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Airport-Klinik

Airport-Klinik

Titel: Airport-Klinik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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versuchte er sich blitzschnell ein Bild der Situation zu machen: Die Klinik verfügte neben den Fahrzeugen für Behinderte und Großeinsätze über zwei ständig dienstbereite Notarztwagen. Die Strecke zur Halle 5 konnte ein ›NAW‹ in drei oder vier Minuten zurücklegen.
    Welche Situation aber werden sie dort antreffen? Die Brust durchbohrt? Verletzungen des Brustraums gehören zu den gefürchtetsten Unfallereignissen, weil sich die lebenswichtigsten Organe im Thorax konzentrieren und daher sofort tödliche Gefahr bestehen kann. Ein Thorax-Trauma, eine Perforierung der Thorax-Wand? Wenn das stimmte, war Luft in den Thorax eingetreten, was zu einem Kollaps eines Lungenflügels, wenn nicht beider Lungenflügel, führen mußte … Na, großartig!
    Er überlegte, ob er Rolf Gräfe mitschicken sollte, aber entschied sich dagegen. Rolf und er mußten sich für die Operation vorbereiten. Sterilität war bei einem Thorax-Trauma allerhöchstes Gebot.
    Also den Wagen zwei mit dem jungen Fred Wicke als ärztlichen Begleiter.
    »Wagen zwei!« brüllte er in das Mikrophon und übermittelte die nächsten Anordnungen bereits durchs Funktelefon in das mit Blaulicht und Sirene in hoher Fahrt losschießende Notarzt-Fahrzeug.
    Dann rannte er zum OP-Trakt. Wenn wenigstens Fritz Wullemann hier wäre, aber ausgerechnet der hatte frei. Schön sehen wir aus …
    Und wo steckte die Happel? Sie hatte doch heute OP-Dienst. Bärbel Rupert, diese kleine, unerfahrene Jammergestalt von Lernschwester, lief ihm entgegen. Was für eine idiotische, nein, was für eine teuflische Situation …
    Zwei Werks-Polizisten, die abschirmten, ein Ring stummer Arbeiter, und dort am Boden …
    Schweigend machten die Männer Platz. Wicke, soeben von der Airport-Klinik eingetroffen, untersuchte den Verletzten. Der Werks-Sanitäter hatte zwar versucht, den Blutstrom mit Kompressen aufzuhalten, und das war auch durchaus in Ordnung – aber die Haut war bereits grau, der Puls kaum tastbar. Jeden Augenblick konnte der Kreislauf völlig zum Erliegen kommen. Wicke drehte den Bewußtlosen ein wenig aus seiner Seitenlage, fand eine Vene und führte die große Kanüle ein, um den lebensbedrohenden Volumenverlust an Flüssigkeit wieder auszugleichen. Mein Gott, welche Verletzungen! Und wieviel Blut!
    Als er sich noch tiefer über den Patienten beugte, vernahm er auch das typische saugende Geräusch, mit der die Luft durch die Zwerchfellbewegung eingesogen wurde: Die linke Lunge war zusammengebrochen, und in dem Hohlraum – der Pleura – schwamm das Blut …
    »Na, los schon, auf!«
    Im Laufschritt rannte Fred Wicke neben der Bahre zum Wagen und hielt den Plasma-Behälter hoch, über den die lebensrettende Lösung in den bewußtlosen Körper strömte.
    »Inhibieren, sofort!« hatte ihm der Chef über Funk zugerufen. »Ich hoffe, du schaffst das.«
    Und ob er das schaffen würde! Fred Wicke hatte das Staatsexamen hinter sich. Was hier ablief, diente zur ›Praxiserweiterung‹. Und bei Gott! Hier lernst du in ein paar Minuten mehr, als in einem Monat Vorlesung … Er blickte in das eingefallene Gesicht des Verletzten. Auch er ein ganz junger Typ. Die Lider zitterten, aber ein wenig schien die Plasma-Gabe zu helfen. Die weißgraue Färbung hellte sich auf.
    Wicke öffnete den Mund des Verletzten mit dem Daumen, schob den Spachtel nach, um den Kehlkopfeingang freizubekommen, führte vorsichtig den Tubus ein und gab Sauerstoff.
    Der Brustkorb wölbte sich ein wenig. Na also! Die Wunden bluteten heftiger, er drückte neue Kompressen darauf. Es waren ja nur noch wenige Minuten, gleich würde der Mann auf dem OP-Tisch liegen.
    »Schaffen wir«, fluchte Wicke. »Wirst schon sehen, das schaffen wir!«
    Dr. Fritz Hansen blickte der Rollbahre entgegen, die im Laufschritt in den OP geschoben wurde: »Los schon, schnell, rüber auf den Tisch!«
    Es war alles bereit, auch Berta Maier-Blobel hatte ihren Platz neben dem Narkosearzt eingenommen. Aber wo war die OP-Schwester. Himmelarsch nochmal?! Auch Gräfe starrte zur Tür.
    »Na, los schon!« knurrte Hansen hinter seinem Mundschutz: »Freilegen, Maske, Desinfektion.«
    Mit dem lebensrettenden Sauerstoff floß nun das Narkosemittel in den Patienten. Die Anästhesistin murmelte die Blutdruckwerte – sie waren verheerend. Im Labor wurde inzwischen die Blutgruppe ermittelt. Eine Röntgendurchleuchtung würde nichts weiter bringen als Zeitverlust, und es kam auf jede Sekunde an. Hier half nur Zugreifen. Dies war ein Notfall, und keine der

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