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Akte Mosel

Akte Mosel

Titel: Akte Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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du bist Bäckergeselle?« wundert sich Walde.
    »Ich back’ ja auch.«
    »Aber du warst nie in der Berufsschule?«
    »Nee, ich kann aber trotzdem … gut schaffen.«
    Walde wagt sich noch einen Schritt weiter vor: »Bist du verheiratet?«
    »Nee.«
    »Hast du eine Freundin?«
    »Nee, und du?«
    »Ah, das weiß ich nicht so genau.«
    »Und die … von eben, die … Hex’?«
    Walde holt tief Luft und schweigt. Er trinkt die Flasche aus und geht zu seinem Bett zurück.
     
    Kurz nach sechs Uhr denkt Walde darüber nach, welchen Einfluß das frühe Wecken auf seine Genesung haben soll. Er hat zum ersten Mal seit über einer Woche erzwungener Rückenlage auf der Seite geschlafen. Als das Frühstückstablett abgeräumt ist, döst er wieder ein. Eine glutäugige Schwesternschülerin mißt ihm den Blutdruck. Walde öffnet nur kurz ein Auge. Sieht sie wirklich so gut aus, oder setzt das Krankenhaus Hormone frei, die zur Fortpflanzung aufrufen, bevor es zu Ende geht? Er träumt von Sonne und Strand. Ein Mädchen zählt: »Un, dos, tres …«
    Er schlägt die Augen auf. Zwei elfenartige Wesen lächeln ihn von beiden Seiten des Bettes an und zapfen Blut aus Waldes Finger und Armbeuge. Danach darf er wieder zurück an den Strand! Der Sand ist warm und weich. Ein dicker Mann wird von Kindern in Richtung Wasser gezogen. »Sonst platzt du noch!« rufen sie. Er wehrt sich heftig und ist nur noch wenige Meter vom Meer entfernt. Sie haben ihn an Armen und Beinen gepackt. Sein Kopf schleift über den Boden. »Nein«, ruft er. »Et geht … net!« Die Stimme gehört Klaus. Ein Krankenpfleger versucht, ihm eine Bettpfanne unterzuschieben.
    Schlaftrunken zieht sich Walde einen Bademantel über: »Ich geh’ so lange raus.«
     
    Auf Waldes Nachtschrank läutet das Telefon.
    »Hallo Stefan, wie ist die Lage?«
    »Wo steckst du?«
    »Kannst du rauskommen?«
    »Woraus?«
    »Aus deinem Zimmer.«
    Harry wartet draußen auf dem Gang.
    »Sieht ganz danach aus, daß wir hier den Richtigen haben«, Harry deutet hinter sich auf die Tür. »Gabi hat bereits mehrere Zeugen, die ihn anhand des Paßfotos klar identifiziert haben. Das grenzt an ein Wunder, daß nicht mehr passiert ist. Der wurde offenbar jahrelang nicht angezeigt, weil die Leute ihn als Spinner eingestuft haben, als harmlosen Exhibitionisten. Ich war mit Grabbe bei seinem Chef. Der ist aus allen Wolken gefallen. Klaus wäre seit über 20 Jahren in seinem Betrieb und stets fleißig und auch den Kollegen gegenüber hilfsbereit. Er würde sich nur für Motorsport interessieren.«
    »Das habe ich schon mitgekriegt«, unterbricht Walde.
    »Obwohl er nie einen Führerschein besessen hat … Übrigens wollte er mit seinem Chef am letzten Wochenende nach Hockenheim zum Rennen.«
    »Da warst du doch auch?«
    »Das hat gleich das Eis zwischen seinem Chef und mir gebrochen. Deshalb konnte ich nachher auch ein paar intimere Fragen stellen. Außer zu Hause hat Klaus mit Frauen keinen Kontakt. Sein Chef war mit ihm sogar mal im Puff, aber das muß ziemlich schiefgelaufen sein.«
    »Was sagt das Labor zum Werkzeug?« fragt Walde.
    »Fehlanzeige.«
    »Und die Nadel?«
    »Welche Nadel?« Harry stutzt.
    »Eine zirka 20 Zentimeter lange Stricknadel mit Holzgriff.«
    »In den Mofataschen war keine Nadel. Und in den Kleidern, die er beim Unfall getragen hat, auch nicht. Es sei denn …«, überlegt Harry, »er hat sie im Krankenbett versteckt. Das haben wir nicht gefilzt.«
     
    Am Nachmittag kommt eine der älteren Frauen vom Vortag zu Besuch. Nach dem gewohnten Ritual des Austausche voller gegen leere Flaschen und dem vergeblichen Versuch, mitgebrachte Speisen an den Mann zu bringen, sagt sie: »Die Tanten sind im Garten. Die Kartoffeln müssen raus. Schönen Gruß auch von der Oma!«
    Damit erlischt die Konversation. In Klaus’ Fernseher läuft ein Bericht über ein amerikanisches Autorennen.
    Die Frau wird unruhig. Nervös zupft sie am Bettzeug. Sie steht langsam auf und geht zum Fenster, wobei sie zu Walde schaut, der ein Lächeln versucht: »Sie hätten ihr Strickzeug mitbringen sollen!«
    Die Frau lächelt zurück: »Ja, ich brauche immer was zu tun, das Rumsitzen ist nicht meins.«
    »Ihr Sohn braucht’ die Stricknadel im Moment wohl nötiger?«
    »Welche Stricknadel?«
    »Die zum Kratzen.«
    Sie schaut Walde verständnislos an.
    »Ich dachte, sie hätten sie mitgebracht …«
    »Ach, die meinen sie. Das ist keine Stricknadel. Die braucht der Klaus, um zu prüfen, ob der Teig durch ist. Wenn was

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