Akte X
Kittels und zog ein funkelndes Rasiermesser hervor. Die Klinge war fast zehn Zentimeter lang und der Griff so geformt, dass er sich perfekt in seine Finger schmiegte. Mörderischer Hunger erfaßte ihn, während er die niedrigen Stufen hinauf huschte, die freie Hand zur Faust ballte und zweimal gegen die bunte Holztür klopfte.
Es dauerte nicht lange, bis sich schwere Schritte näherten. Dann schwang die Tür auf, und im Rahmen erschien die riesenhafte Gestalt von Allan Trowbridge. Für einen Moment blickte der Hüne verwirrt drein, doch dann erkannte er Tien - und seine Verwirrung verwandelte sich in nackte Angst.
»Hallo«, wisperte Tien lächelnd.
Mit einer fließenden Bewegung zog er das Rasiermesser aus seinem Ärmel und zielte nach Trowbridges Hals. Der große Mann hob abwehrend die Hand, doch er war nicht schnell genug: Mühelos glitt die scharfe Klinge durch Haut und Fleisch und verwandelte seine Kehle in eine klaffende Wunde.
Leise röchelnd brach Trowbridge zusammen. Tien fing ihn auf und ließ ihn sanft zu Boden gleiten. Er kniete so dicht bei ihm, dass er hören konnte, wie das Blut aus der Kehle des Mannes gurgelte . . . und während er Trowbridge sterben sah, schoß eine unglaubliche Hitze durch seine Lenden. Er stöhnte leise und verdrehte ekstatisch die Augen.
Als eine leise Stimme aus dem Hinterzimmer des Hauses drang, wurde Quo Tien von einer weiteren Welle des Entzückens durchflutet. »Allan . . . Allan? Ist alles in Ordnung?«
Er lehnte sich zurück und wischte sich mit dem Handrücken über die Lippen. Hastig löste er seinen Rucksack von der Schulter und legte ihn neben der Leiche auf den Boden. Dann schob er das Rasiermesser wieder in den Ärmel.
»Alles ist in bester Ordnung«, flüsterte er. »Nur ein alter Freund, der vorbeischaut, um Hallo zu sagen.«
Er richtete sich auf, schlüpfte lautlos über die Türschwelle und stellte sich neben den Durchgang zum Nebenzimmer. Er konnte die Schritte der kleinen Frau bereits hören; mit dem Rücken an die Wand gedrückt musste er nur noch warten, bis das Tapsen ihrer Füße immer näher kam. Als sie nur noch einen Meter von ihm entfernt war, schnellte er wie eine zustoßende Schlange vor.
Rina Trowbridge fuhr entsetzt zurück. Ihr hübsches Gesicht verzerrte sich, als sie das Rasiermesser aus seinem Ärmel gleiten sah. Sie wollte fliehen - doch seine freie Hand schoß vor, packte sie an den Haaren und riß ihren Kopf zurück. Das Rasiermesser zuckte zu ihrer Kehle. Dann spritzte helles Blut durch das Zimmer, und ihr zierlicher Körper sank gegen seine Brust. Er beugte sich näher, bis sein zuckendes Gesicht nur wenige Zentimeter von ihrem Ohr entfernt war.
»Hallo, meine Blume«, hauchte er, während er ihr das Rasiermesser aus der Kehle zog.
Kapitel 18
»Entschuldigung . . . ist jemand zu Hause?« Mulder stand im bogenförmigen Eingang des Steintempels und starrte in einen dunklen Gang mit glatten, abgerundeten Wänden und einem festgestampften Lehmboden. Obwohl es noch immer Nachmittag war, tanzten schon Schatten über seine Schultern, seine nasse Hose und durchweichten Schuhe. Unschlüssig blickte Mulder hinauf zum Gewirr der Äste, die das Kuppeldach des Bauwerks wie lebende Tentakeln überwölbten.
Schließlich trat er einen kleinen Schritt vor und lauschte, während die Dunkelheit des Korridors das Echo seiner Stimme zurückwarf. Zu seiner Überraschung hatte die schwere Holztür des Tempels halb offen gestanden, und er hatte eine volle Minute gewartet, bevor seine Neugier gesiegt und ihn hineingetrieben hatte. Er wusste, dass es blasphemisch war, einfach in eine religiöse Stätte einzudringen, doch er konnte es sich nicht leisten, noch länger zu warten. In einer halben Stunde sollte er Scully vor dem Rathaus treffen, um sich von ihr über ihr Gespräch mit dem Anwalt informieren zu lassen - Mulder blieben also genau dreißig Minuten, um drei Jahrhunderte thailändischer Mythologie zu entschlüsseln.
Er gab sich einen Ruck und ging weiter durch den dunklen Korridor. Die Luft war klar und kühl, ein schroffer Gegensatz zu der draußen herrschenden Schwüle. Die Wände zu beiden Seiten bestanden aus glattem Stein, der so oft poliert worden war, dass man sich darin spiegeln konnte. In Abständen von je einem Meter waren Holzfackeln an den Wänden befestigt; sie rochen leicht nach Kerosin, brannten aber nicht, und Mulder beobachtete, wie sein Spiegelbild mit jedem Schritt, der ihn vom grauen Licht der Außenwelt entfernte,
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