden.«
»Dann wolltest du gar nicht auf die Akademie?« Ich hätte all meine Zähne und jeden Finger, den ich nicht unbedingt brauchte, für eine solche Gelegenheit gegeben.
Bruce schüttelte den Kopf. »Mein Vater und ich haben eine Abmachung getroffen. Ich studiere auf der Akademie und arbeite zwei Jahre an Bord eines Schiffs. Und wenn ich es hinterher immer noch will, lässt er mich etwas ausprobieren, das ich mir ausgesucht habe. Vorausgesetzt natürlich, er ist mit meiner Wahl einverstanden.«
»Und was willst du dann tun?«
»Das ist es ja. Ich weiß es noch nicht. Es gibt so viel, was mich interessiert – zumindest eine Zeit lang. Aber es gibt nichts, woran mein Herz hängt. Deswegen finde ich ja auch, dass du Glück hast. Du weißt es eben genau.«
Ich schniefte. So viel Glück, wie er dachte, hatte ich gar nicht.
»Hör zu, man hat mir erzählt, was passiert ist«, sagte Bruce. »Ich meine, dass ich deine Stelle bekommen habe. Du denkst bestimmt, ich hätte sie dir geklaut. Das stimmt ja auch. Du hast dir die Stelle verdient. Es tut mir wirklich Leid.«
»Es ist nicht deine Schuld«, sagte ich verlegen.
»Ich würde ja sofort auf ein anderes Schiff gehen, wenn ich könnte«, erklärte er, »und dir die Stelle hier frei machen, aber ich musste einen Zwei-Jahres-Vertrag mit der Aurora unterzeichnen. Selbst wenn ich nur das Schiff wechsle, ist das für meinen Vater Grund genug, mich nichts anderes mehr ausprobieren zu lassen. Ich müsste für den Rest meines Lebens bei ihm in der Firma arbeiten.«
»Warum kannst du nicht einfach kündigen und tun, was du willst?«
»Dann hätte ich es mir mit ihm verdorben. Er würde mich enterben, da bin ich mir ganz sicher.«
»Dann müsstest du eben deinen eigenen Weg gehen.«
»Das ist gar nicht so leicht, wenn man seinen eigenen Weg nicht kennt. Ich bin nicht wie du, Matt. Mir fehlt es an Begabung.«
»Jeder Mensch hat eine Begabung für irgendwas«, sagte ich.
»Ich hoffe, du hast Recht. Es tut mir Leid, dass ich dir in die Quere gekommen bin. Ich hoffe, du denkst jetzt nicht allzu schlecht über mich.«
Ich konnte nicht so ganz verstehen, warum er nicht einfach das tat, was er tun wollte. Aber anderen einen Rat zu geben war immer einfach, bis man versuchte sich in ihre Situation zu versetzen. Sich gegen den eigenen Vater zu stellen und ganz allein in der Welt zu stehen – das war wirklich nicht leicht.
»Also stecken wir wohl die nächsten paar Jahre auf dem gleichen Schiff fest«, sagte ich. Ich versuchte, freundlich zu klingen, konnte aber die Bitterkeit in meiner Stimme nicht verbergen.
»Vielleicht könntest du dich ja auf ein anderes Schiff versetzen lassen?«, schlug Bruce vor. »Ich könnte mit meinem Vater reden, ob …«
»Tu's nicht.«
»Aber dann würde ich dir nicht länger im Weg stehen!«
»Warum sollte ich auf ein anderes Schiff?«
»Damit du Segelmacher werden kannst, so wie du es gerne willst.«
»Die Aurora ist mein Schiff.«
»Ja, aber du kannst dich doch nicht darauf beschränken …«
»Sie ist mein Zuhause. Du solltest das Schiff wechseln.«
»Aber ich habe dir doch eben erklärt, dass ich …«
»Ich weiß, ich weiß«, sagte ich. »Lass uns nicht mehr drüber reden. Wir sollten lieber nach Miss de Vries suchen.«
Ein unbehagliches Schweigen machte sich zwischen uns breit. Ich bereute meinen Ausbruch von eben – Bruce hatte nur versucht nett zu sein –, aber ich war nicht in der Stimmung, mich zu entschuldigen. Kurz darauf erreichten wir den Baum, wo Kate und ich das Skelett gefunden hatten. Bruce blickte auf seinen Kompass, und wir schlugen den Weg zu dem Steilhang ein, wo Kate und ich das Tier zuletzt gesehen hatten. Es war weiter, als ich gedacht hatte, aber beim letzten Mal war ich die Strecke ja auch gerannt.
»Da vorne geht's steil runter«, sagte Bruce.
Wir traten an die Kante und schauten die Felswand hinunter. Ich ließ den Blick über die Baumwipfel im Tal schweifen und versuchte mich daran zu erinnern, wo genau der Wolkenpanther verschwunden war. Dann deutete ich dorthin.
»Sie ist bestimmt da drüben.«
»Wie kommst du darauf?«
»Sie wollte schon gestern hier runterklettern, aber wir hatten keine Zeit mehr dafür.«
»Der Abstieg dürfte gar nicht so einfach gewesen sein«, meinte Bruce.
»Oh, sie kommt ganz gut allein zurecht«, sagte ich und hoffte insgeheim, dass ich Recht hatte.
Schließlich war es durchaus möglich, dass sie es
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